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Kinder der Dunkelheit

Kinder der Dunkelheit

Titel: Kinder der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Ketterl
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ja schon erzählt, was wir sind. Er hat dich ein wenig in unsere Geschichte eingeweiht, aber hast du auch wirklich begriffen? Weißt du beispielsweise, wer ich wirklich bin?“
    Mohammed schüttelte den Kopf und Vittorios Lächeln vertiefte sich. „Wie stehst du zu Legenden und Schauergeschichten? Was sagen dir die Raben Kastiliens?“
    Vittorio beobachtete die Reaktion seines Gegenübers sehr genau, Mohammed zuckte nur ein klein wenig zusammen, als er den Namen hörte. „Die Untoten Spaniens, die Kreaturen der Nacht. Sie haben übermenschliche Kräfte, sie ...“ Mohammed stockte kurz der Atem.
    Vittorio lächelte jetzt sehr nachsichtig. „Ich bevorzuge den Ausdruck ,Geschöpfe‘ anstatt Kreaturen, das klingt freundlicher und entspricht uns auch besser. Oder würdest du dich gern als Kreatur bezeichnet wissen?“
    Mohammed wusste, wann es besser war zu schweigen, und das tat er jetzt. Er konnte es kaum fassen, stand er offenbar tatsächlich dem legendären Anführer der „Raben Kastiliens“ gegenüber! Einst war er immer überzeugt gewesen, das seien Märchen, um Kinder und Frauen zu erschrecken. Allerdings durften wohl gerade Frauen beim Anblick Vittorios alles andere empfinden als Erschrecken.
    Dieser sprach, unbeeindruckt von Mohammeds Erstaunen, we iter. „Es ist an der Zeit, zu lernen, junger Freund. Streck deine Arme aus, die Handflächen nach oben. Na komm, mach schon, wir haben noch viel vor uns.“
    Raffaele war etwas zur Seite gegangen und zeigte auf einen Felsen. „Nimm diesen hoch, bitte.“
    „Findet ihr beide das komisch? Ich bin doch kein Übermensch!“ Mohammed war etwas unsicher, doch jetzt schienen die zwei ihren Spaß mit ihm haben zu wollen.
    „Versuch es bitte, uns zuliebe.“
    Mohammed fragte sich zwar, ob er gerade dabei war, den Verstand zu verlieren oder sich total zum Narren machte, aber er trat schließlich doch zu dem Steinbrocken, legte die Hände an dessen scharfe Kanten und .... hob ihn an. Er hob ihn nicht nur ein paar Millimeter, nein, er hob ihn an, als würde er einen Sack Mehl anheben – keinen allzu großen, wohlgemerkt. Mühelos hielt einen Felsen auf den Armen. Die amüsierten Gesichter seiner beiden Lehrherren bewiesen ihm, dass sein Blick jetzt gerade nicht der klügste sein konnte. Welch Wunder angesichts der Tatsache, dass er gerade einen Felsen von der Größe einer Reisetruhe hochhob!
    „Na, was sagst du jetzt?“ Raffaele grinste.
    „Das ist unfassbar! Ich habe die Kraft eines Stieres! Ich kann es kaum glauben.“
    „Glaub es lieber, freu dich darüber und probiere alles aus, was du möchtest. Wonach steht dir der Sinn?“
    Er dachte kurz nach. „Ich liebte es früher, am Ufer entlangzulaufen. Ich mochte den Wind auf meinem Körper und das Gefühl von Freiheit.“
    Vittorio hob nur einladend die Hand. „Lass deinen Gefühlen und Wünschen freien Lauf, lern dich neu kennen, na los!“
    Mohammed wandte sein Gesicht dem Meer zu, warf noch einen Blick auf die beiden Männer, die ihm aufmunternd zunickten, und begann dann, über den kühlen Sand zu laufen – zuerst etwas zögerlich, doch dann immer schneller. Er flog regelrecht auf das Meer zu. Als er am Wasser ankam, wendete er und lief am Ufer entlang weiter in Richtung der etwas weiter entfernten Klippen. Irgendwann riss er sich das Hemd vom Leib und rannte mit nacktem Oberkörper durch die Nacht, nur noch mit der schwarzen Wildlederhose bekleidet, die Raffaele ihm gegeben hatte.
    Als er die Klippen erreichte, begann er, behände an ihnen hochzuklettern. Mit sicherem Griff und ebenso sicherem Tritt erklomm er die steile Felswand. In ungefähr zwanzig Metern Höhe erreichte er einen Felsvorsprung, der ein Stück ins Meer hinausragte. Langsam trat Mohammed an den Rand des Felsens und blickte hinunter. Das Meer donnerte mit seiner ganzen gnadenlosen Wildheit gegen die Klippen und doch verspürte er beim Blick nach unten weder Angst noch Sorge. Der Wind blies über seine nackte Haut und er genoss die Kühle der Nacht. Raffaele hatte recht behalten – die vom Mondlicht durchtränkte Nacht war traumhaft schön. Als er wieder auf die Wasseroberfläche blickte, wusste er instinktiv, dass ihm nichts geschehen würde. Er hob die Arme über den Kopf, warf seine langen Haare zurück, federte sich kurz auf den Zehenspitzen ab und sprang dann furchtlos kopfüber in die Tiefe.
    „Donnerwetter! Schade, wir hätten einige der Damen Granadas zu diesem Schauspiel einladen sollen. Sie hätten jede ein Vermögen für

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