Kind des Glücks
Sternen folgten?« sagte Pater Pan, und während die Stimme seine war, waren die Worte, die er mir zurückgab, wenn ich mich recht erinnerte, meine eigenen. »Wo immer es in den Menschenwelten Bloomenkinder des Geistes gibt, dort wirst du verlorene Kinder des Glücks finden, die auf ihren eigenen Flötenspieler warten.«
»Und du warst meiner, ehe wir uns überhaupt trafen!« schrie ich. »Du hast meinen Geist vor der Zerstörung im Bloomenveldt gerettet, in einer Traumzeit genau wie dieser!«
»Und wer wird jetzt meiner sein wenn nicht die, die jetzt unsere Geschichte erzählt?«
»Ich? Yo?«
»Wer ist die Flötenspielerin der Zauberstraße?« sagte Pater Pan; er sprach jetzt so deutlich in meiner oft wiederholten Sprache, daß ich in seinen Augen fast mich selbst sehen konnte, wie ich mich selbst verspottete.
»Merde«, seufzte ich in diesem Augenblick eines schwindelerregenden Satori. »Jeder, der die Geschichte erzählt!«
»Wirst du diese Fackel nicht aus der Hand legen, Geschichtenerzählerin?« sagte Pater Pan. »Denn wer sonst ist hier, um sie aus den schwachen Händen dieses liebenden Geistes aufzunehmen, der nur blieb, um sie weiterzugeben? Auf Wiedersehen, mi vida, alles Gute und Lebewohl.«
Ich spürte einen Geist vergehen, eine letzte Woge von Pater Pans Bewußtsein, die vom Lader Auf durch seine Sprachzentren und Davon in die Leere katapultiert wurde. Ich brauchte nicht mehr den Körper zu fragen, der jetzt blind zur See starrte, um mit absoluter Sicherheit zu wissen, daß diese Verkörperung nie wieder sprechen würde.
Denn mit dem Scheiden dieses Geistes endete auch die Traumzeit, und ich taumelte ins alltägliche Reich zurück und wußte nicht mehr, mit wem oder was mein Geist sich in ihr vereint hatte, doch ich wußte sehr genau, was ich zu tun hatte.
Ich wandte mich an die große Versammlung von zerlumpten und berauschten Gören, die inzwischen den Pavillon an allen Seiten umgaben – und was für ein erbärmliches Publikum sie waren, um das Scheiden eines solchen Geistes zu erleben!
»Ihr habt es gehört, nicht wahr?« rief ich. »Von den Lippen des Mannes, an dessen sterbenden Worten ihr so ergeben und verständnislos hängt! Und um euch den rechten Geist zu schenken, kam die Fackel des Geistes zu mir herab. Und wenn die Zeit gekommen ist, werde ich nicht erlauben, daß ihr sie im Dreck verlöschen laßt!«
Trotz meiner wortreichen Beschimpfung hätte ich genausogut zu meinen verlorenen Kindern des Waldes sprechen können, denn sie sahen mich an wie die Göttin aller verlorenen Kinder, wollten nur aus ihrem selbstgeschaffenen Abenteuer gerettet werden und warteten darauf, daß ich ihnen erzählte, was sie hören wollten. Selbst Kim schien kein Wort verstanden zu haben.
»Wer von euch kann ein Lied singen?« fragte ich. »Wer von euch kann eine Flöte spielen oder eine Saite anschlagen? Wer kann Holz schnitzen oder Draht zu Schmuck biegen? Wer weiß, wie man Essen kocht oder jongliert oder so etwas wie Akrobatik vorführt?«
Sie starrten mich verständnislos an, als spräche ich jetzt auch in Parabeln.
»Merde!« rief ich. »Ist denn keiner unter euch, der eine einzige Geschichte kennt? Mensch, ist denn nicht einmal einer unter euch, der damit prahlen könnte, in den tantrischen Künsten erfahren zu sein?«
»Ah, mi maestra, ich wußte, daß du früher oder später auf mein natürliches Talent zu sprechen kommen würdest!« erklärte Kim, während sich ein befreiendes Gelächter ausbreitete. »Laß mich der erste sein, der sich an das Unternehmen wagt, dem zu dienen du mir befiehlst!«
Nachdem diese kleine Frivolität die Atmosphäre entspannt hatte, erhoben sich auch andere Stimmen.
»Ich kann Flöte spielen, aber nicht sehr gut…«
»Als Kind hab ich aus Ton Tiere gemacht…«
»Ich glaube, ich weiß, wie man Törtchen aus Fleisch oder Früchten backt…«
»Ich kenne eine Geschichte mit dem Titel Der wandernde Holländer, die ich immer in der Schule erzählt habe…«
»Alle diese Dinge und mehr sollt ihr nun als wahre Kinder des Glücks tun«, erklärte ich ihnen. »Ich bin nicht gerade eine maestra der Kochkunst und keine Musikerin, und ich beherrsche kein Handwerk gut, und wenn ich für Ruegelt singen müßte, würde ich verhungern. Aber ich habe viele Geschichten, die ich gern beisteuern will, und ich bin auch nicht gerade unerfahren in den tantrischen Künsten. Nun laßt uns lernen, damit wir wieder Gypsy Joker werden und unser Ruegelt verdienen, wo wir
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