Kind des Glücks
können.«
»Wer sollte unsere primitiven Waren kaufen?«
»Wer sollte bezahlen, um unsere Lieder zu hören?«
»Florida hat reichlich Unterhaltungskünstler, die viel amüsanter sind als wir…«
»Wir werden an den Palästen der haute cuisine gemessen…«
»… und an den tantrischen Künstlern, die sogar aus Lorienne kommen.«
»Und wenn auch!« rief Kim mit einer ganz neuen Energie. »Ich würde lieber mein Glück in den Straßen herausfordern als zu sagen, daß ich es nie versucht habe!«
»Gut gesprochen, Gypsy Joker!« erklärte ich stolz. »Sprich nicht von der einschüchternden haut monde dieses kleinen Feriendorfs zu einer, die ein armes Kind des Glücks war und die ohne die Großzügigkeit eurer Eltern im großen Edoku lebte! Gewiß ist es auf jeder Welt dasselbe. Und doch können wir Kinder des Glücks auf jeder Welt überleben, wenn wir auch nicht unbedingt reich werden. Denn der wahre Kunde unseres Gewerbes ist nie der abgestumpfte Connaisseur, sondern die Erinnerung an das eigene Wanderjahr im Herzen jedes Menschen. Keine Angst, meine Gypsy Joker, das ist eine Großzügigkeit, die der wahre Geist sich immer bewahrt.«
Ich deutete über die Flanke unseres kleinen Berges zu den winzigen blauen, weißen und rosafarbenen Gebäuden der Stadt hinunter, zu den winzigen Gestalten am Strand, zu den hellen Segeln der Boote, die über die Bucht glitten.
»Unter uns liegt Florida, eine Stadt, die ganz den Ferien und dem Vergnügen vorbehalten ist«, erklärte ich. »Ich schwöre euch bei meiner Ehre als Gypsy Joker, meine Kinder, daß kein wahres Kind des Glücks hoffen kann, ein leichteres Feld zum Verdienen von Ruegelt zu finden als einen solchen Ferienort am Meer!«
Und so war der volle Kreis meines Wanderjahrs geschlossen, denn mit Tränen in den Augen, doch ohne das wahre Lied in meinem Herzen zu überhören, sah ich mich verpflichtet, die Flötenspielerin zu werden, die Wendi Shasta Leonardo, die diese Worte festhält, aber certainement nicht die Wendy, deren Geist ich in der Geschichte von Peter Pan so süßlich fand.
Statt diese verlorenen Kinder in die elterliche Geborgenheit zurückzuscheuchen, in die Alltagswelt der Maja und der pflichtbewußten Arbeit, versuchte der Geist dieser Wendi, ihre Füße auf die Zauberstraße zu setzen, die nie endet – in einer letzten Ehrerbietung an den goldenen Sommer meines eigenen Lebens, den mir einst der wahrste aller Freunde und der edelste aller Liebhaber geschenkt hatte.
30
Florida war nicht das große Edoku, die Gören in unserem Lager waren alles andere als Gypsy Joker, und certainement besaß ich nicht ein Zehntel der Kunde im Überleben auf der Zauberstraße, die Pater Pan besessen hatte.
Dennoch, während es vielleicht an Geschick, Erfahrung und Kunstfertigkeit ernsthaft mangelte, war der Geist jetzt da, und wie ich auf Edoku gelernt hatte, war es die zärtliche Erinnerung an diesen Geist der Tage als Kind des Glücks, die die Großzügigkeit erweckte – und nicht etwa kultivierte, kritische Bewunderung für die unbeholfen hergestellten Waren.
So wuchsen unter meiner Leitung und meinem Ansporn Unterhaltungszelte, in denen tantrische Figuren und Privatvorstellungen dargeboten wurden, linkische Musikaufführungen und sogar einige kurze und tolpatschige Theatervorstellungen. Mehrere Handwerkerbuden wurden errichtet, wo naive Skulpturen, Holz- und Drahtschmuck und, was am meisten einbrachte, diverse Taschen an Riemen, Gürteln oder gar Stirnbändern angeboten wurden; letztere waren bald in einem Ferienort, in dem Nacktheit oder minimale Kleidung so verbreitet waren, ein Renner.
Wir bereiteten verschiedene Leckereien im Lager zu: gebackene Törtchen, gedünstetes Gemüse, Brätlinge, und der letzte Schrei waren alle Arten von Gemüse- lo-mein, das in schmackhafte Teigröhren gestopft wurde, so daß man es beim Spazierengehen ohne Messer oder Stäbchen essen konnte. Die werdenden Musiker und Jongleure tollten im Camp herum und verstärkten den Eindruck einer Kirmes, wenn sie auch nicht gerade artistische Meisterleistungen vollbrachten.
Und wie ich es von Pater Pan gelernt hatte, wurden die Straßenhändler und Künstler hinunter in die Stadt geschickt, um Schmuck, Imbisse, Getränke und Taschen zu verkaufen und auf den Straßen und Stränden aufzutreten, um Ruegelt zu verdienen und Kunden ins Lager zu locken.
Besonders die Strände waren ein lukrativer Ort, denn während es in den Straßen der Stadt reichlich Tavernen und
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