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Kinder Des Nebels

Kinder Des Nebels

Titel: Kinder Des Nebels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
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Teil der Operation.«
    Theron betrachtete Vin eingehend und hatte nun offenbar ihre blutige Lippe bemerkt. Sie sah weg. Therons Blick ruhte allerdings weiterhin auf ihr und glitt an ihrem Körper herab. Sie trug ein einfaches weißes geknöpftes Hemd und eine grobe Arbeitshose. Mit ihrem dürren Körper und dem jungenhaften Gesicht war sie alles andere als verführerisch; vermutlich wirkte sie nicht einmal so alt, wie sie war, nämlich sechzehn Jahre. Doch manche Männer bevorzugten solche Frauen.
    Sie überlegte, ob sie bei ihm ein wenig von ihrem »Glück« einsetzen sollte, doch dann wandte er sich endlich von ihr ab. »Der Obligator ist bald hier«, sagte Theron. »Seid ihr so weit?«
    Camon rollte mit den Augen und wuchtete seine Masse in den Sessel hinter dem Schreibtisch. »Es ist alles bestens. Lass uns jetzt allein! Geh zurück auf dein Zimmer und warte.«
    Theron runzelte die Stirn, drehte sich um und schritt aus dem Raum, während er etwas in sich hineinmurmelte.
    Vin betrachtete die Ausstattung, die Diener, nahm die Atmosphäre in sich auf. Schließlich ging sie auf Camons Schreibtisch zu. Der Anführer blätterte gerade einen Stapel Papier durch und schien sich zu überlegen, welche Schriftstücke er auf den Schreibtisch legen sollte.
    »Camon«, sagte Vin leise, »die Diener sind zu fein.«
    Camon runzelte die Stirn und hob den Blick. »Was brabbelst du da?«
    »Die Diener«, wiederholte Vin; sie sprach noch immer im Flüsterton. »Graf Jedue ist doch angeblich verzweifelt. Er mag zwar aus früheren Zeiten noch wertvolle persönliche Kleidung besitzen, aber er wird sich wohl kaum mehr so edel ausgestattete Diener leisten können. Er würde Skaa dafür nehmen.«
    Camon sah sie finster an, aber er sagte nichts darauf. In körperlicher Hinsicht gab es kaum einen Unterschied zwischen einem Skaa und einem Adligen. Die Diener aber, die Camon eingestellt hatte, waren wie unbedeutendere Adlige gekleidet - es war ihnen erlaubt worden, farbenprächtige Westen zu tragen, und sie standen ein wenig zu selbstsicher da.
    »Der Obligator soll doch glauben, dass du fast verarmt bist«, betonte Vin. »Pack den Raum lieber mit einer Menge Skaa voll.«
    »Was weißt du denn schon?«, erwiderte Camon und warf ihr einen finsteren Blick zu.
    »Genug.« Sogleich bedauerte sie dieses Wort; es klang zu aufmüpfig. Camon hob eine juwelenbesetzte Hand, und Vin rüstete sich für einen weiteren Schlag. Sie konnte es sich nicht leisten, noch mehr von ihrem »Glück« einzusetzen. Es war ihr sowieso kaum mehr etwas davon verblieben.
    Doch Camon schlug sie nicht. Stattdessen seufzte er und legte ihr eine schwammige Hand auf die Schulter. »Warum musst du mich immer wieder reizen, Vin? Du weißt doch, welche Schulden dein Bruder hinterlassen hat, als er weggelaufen ist. Begreifst du denn nicht, dass ein weniger barmherziger Kaufmann als ich dich schon vor langer Zeit an die Hurenmeister verkauft hätte? Wie würde es dir denn gefallen, im Bett irgendeines Adligen zu dienen, bis er deiner müde wird und dich hinrichten lässt?«
    Vin schaute hinunter auf ihre Schuhspitzen.
    Camons Griff wurde fester; seine Finger zwickten ihre Haut dort, wo Schulter und Hals zusammentrafen. Unwillkürlich keuchte sie auf. Er grinste über ihre Reaktion.
    »Ehrlich, ich weiß nicht, warum ich dich noch behalte, Vin«, sagte er und verstärkte den Druck noch weiter. »Ich hätte mich deiner schon vor Monaten entledigen sollen, als dein Bruder mich hintergangen hat. Ich vermute, ich habe einfach ein zu gutes Herz.«
    Endlich ließ er sie los und bedeutete ihr, sie solle sich neben der großen Zimmerpflanze an die Wand stellen. Sie tat, wie er ihr befohlen hatte, und brachte sich in eine Position, von der aus sie den ganzen Raum überblicken konnte. Sobald Camon wegsah, rieb sie sich die Schulter.
Bloß ein weiterer Schmerz. Damit kann ich umgehen.
    Camon saß kurze Zeit schweigend da, dann winkte er die beiden »Diener« an seine Seite, wie sie es erwartet hatte.
    »Ihr beiden!«, sagte er. »Ihr seid zu gut gekleidet. Geht und zieht euch etwas an, in dem ihr wie Skaa-Diener ausseht - und bringt noch sechs weitere Männer mit.«
    Bald war das Zimmer so voll, wie Vin es vorgeschlagen hatte. Kurze Zeit später traf der Obligator ein.
    Vin sah zu, wie der Mann den Raum betrat. Er war kahl geschoren wie alle Obligatoren und trug eine dunkelgraue Robe. Die Amtstätowierungen um seine Augen wiesen ihn als Prälan aus, einen hochrangigen Beamten in der

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