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Kind des Glücks

Kind des Glücks

Titel: Kind des Glücks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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Nischen gefunden hatten, indem sie sich zu kleinen Stämmen zusammenschlossen, die das gemeinsame Ziel verfolgten, im Getriebe der Stadt Ruegelt lockerzumachen.
    Während diese selbstherrlichen Gören die Eßblöcke nur zu sich nahmen, wenn sie eine Pechsträhne hatten, konnte sie das Ruegelt in ihren Taschen doch nicht von der Notwendigkeit freikaufen, ihre Blasen und Gedärme zu entleeren, und so mußten auch sie regelmäßig die Anstalten aufsuchen, wenn sie sich auch meist nicht herabließen, sich unter uns zu mischen.
    Doch wir sahen sie häufig genug, und meist waren sie von Neulingen wie uns gut zu unterscheiden. Einmal sah man sie nie in einen Eßblock beißen; selbst wenn es notwendig wurde, so hörte ich, suchten sie geduldig eine Anstalt, die gerade leer war, nahmen soviele mit, wie sie tragen konnten, und aßen sie heimlich in ihren versteckten Unterkünften. Nun war diese Geschichte angesichts ihres großartigen Gehabes in unserer armseligen Gegenwart kaum zu glauben. Außerdem waren sie im allgemeinen älter als wir und trugen entweder billige Versionen der extravaganten Edoku-Mode oder Anstaltskleidung, auf die sie protzige Stammesabzeichen gemalt hatten, und sie führten ihr notwendiges Geschäft in unserer Gegenwart mit großer Geschwindigkeit und Gleichgültigkeit gegenüber sozialen Gepflogenheiten aus, so daß wir zur Überzeugung kamen, daß sie die Ausscheidung völlig aufgegeben hätten, wenn sie nur gekonnt hätten, um ihre Würde in unseren Augen zu wahren.
    Die wirkliche Elite Edokus hatte allerdings würde nicht in ihrem Verhaltensrepertoire. Es gab vier Stämme, die in den Parks und Straßen der Nachbarschaft für Ruegelt arbeiteten, und es war leicht, ihre Methoden zu beobachten, wenn auch jeder Versuch der Nachahmung von einem nicht förmlich in die Gilde Aufgenommenen, wie uns indirekt zu verstehen gegeben wurde, mit einer Tracht Prügel bedacht werden würde.
    Der größte dieser Stämme waren die Sparkies, etwa fünfzehn oder zwanzig Leute stark. Sie trieben sich in den geschäftigen Straßen und besonders den Parks herum und verkauften kleine Leckereien. Die Edojin konnten natürlich in Hunderten von Restaurants viel besseres Essen kaufen, doch die Sparkies versorgten ihre augenblicklichen Bedürfnisse, und außerdem fanden viele Edojin es drôle, gelegentlich die Dienste dieser Burschen in Anspruch zu nehmen. Ganz ähnlich verließen sich die Tinker auf die altmodische Aura, die dem Handwerk der Kinder des Glücks in den Augen der Edojin anhing, denn die Qualität und der Entwurf ihrer primitiven Schmuckstücke und Gemälde und des ganzen Krimskrams, den sie verhökerten, war kaum so beschaffen, daß sie auf der Grundlage ihres Wertes allein viel hätten verkaufen können.
    Die Buccaneers, die nicht mehr als ein Dutzend zählten, beschäftigten sich mit gewissen Eigenarten der mehrdeutigen edokischen Rechtsphilosophie, die ich bis auf den heutigen Tag nicht richtig nachvollziehen kann. Gewisse Handelsgüter – vor allem Psychochemikalien mit unangenehmen oder sogar gefährlichen Nebenwirkungen – waren verboten und wurden nicht gegen Chip-Guthaben verkauft, doch Edoku kümmerte sich nicht darum, was für Ruegelt außerhalb der elektronischen Börse den Besitzer wechselte.
    Sogar die Haltung des Gesetzes gegenüber dem kleinsten der Stämme, den Wayfaring Strangers, die nichts anderes als Taschendiebe und Gauner waren, war für einen Ausländer schwer zu ergründen. Jeder Schurke, der bei einem einfachen Diebstahl erwischt wurde, wurde auf der Stelle von einer improvisierten Polizeitruppe seines gesamten Besitzes beraubt, einschließlich der Kleider am Leib, doch man ergriff keine weiteren Strafmaßnahmen. Andererseits wurde jeder, der bei einem Diebstahl auf irgendeine Weise Gewalt anwendete, physiologisch unschädlicher, doch vorübergehend sehr schmerzhafter Folter unterworfen.
    Es war nur zu offensichtlich, daß die einzige echte Chance, der Armut zu entkommen, darin bestand, Zugang zu einem dieser Stämme zu finden, doch ich hatte keine große Lust dazu, denn der Gedanke, meine Zeit mit Kochen oder Verkaufen zu verbringen, gefiel mir überhaupt nicht. Ich hatte keine Erfahrung mit der Herstellung von Flitterkram und war zu stolz – von moralischen Skrupeln ganz zu schweigen –, mich zu Diebstählen herabzulassen.
    Deshalb waren mir die endlosen Pläne und Theorien, wie man Aufnahme in einen Stamm finden konnte, und die angeregten Diskussionen über die jeweiligen Vorzüge

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