Kinder der Dunkelheit
nlichster Wunsch war – du kleine, dreckige, verräterische Ratte! Ich lebe! Und ich lebe jetzt gerade nur noch zu einem Zweck, nämlich zu dem, dich dafür büßen zu lassen, was du unserer Familie angetan hast. Du wertloses Stück Dreck hast uns verkauft, hast dabei zugesehen, wie die Menschen abgeschlachtet wurden, denen du lange Zeit ein gutes Leben zu verdanken hattest. Wirst du jetzt endlich stehen bleiben!“ Wütend griff Mohammed nach dem dünnen Hemd seines ehemaligen Stallknechtes, der inzwischen fast am Ende des Zimmers angekommen war.
Der begriff, als er den festen Griff spürte, dass es kein Geist war, der ihm hier gegenüberstand. Juans Gesichtsfarbe veränderte sich von weiß zu hellgrün und er angelte verzweifelt nach einem kleinen Dolch, den er an seiner rechten Seite trug. Er bekam ihn zu fassen und stieß damit nach seinem ehemaligen Herrn. Ein erstaunter Ausdruck trat in seine Augen, als er sah, dass er diesen nicht nur verfehlt hatte, sondern dass Mohammed sein Armg elenk wie ein Schraubstock umfasste und langsam, aber stetig zudrückte. Schließlich knackte es laut und deutlich.
Juan jaulte auf wie ein geprügelter Hund. „Du hast mir die Hand gebrochen, bist du wahnsinnig?“
„Ja, Juan, ich bin wahnsinnig. Wahnsinnig vor Zorn, wahnsinnig vor Schmerz und wahnsinnig vor Trauer um die, die ich verloren habe – deinetwegen. Willst du wissen, was Schmerz ist, wirklicher Schmerz? Dann pass jetzt gut auf.“
Endlich kam es Juan in den Sinn, dass er schreien könnte, doch in dem Moment, in dem er Luft holte, um genau das zu tun, schloss sich Mohammeds Rechte um seinen Hals.
Zeitgleich schob der Rächer ihn nach hinten an die Zimmerwand, nagelte ihn mit eisernem Griff dort fest, zog seinen eigenen Dolch aus der Lederhülle an seiner Hüfte und setzte diesen an der Stelle direkt über Juans Brustbein auf. Juan begann zu ahnen, was geschehen würde, und wand sich wie eine Schlange, doch er hatte den Kräften seines Gegenübers nichts entgegenzusetzen. Mohammed zog den Dolch langsam und gleichmäßig von Juans Hals hinunter zu seinem Bauch. Juan hörte den Stoff seines Hemdes unter der scharfen Klinge reißen und er fühlte den brennenden Schmerz des tiefen Schnittes. Tränen traten in seine Augen.
„Tut das weh, Juan? Ja, ich weiß, dass das sogar sehr weh tut. Pass auf, das hier schmerzt auch ganz besonders.“ Er stieß den Dolch zwischen Juans Rippen und drehte ihn langsam und g enüsslich herum.
„Spürst du das? Das habe ich auch gespürt, war nicht schön.“
Inzwischen lief Blut über Juans bebenden Körper und tropfte auf den Fußboden. Die Luft zum Atmen wurde langsam knapp und der Mann begann zu röcheln.
„Fühlt sich das gut an, Juan? Macht es dir Freude, das zu sp üren? Nein? Seltsam, ich hatte den Eindruck gewonnen, dass du der Folter nicht abgeneigt bist. Aber du hast Glück, ich bin selbst jetzt noch kein solches Monster wie du es bist oder vielmehr warst. Los Juan, sieh mir in die Augen. Du kannst darin die Hölle sehen, in die ich dich jetzt schicken werde. Dorthin, wo du mich haben wolltest. Leb wohl und grüße mir den Engel des Todes, du feiger Wurm.“ Nur wenige Augenblicke später lag Juan tot in seinem Blut.
Mohammed wandte sich um und schenkte dem Toten keinen Blick mehr. Er hatte jetzt etwas viel Wichtigeres zu tun. Mit fast schon bedächtigem Schritt näherte er sich dem Raum, in dem früher seine Eltern schliefen. Jetzt konnte er ihn riechen, er konnte die Angst des Mörders riechen. Leise drückte er die schwere Klinke nach unten und öffnete die Tür.
Der Don stand am offenen Fenster, ohne ihn wahrzunehmen, aber er hatte wohl bemerkt, dass auf dem Gelände etwas nicht stimmte, es war zu still. Keiner seiner Männer war zu sehen. Wofür bezahlte er denn diese faule Bande? Er fuhr herum und hatte den Mund bereits geöffnet, um nach Juan zu rufen, als er die große Gestalt im Türrahmen sah.
„Wer schleicht hier herum? Wer bist du? Geh zurück auf deinen Posten und schicke mir Juan, diesen Nichtsnutz!“
„Juan ist gerade verhindert, Don Ricardo. Der Einzige, der hier noch ist, bin ich. Ihr müsst schon mit mir vorliebnehmen, wenn Ihr plaudern wollt.“ Mohammed trat näher und lächelte den Don scheinbar aufmunternd an. „Don Ricardo, was ist los mit Euch? Bei unserem letzten Aufeinandertreffen wart Ihr in Plauderlaune. Dass Ihr dabei immer wieder erwähnt habt, dass Ihr meinen Tod wollt, habe ich wohl missverstanden, so hoffe ich doch?“ M ohammed
Weitere Kostenlose Bücher