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Kind des Glücks

Kind des Glücks

Titel: Kind des Glücks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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ihnen zu stoßen.
    Rand zuckte die Achseln. »Quién sabe? Gewiß nicht in der Nähe, denn ich habe noch nie mit jemand gesprochen, der von ihrem Versteckt wußte.«
    Jooni lachte. »Denkst du etwa daran, eine Gypsy Joker zu werden, Moussa?« sagte sie belustigt.
    »Ich dachte, ich könnte seine wirkliche Natur ergründen und diesem Pater Pan vielleicht erlauben, mich aufzunehmen, wenn ich es für angemessen halte«, erwiderte ich ebenso spaßhaft. Doch kaum hatte ich die Worte ausgesprochen, da erkannte ich, daß ich vielleicht gar nicht scherzte. Legende oder nicht, dieser Pater Pan, falls er existierte, war ein männliches Wesen, das sicherlich die übliche phallische Ausrüstung besaß und ebenso sicher nicht uninteressiert war an der genießerischen Anwendung derselben. Und während ich wenig Vertrauen auf die Kraft meiner Tricks als ehemalige femme fatale von Nouvelle Orlean hatte und ebensowenig in die noch unerprobte Kraft des tantrischen Verstärkungsrings, den ich am Finger trug – jedenfalls, wenn es darum ging, die verwöhnten Edojin zu bewegen, sich im Austausch für meine Fähigkeiten beim Liebesspiel von Ruegelt zu trennen –, so war ich doch sicherlich im Besitz eines gewissen unsportlichen Vorteils, wenn es darum ging, die Gunst eines egoistischen Stammesgurus zu gewinnen, indem ich ihm gratis meine Gunst gewährte.
    Außerdem, selbst wenn diese logische Kette einer gewissen mathematischen Schlüssigkeit zwischen ursprünglicher Annahme und letztendlichem Schluß entbehrte, so war doch die Tatsache nicht zu übersehen, daß ich keine anderen Ziele hatte und keinen anderen Weg wußte, der Armut zu entkommen. Kurz gesagt: warum nicht? Ich hatte bei diesem Unternehmen nichts zu verlieren außer einigen müßigen Stunden, und davon hatte ich gewiß genug.
    »Komm schon, Rand«, fragte ich. »Du mit deinem gewaltigen Wissen mußt doch zumindest einen Hinweis darauf haben, wo das Gebiet der Gypsy Joker liegt?«
    Doch Rand wußte nichts zu sagen.
    »Warum fragst du nicht einfach einen von denen?« sagte Jooni ironisch, indem sie in die Richtung der beiden Gypsy Joker nickte, die gerade die Toilettenkabinen verlassen hatten und auf dem Weg zum Ausgang an uns vorbeikamen.
    »Wirklich, porqué no?« schoß ich zurück. Ich stand auf, überflutet von einer gewissen Empörung, ermutigt von wiederentdecktem Stolz. Vraiment, ich wußte genau, daß es eine gewaltige lèse majeste für einen Menschen wie mich war, mich den Mitgliedern eines erbärmlichen Stammes wie den Wayfaring Strangers zu nähern, doch wenn alles gesagt und getan war – war ich nicht immer noch Moussa Shasta Leonardo aus Nouvelle Orlean, und waren diese überheblichen Gypsy Joker nicht aufgemotzte Straßengören?
    »Einen Moment bitte«, sagte ich, indem ich ihnen entgegentrat und ihnen den Weg versperrte. Ich hatte mich mit einem herablassenden Blick und hochgezogenen Brauen ausgerüstet.
    »Ich wünsche zu erfahren, wo sich euer Lager befindet…«, fuhr ich in einem viel höflicheren Ton fort, als ihre plumpen Manieren rechtfertigten.
    »Porqué?« ließ sich der mit der Baskemütze herab zu sagen.
    »Um dorthin zu reisen.«
    Darauf reagierten sie mit geringschätzigem Schnauben und dem Versuch, sich an mir vorbeizuschieben. Ich war einen Augenblick versucht, ihr Sonnengeflecht mit dem Fühler zu berühren, um ihnen etwas den Wind aus den Segeln zu nehmen, doch ich hatte den Ring noch nicht benutzt, und außerdem wäre eine solche öffentliche Beschämung dieser Gypsy Joker nicht gerade sehr höflich. Das Gefecht mußte sich auf die verbale Ebene beschränken.
    »Ich entnehme eurer Grobheit, daß euch meine Identität nicht bekannt ist«, verkündete ich hoheitsvoll. Diese Bemerkung hatte zumindest den gewünschten Effekt, sie innehalten zu lassen. »Keine Angst«, fuhr ich fort, »diese unschuldige Unwissenheit wird euch gewiß verziehen werden, wenn ich Pater Pan diesen Vorfall berichte.« Nun wechselten sie immerhin schon unsichere Blicke.
    »Dann kennst du Pater Pan?« sagte der mit der Patchwork-Schärpe.
    »Ganz recht!« erklärte ich ihm. »Ich bin seine Geliebte. Ich habe mich zornig aus seiner Umarmung entfernt, doch nun bin ich bereit, einzulenken und ihm wieder meine Gunst zu schenken.« Da dies genau meine Absicht war, bestand die einzige Lüge in einem gewissen großzügigen Umgang mit den Zeitformen, aber befanden wir uns nicht in Edoku, wo sich der Verlauf der Tage und Stunden durch eben solche relativistische

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