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Kinder der Stürme

Kinder der Stürme

Titel: Kinder der Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
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entfaltet hättest …“
    Val lachte noch immer. „Mein Risiko“, rief er zurück. „Ich habe sie eben kräftig genug … genügende Spannkraft … besser als Rabe.“
    „Rabe war ein Narr“, rief sie. „Und er ist schon lange tot … was bedeutet er dir?“
    „Dein Bruder sang dieses Lied auch“, schrie Val. Dann drehte er, tauchte unter ihr hinweg und beendete so das Gespräch.
    Maris sah keinen Sinn darin, ihm länger Vorwürfe zu machen. Sie flog einen Halbkreis und sah sich nach S’Rella um, die mehrere hundert Meter hinter und unter ihnen folgte. Maris ließ sich zu ihr hinabgleiten, um ihr zu sagen, sie möge sich entspannen, ihr Herzklopfen vergessen und ihre angespannten Muskeln lockern, damit sie das richtige Gefühl für den Wind bekäme.
    S’Rella war kreidebleich. Sie flog äußerst schlecht.
    „Was ist passiert?“ rief sie, als Maris auftauchte. „Ich hätte vor Angst sterben können.“
    „Es war ein Kunststück“, rief Maris ihr zu. „Ein Flieger namens Rabe hat es erfunden. Val hat eine eigene Version ausgeheckt.“
    S’Rella flog nun einige Augenblicke, ohne etwas zu sagen. Während sie über Maris’ Worte nachdachte, kehrte ein wenig Farbe in ihr Gesicht zurück. „Ich dachte, jemand hätte ihn gestoßen“, rief sie. „Ein Kunststück – es war wunderbar.“
    „Es war Wahnsinn“, rief Maris zurück. Sie war entsetzt, daß S’Rella annehmen konnte, einer der Studenten habe Val umbringen yvollen. Er hat sie schon beeinflußt, dachte sie ärgerlich.
    Wie Maris vorausgesagt hatte, gestaltete sich der restliche Flug sehr einfach. Maris und S’Rella flogen dicht beieinander. Val segelte hoch voraus. Er schien die Gesellschaft der Regenvögel vorzuziehen. Während des ganzen Nachmittags behielten sie ihn nur mit Mühe im Gesichtskreis.
    Die Winde waren äußerst kooperativ und bliesen stetig in Richtung auf Skulny, so daß sie sich nicht anzustrengen brauchten, sondern entspannt gleiten konnten. Gelegentlich war der Flug etwas langweilig, aber Maris bedauerte das nicht. Sie überflogen die Küste von Groß Shotan. Überall dort unten in den kleinen Hafenstädten brachten Fischereiflotten ihren Fang ein, der immer so groß war, wie es das sturmlose Wetter zuließ. Und sie sahen Sturmstadt aus der Luft Und die große Bucht in ihrer Mitte. Überall an den Ufern drehten sich Windmühlen, vierzig oder fünfzig. S’Rella versuchte sie zu zählen, aber sie waren schon über sie hinweg, noch ehe sie bei der Hälfte anlangte. Kurz vor Sonnenuntergang sahen sie eine Szylla auf offener See, zwischen Klein Shotan und Skulny. Ihr langer Hals ragte aus dem blaugrünen Wasser, und ihre mächtigen Flossenreihen wühlten dicht unter der Wasseroberfläche wie Schaufelräder. S’Rella schien hocherfreut über diesen Anblick, denn ihr ganzes Leben hätte sie von den Szyllas gehört, aber jetzt sah sie zum ersten Mal eine.
    Kurz vor Einbruch der Nacht erreichten sie Skulny. Während sie zur Landung ansetzten, sahen sie unten am Strand Gestalten, die Laternen auf Pfähle steckten, um späte Flieger zu leiten.
    Die kleine Fischerhütte in der Nähe war hell erleuchtet und voller Leben. Die Parties beginnen jedes Jahr früher, dachte Maris.
    Maris wollte S’Rella durch ihre Landung ein Vorbild geben. Aber als sie auf Händen und Knien hockte und den Sand aus ihrem Haar schüttelte, hörte sie S’Rella in der Nähe aufkommen. Sie bemerkte, daß das Mädchen viel zu sehr mit ihrer eigenen Landung beschäftigt war, um zu erkennen, ob die Landung ihrer Lehrerin hnkisch oder geschickt gewesen war.
    Sofort waren sie von Freudeschreien und Willkommensgrüßen umgeben. Hilfsbereite Hände streckten sich nach ihnen aus. „Darf ich dir helfen, Fliegerin? Darf ich dir bitte helfen?“
    Maris ergriff eine starke Hand und blickte in das Gesicht eines eifrigen kleinen Jungen mit windzerzaustem Haar. Es strahlte vor Freude. Er genoß die Ehre, den Fliegern nahe zu sein und war stolz darauf, daß die Wettkämpfe auf seiner Heimatinsel stattfanden.
    Er half Maris, die Flügel abzunehmen, und ein anderer Junge half S’Rella. Plötzlich ertönte wieder das Geräusch von Wind-auf-Flügeln und noch einem dumpfen Aufprall. Maris sah, daß Val hereingekommen war. In der Dämmerung hatten sie ihn aus den Augen verloren und angenommen, er wäre längst gelandet.
    Mühsam richtete er sich auf. Die großen Silberflügel schwangen auf seinem Rücken hin und her. Zwei junge Mädchen gingen auf ihn zu. „Dürfen wir dir

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