Kinder der Dunkelheit
neu erwachten Körpers stand er, sprühend vor Hass, zwischen den beiden Männern, die ihm dieses Leben geschenkt hatten, und der Sinn stand ihm nur nach Rache.
Vittorio gab den erlösenden Befehl: „Es geht los. Hol dir Don Ricardo und lass ihn bluten für das, was er getan hat!“
Das ließ Mohammed sich kein zweites Mal sagen. Er zog sein wundervolles Schwert, das Raffaele ihm gegeben hatte, aus der Scheide und lief los. Er war so schnell, dass jedes menschliche Auge Mühe gehabt hätte, ihn zu erfassen. Bei seinen Gefährten war es nicht anders.
Schnell hatte er die Mauer erreicht, ohne entdeckt zu werden. Da er wusste, dass er sich auf Raffaele und Vittorio blind verlassen konnte, kletterte er blitzschnell an der Wand hoch und ließ sich ungehört in den Hof fallen. Wie schwarzer Nebel waberte der Zorn durch sein Bewusstsein und engte sein Blickfeld ein, das an den Ecken nun in dunklem Rauch verschwand. Geräuschlos war er hinter den Wachmann getreten und im selben Moment erkannte er, wovon Raffaele gesprochen hatte. Er konnte die Toten riechen, die dieser Mann auf dem Gewissen hatte. Sie riefen nach ihm, sie riefen nach Rache und sie bekamen ihre Rache. Niemals würde er einen Menschen von hinten töten und so tippte er ihm höflich auf die Schulter. Als der Mann sich umdrehte, erkannte er den ehemaligen Herrn dieser Güter sofort. Er wurde kreidebleich und sein eilig gezogenes Schwert zitterte in seinen Händen.
„Al Hassarin, Ihr seid tot!“
„Falsch! Ich lebe, du stirbst!“ Mohammed hatte dem Wac hmann sein Schwert in die Brust gestoßen, ehe dieser überhaupt verstand, wie ihm geschah. Der Schrei blieb ihm im Halse stecken .
Nach nur wenigen Schritten stand Mohammed hinter dem zwe iten Wächter, der gerade aus den Ställen herbeigeschlendert kam. Gerade wollte er auch ihn hinrichten, als er bemerkte, dass er nichts fühlte. Der gute Mann vor ihm war nichts als ein harmloser Diener, der dazu ausersehen war, seinen Herrn zu bewachen. Er dachte an Raffaeles Worte und ließ sein Schwert sinken. Stattdessen schlug er den Mann mit seiner bloßen Hand nieder. Es knackte verdächtig und Mohammed hoffte inständig, dass er seine Kräfte nicht unterschätzt hatte. Doch so leid es ihm auch tat, er hatte keine Zeit, sich damit aufzuhalten. Auf ihn wartete etwas ganz anderes.
Während er auf das Haus zulief, hörte er aus kurzer Entfernung den Schrei eines Raben und wusste, dass seine Gefährten ihren Teil erledigt hatten. Das Schwert in seiner rechten Hand drückte er mit der linken langsam, aber kräftig gegen das große, schwere Eingangstor. Es war verschlossen gewesen, doch das hielt M ohammed nicht auf, denn es bot seiner neu erwachten Kraft keinen nennenswerten Widerstand. Selbst wenn die Halle nicht von mehreren Kerzenleuchtern erhellt worden wäre, so hätte er sich zurechtgefunden. Zum einen, weil er hier jeden Stein kannte, zum anderen, weil seine Augen so scharf sahen, als sei es heller Tag. Er wusste nicht, welchen der Räume der Don für sich auserkoren hatte, doch er ahnte, dass es das herrschaftliche Schlafzimmer seiner Eltern sein würde. Seine Schritte verursachten keinerlei Geräusche auf der geschwungenen Marmortreppe und so stand er wie eine aus dem Nichts entsprungene Erscheinung plötzlich vor Juan, der soeben aus einem der oberen Zimmer trat.
Als der die dunkle Gestalt erblickte, erschrak er zwar, dachte aber, einen der Wächter vor sich zu haben. „Was machst du im Haus, du Idiot? Verschwinde nach draußen und tu deine Arbeit! Los, mach schon, du hast hier nichts zu suchen!“, fauchte er.
„Juan, solch rüde Worte? Freust du dich denn gar nicht, mich wiederzusehen?“
Juan kniff seine kleinen Schweinsäuglein noch mehr zusa mmen, um besser sehen zu können. „Was soll das? Wer bist du?“
„Ach, Juan, du enttäuscht mich. Du hattest genug Verstand, um mich und meine ganze Familie zu verraten und jetzt erkennst du mich nicht einmal mehr?“ Mohammed trat einen Schritt näher und damit in den Lichtkegel eines zweiarmigen Kerzenleuchters.
Juan taumelte einen Schritt nach hinten. „Das ist nicht möglich! Ich sah dich sterben, Mohammed al Hassarin. Das ist Teufelswerk, du bist tot. Du kannst nicht mehr leben!“
Der Entsetzte hatte beim Verlassen seines Zimmers die Tür nicht geschlossen und nun stolperte er, wild mit den Armen rudernd, wieder in den Raum zurück, welcher einst der von Ridha gewesen war.
„Du irrst dich, Juan. Ich bin nicht tot, auch wenn das dein seh
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