Kind der Hölle
verbittert, schüttelte aber stumm den Kopf.
Ted schenkte Marge Engstrom wieder ein bezauberndes Lächeln. »Dann sehen wir uns am Samstagabend! Sollen wir irgend etwas mitbringen?«
Etwas mitbringen? wiederholte Janet insgeheim. Das einzige, was Ted jemals auf eine Party mitgebracht hatte, waren die Drinks, die er sich schon vorher genehmigte! Aber was spielte das jetzt noch für eine Rolle? Sobald sie und die Kinder nicht mehr da waren, würde er höchstwahrscheinlich überhaupt nicht mehr an die Party denken, und die Chance, daß er nüchtern bei den Engstroms auftauchen würde, war gleich null. Danach würde ihn natürlich sogar der ihm wohlgesonnene Bürgermeister wie eine heiße Kartoffel fallenlassen …
Doch das alles war jetzt nicht mehr ihr Problem!
Janet hatte ihren Mann so lange gedeckt, daß es ihr nicht schwerfiel, den Schein von Normalität zu wahren, bis Marge sich wenige Minuten später verabschiedete. Doch sobald sie mit ihrem Mann allein war, konnte sie sich nicht länger beherrschen. »Wo bist du gewesen?« fuhr sie ihn an. »Hast du eine Ahnung, wie mir zumute war, als ich aufwachte und feststellen mußte, daß mein Herr Gemahl, der nachts so besoffen war, daß er sich kaum auf den Beinen halten konnte, mit dem Auto verschwunden ist?« Ted öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, aber sie ließ ihn nicht zu Wort kommen. »Nein, davon hast du natürlich keine Ahnung! Aber damit ist jetzt endgültig Schluß, Ted! Unsere Ehe ist ein für allemal vorbei!« Während sie Atem schöpfte, machte sie sich auf einen Wutausbruch gefaßt.
»Es tut mir leid«, sagte Ted leise. »Ich kann mich nur wundern, daß du so lange bei mir geblieben bist.«
Dieses Einverständnis brachte Janet völlig aus dem Konzept. Sie war auf die übliche Szene gefaßt gewesen: ein heftiges Wortgefecht, das sich immer mehr zuspitzte, bis sie – zermürbt von seinem Gebrüll – in Tränen ausbrach. Daraufhin nahm er sie in die Arme und schwor ihr hoch und heilig, von nun an würde alles anders werden.
In den vielen Jahren, seit er trank, hatte er noch nie zugegeben, daß sie ihn längst hätte verlassen sollen, weil es vernünftiger gewesen wäre.
Das Motiv für dieses unerwartete Eingeständnis war ihr allerdings völlig klar. Er wollte, daß sie bei ihm blieb und sich weiterhin um ihn kümmerte. Sie warf ihm einen mißtrauischen Blick zu. »Wie solltest du das auch verstehen können?« murmelte sie müde. »Du bist ja ständig so betrunken, daß du überhaupt nichts mehr begreifst! Dein Gehirn ist so vom Alkohol umnebelt, daß du nicht kapierst, warum du jeden Job verlierst, warum deine Kinder sich vor dir fürchten, und was du mir und ihnen angetan hast!«
Molly begann in ihrem Laufstall zu weinen, und Janet nahm sie rasch auf den Arm. »Schon gut, Kleines«, murmelte sie. »Mommy und Daddy werden sich nicht streiten – nie wieder!« An Ted gewandt, fügte sie hinzu: »Ich verlasse dieses Haus noch heute, sobald ich die wenigen Sachen, die ich mitnehmen will, im Kofferraum verstaut habe.«
Scout, der auf dem Fußboden geschlafen hatte, sprang plötzlich wütend auf, so als hätte er jedes Wort verstanden.
»Keine Angst, alte Junge, dich nehmen wir auch mit«, beruhigte Janet den großen Hund, während sie sich erneut darauf gefaßt machte, daß Ted mit allen Mitteln versuchen würde, sie umzustimmen. Doch er überraschte sie abermals.
»Laß mich dir erzählen, was letzte Nacht passiert ist«, bat er so eindringlich, daß sie unwillkürlich aufhorchte.
Trotzdem blieb sie auf der Hut. »Kannst du dich denn überhaupt an irgend etwas erinnern?«
Ted nickte. »O ja, an jedes Detail. Nachdem du gegangen warst, trank ich weiter, und irgendwann fing ich an, im Haus herumzulaufen. In jedem Raum bot sich mir das gleiche Bild – alles war völlig heruntergekommen!« Er schnitt eine Grimasse und machte eine Geste, die nicht nur die Küche, sondern auch das verwilderte Grundstück umfaßte. »Genauso heruntergekommen wie ich! In wenigen Jahren wird nichts mehr zu retten sein – weder das Haus noch ich! Gestern nacht habe ich es endlich begriffen: Ich zerstöre nicht nur unsere Ehe, nicht nur meine Beziehung zu den Kindern und meine Karriere – falls man den Job im Majestic überhaupt noch als Karriere bezeichnen kann«, fügte er spöttisch, aber ohne das übliche Selbstmitleid hinzu. »Nein, ich bringe auch mich selbst langsam, aber sicher um. Und mir wurde klar, daß ich noch nicht sterben will.«
Janet spürte den
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