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Kind der Prophezeiung

Kind der Prophezeiung

Titel: Kind der Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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als der Vormittag voranschritt, ging er in ein beständiges Tröpfeln über. Der muffige Geruch der Rüben in ihren nassen Säcken wurde stärker. Garion kauerte sich unbehaglich zusammen und zog den Umhang fester um die Schultern. Das Abenteuer war auf einmal viel weniger aufregend.
    Die Straßen wurden matschig und glatt, die Pferde kämpften sich mühsam jeden Hügel hinauf und brauchten oft Rast. Am ersten Tag hatten sie acht Meilen hinter sich gebracht, danach waren sie froh, wenn sie fünf schafften.
    Tante Pol wurde gereizt und ungeduldig. »Das ist doch idiotisch«, sagte sie zu Meister Wolf gegen Mittag des dritten Tages.
    »Alles ist idiotisch, je nachdem, von welchem Standpunkt aus man es betrachtet«, antwortete er philosophisch.
    »Warum ausgerechnet Fuhrleute?«, fragte sie. »Es gibt schnellere Arten zu reisen. Eine wohlhabende Familie mit einer entsprechenden Kutsche, zum Beispiel, oder Kaiserliche Botschafter auf schnellen Pferden – beides hätte uns schon längst nach Darin gebracht.«
    »Und eine so deutliche Spur in der Erinnerung all dieser einfachen Leute hinterlassen, an denen wir vorbeigekommen sind, daß selbst ein Thull ihr folgen könnte«, erklärte Wolf geduldig.
    »Brill hat unsere Abreise längst seinen Auftraggebern mitgeteilt. Jeder Murgo in Sendarien wird jetzt nach uns Ausschau halten.«
    »Warum verstecken wir uns vor den Murgos, Meister Wolf?« fragte Garion, der sie zwar nicht unterbrechen wollte, aber von der Neugier auf das, was hinter ihrer Flucht steckte, getrieben wurde. »Sind sie nicht einfach nur Kaufleute wie die Tolnedraner und Drasnier?«
    »Die Murgos haben kein echtes Interesse am Handel«, erklärte Wolf. »Nadraker sind Kaufleute, aber die Murgos sind Krieger. Die Murgos geben sich aus demselben Grund als Händler aus, aus dem wir uns als Fuhrleute ausgeben – damit sie mehr oder weniger unentdeckt herumreisen können. Wenn du einfach davon ausgehst, daß alle Murgos Spione sind, bist du nicht allzu weit von der Wahrheit entfernt.«
    »Hast du nichts Besseres zu tun, als Fragen zu stellen?«, fragte Tante Pol.
    »Eigentlich nicht«, antwortete Garion und wußte augenblicklich, daß er einen Fehler begangen hatte.
    »Gut«, sagte sie. »Hinten in Baraks Wagen findest du das schmutzige Geschirr von heute morgen. Ein Eimer ist auch da. Nimm den Eimer, lauf zu dem Fluß dort vorn und hol Wasser, dann geh zurück zu Baraks Wagen und wasche das Geschirr ab.«
    »Mit kaltem Wasser?« wandte er ein.
    »Sofort, Garion«, sagte sie bestimmt.
    Grollend kletterte er von dem langsam fahrenden Wagen.
    Am Spätnachmittag des vierten Tages kamen sie über eine Hügelkuppe und sahen unter sich die Stadt Darin und jenseits davon das bleigraue Meer. Garion hielt den Atem an. In seinen Augen sah die Stadt sehr groß aus. Die sie umgebenden Mauern waren dick und hoch, und innerhalb dieser Mauern befanden sich mehr Gebäude, als er in seinem ganzen Leben gesehen hatte. Aber seine Augen wurden vom Meer angezogen. Ein scharfer Geruch hing in der Luft. Schwache Andeutungen dieses Geruchs waren ihm mit dem Wind schon auf der letzten Meile des Weges in die Nase gestiegen, aber jetzt, tief Luft holend, atmete er zum erstenmal den Duft des Meeres ein. Seine Lebensgeister hoben sich.
    »Endlich«, sagte Tante Pol.
    Silk hatte den Leitwagen angehalten und kam zu Fuß zu ihnen zurück. Seine Kapuze war etwas zurückgeschoben, Regen lief über seine lange Nase und tropfte von ihrer Spitze herab. »Bleiben wir hier, oder fahren wir hinunter in die Stadt?« fragte er.
    »Wir fahren in die Stadt«, sagte Tante Pol. »Ich werde nicht unter einem Wagen schlafen, wenn Gasthäuser so nah bei der Hand sind.«
    »Ehrliche Fuhrleute würden ein Gasthaus wählen«, stimmte Meister Wolf zu, »und eine warme Schankstube.«
    »Das hätte ich mir denken können«, meinte Tante Pol.
    »Wir müssen eben versuchen, unsere Rolle zu spielen«, sagte Wolf achselzuckend.
    Sie fuhren den Hügel hinunter, und die Hufe der Pferde glitten und rutschten, als sie sich gegen das Gewicht der Wagen stemmten.
    Am Stadttor kamen zwei Wächter mit schmutzigen Tuniken und rostigen Helmen aus dem kleinen Wachstübchen neben dem Tor.
    »Was ist euer Begehr in Darin?« fragte einer von ihnen Silk.
    »Ich bin Ambar von Kotu«, log Silk vergnügt, »ein armer drasnischer Händler, der hofft, in eurer großartigen Stadt Geschäfte zu machen.«
    »Großartig?« schnaubte einer der Wachleute.
    »Was hast du in deinem Wagen, Händler?«

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