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Kinder der Retorte

Kinder der Retorte

Titel: Kinder der Retorte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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reagiere. Laß mir die Bibel hier. Ich bin froh, daß du sie mir gebracht hast. Manchmal bin ich grob zu dir, mein Junge, aber ich meine es nicht so.« Krug lachte nervös. »Es muß nicht immer leicht sein, Krugs Sohn zu sein. Der Sohn Gottes. Sei vorsichtig. Du weißt, was sie mit dem letzten getan haben.«
    Lächelnd sagte Manuel: »Ich habe bereits an ihn gedacht.«
    »Ja, gut. Und jetzt geh! Wir bleiben in Verbindung.«
    Manuel wandte sich zur Tür.
    Krug sagte: »Grüße Clarissa von mir. Sieh, du mußt ihr gegenüber ein wenig fairer sein. Wenn du mit Alphafrauen schlafen willst, schlafe mit ihnen. Aber denk daran, daß du eine Frau hast. Denk daran, daß dein alter Herr Enkelkinder sehen will.«
    »Ich vernachlässige Clarissa nicht«, sagte Manuel. »Ich werde ihr deine Grüße ausrichten.«
    Er ging. Krug drückte den kühlen Würfel an seine glühenden Wangen. Im Anfang war Krug, und er sprach, es seien Retorten und da waren Retorten. Und Krug betrachtete die Retorten und fand sie gut. Ich sollte es vorausgesehen haben, dachte er. Ein entsetzliches Hämmern drohte ihm den Schädel zu sprengen.
    Er rief Leon Spaulding an. »Sagen Sie Thor, ich wünsche, daß er sofort hierher kommt«, sagte Krug.
34
    Als sich der Turm der Höhe von 1200 Meter näherte, sah sich Thor Watchman dem schwierigsten Teil des Unternehmens gegenüber. In dieser Höhe konnte nur noch eine minimale Toleranz bei der Verlegung der Blöcke zugelassen werden, und die molekulare Bindung mußte perfekt sein. Es durfte keinen schwachen Punkt geben, wenn der obere Teil des Turms mit seiner Elastizität dem Wüten arktischer Stürme standhalten sollte. Watchman verbrachte jetzt jeden Tag stundenlang an den Computer angeschlossen und empfing die Kontrolldaten direkt von den Fugenabtastern, die das Verlegen der Blöcke überwachten. Und, wenn immer er auch nur die geringste Abweichung entdeckte, befahl er, den ungenau verlegten Block herauszureißen und zu ersetzen. Mehrere Male am Tag fuhr er selbst hinauf zur Spitze des Turms, um kritische Phasen der Arbeit zu überwachen. Die Schönheit des Turms beruhte darauf, daß er trotz seiner gewaltigen Höhe kein inneres Gerüst hatte. Doch die Einrichtung eines solchen Bauwerks erforderte die völlige Beherrschung aller Details. Es war lästig, mitten in seiner Schicht von der Arbeit abberufen zu werden. Doch er konnte sich einer Aufforderung Krugs, sofort zu ihm zu kommen, nicht widersetzen.
    Als er nach einem Transmatsprung Krugs Büro betrat, sagte Krug: »Thor, wie lange bin ich schon dein Gott?«
    Watchman erstarrte. Stumm kämpfte er darum, sein Gleichgewicht wiederzuerlangen. Als er den Würfel auf Krugs Schreibtisch sah, begriff er, was geschehen sein mußte. Lilith – Manuel – ja, das war es. Krug erschien so ruhig. Es war unmöglich für den Alpha, seinen Gesichtsausdruck zu enträtseln.
    Vorsichtig sagte Watchman: »Welchen anderen Schöpfer sollten wir angebetet haben?«
    »Warum überhaupt jemand anbeten?«
    »Wenn man in tiefer Not ist, Sir, wünscht man sich an jemand zu wenden, der mächtiger ist als man selbst, um ihn um Trost und Hilfe zu bitten.«
    »Ist es das, wofür ein Gott da ist?« fragte Krug. »Um Vorteile von ihm zu erlangen?«
    »Um sein Mitleid zu erlangen, ja, vielleicht.«
    »Und ihr glaubt, ich kann euch geben, was ihr verlangt?«
    »Darum beten wir«, erwiderte Watchman.
    Unsicher und gespannt betrachtete er Krug. Dieser spielte mit dem Datenwürfel. Er schaltete ihn ein, suchte aufs Geratewohl, las einige Zeilen hier, einige dort, nickte, lächelte kopfschüttelnd, schaltete ihn schließlich wieder ab. Der Android hatte sich seiner noch nie so unsicher gefühlt. Nicht einmal, als Lilith ihn verführte. Er wußte, das Schicksal seiner ganzen Gattung hing vielleicht von dem Ausgang dieses Gesprächs ab.
    Krug sagte: »Weißt du, ich finde es sehr schwer, das alles zu begreifen. Diese Bibel, eure Kapellen, eure ganze Religion. Ich frage mich, ob es jemals einen anderen Menschen gab, der entdecken mußte, daß Millionen von Leuten ihn für einen Gott halten.«
    »Vielleicht nicht.«
    »Und ich frage mich, wie tief eure Gefühle sind, wie stark der Einfluß dieser Religion, Thor. Du sprichst mit mir wie zu einem Menschen – zu deinem Arbeitgeber, nicht wie zu deinem Gott. Du hast mir nie den geringsten Hinweis gegeben, was du mir gegenüber empfindest, ausgenommen eine Art Achtung, vielleicht zuweilen ein wenig Furcht. Und während dieser ganzen Zeit warst du deinem

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