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Kinder Des Nebels

Kinder Des Nebels

Titel: Kinder Des Nebels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
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geschwärzt. Sogar die Stadtmauer, auf der er nun stand, besaß einen Überzug aus Ruß. Für gewöhnlich waren alle Bauwerke an der Spitze, wo sich die Asche sammelte, am schwärzesten, doch Regenwasser und Tau hatten die Flecken auf dem Gesims und über die Mauern verteilt. Wie Farbe, die an einer Leinwand herablief, schien die Finsternis in ungleichmäßigen Schlieren über die Hauswände zu kriechen.
    Die Straßen waren natürlich vollkommen schwarz. Kelsier stand abwartend da und betrachtete die Stadt, während eine Gruppe von Skaa-Arbeitern auf der Straße unter ihm die jüngsten Aschehaufen beseitigte. Sie würden sie zum Kanarel bringen, der mitten durch die Stadt floss, und die Asche von ihm forttragen lassen, damit sie nicht irgendwann noch die gesamte Stadt unter sich begrub. Manchmal fragte sich Kelsier, warum das ganze Reich nicht längst ein großer Aschehaufen war. Er vermutete, dass die Asche irgendwann in den Erdboden eindringen würde. Schon jetzt erforderte es eine beinahe lächerlich große Anstrengung, die Städte und Felder so weit von der Asche zu befreien, dass sie nutzbar waren.
    Zum Glück gab es für diese Arbeit immer genügend Skaa. Die Arbeiter unter ihm trugen einfache Umhänge und Hosen, die aschefleckig und abgetragen waren. Wie die Plantagenarbeiter, die er vor mehreren Wochen verlassen hatte, mühten sie sich mit niedergedrückten, mutlosen Bewegungen ab. Andere Gruppen von Skaa kamen an den Arbeitern vorbei; sie wurden von den Glocken in der Ferne gerufen, welche die Stunde schlugen und zur Arbeit in den Schmieden oder Mühlen riefen. Luthadels wichtigstes Exportgut war Metall. Die Stadt beherbergte Hunderte von Schmieden und Eisenhütten, doch die Strömung des Flusses machte sie auch zu einem hervorragenden Ort für Mühlen, die sowohl Getreide mahlten als auch Textilien herstellten.
    Die Skaa arbeiteten weiter. Kelsier wandte sich von ihnen ab und blickte in die Ferne, zum Stadtzentrum, in dem sich der Palast des Obersten Herrschers wie ein massiges Insekt mit vielen Wirbelsäulen erhob: Krediksheim, der Berg der Tausend Türme. Der Palast war so groß wie mehrere Adelsfestungen zusammengenommen und bei weitem das gewaltigste Gebäude in der Stadt.
    Während Kelsier dastand und über die Stadt nachsann, ging ein weiterer Ascheregen nieder. Sanft fielen die Flocken auf Straßen und Gebäude.
Eine Menge Ascheregen in der letzten Zeit,
dachte er und war froh über einen Grund, sich die Kapuze seines Mantels über den Kopf ziehen zu können.
Offenbar sind die Ascheberge wieder aktiv.
    Es war unwahrscheinlich, dass jemand in Luthadel ihn erkennen würde; seit seiner Gefangennahme waren drei Jahre vergangen. Dennoch verschaffte ihm die Kapuze ein beruhigendes Gefühl. Wenn alles gutging, würde eine Zeit kommen, in der Kelsier gern gesehen und freudig erkannt wurde. Doch bis dahin war Anonymität vermutlich besser.
    Schließlich kam eine Gestalt die Mauer entlang. Der Mann - er hieß Docksohn - war kleiner als Kelsier und hatte ein quadratisches Gesicht, das gut zu seiner leicht untersetzten Figur passte. Die Kapuze eines unauffälligen braunen Mantels bedeckte seine schwarzen Haare, und er trug denselben kurzen Bart wie damals vor zwanzig Jahren, als seine Gesichtsbehaarung erstmals gesprossen war.
    Wie Kelsier, so hatte auch er die Kleidung eines Adligen angelegt: eine farbige Weste, einen dunklen Mantel und eine dunkle Hose sowie einen dünnen Mantel gegen die Asche. Es waren keine Sachen, die Reichtum andeuteten, aber sie waren aristokratisch und wiesen auf die Mittelschicht von Luthadel hin. Die meisten Menschen von adliger Abstammung waren nicht reich genug, um als Mitglied eines Großen Hauses gelten zu können, doch im Letzten Reich war nicht Geld das bestimmende Merkmal des Adels. Wichtiger waren Abstammung und Geschichte. Der Oberste Herrscher war unsterblich und erinnerte sich offenbar genau an die Männer, die ihn während der frühen Jahre seiner Herrschaft unterstützt hatten. Die Abkömmlinge dieser Männer wurden unweigerlich bevorzugt, wie arm sie inzwischen auch geworden sein mochten.
    Die Kleidung würde die Patrouillen davon abhalten, zu viele Fragen zu stellen. Im Fall von Docksohn und Kelsier war sie natürlich eine Lüge. Keiner von beiden war adlig, auch wenn Kelsier tatsächlich ein Halbblut war. Doch dies war beinahe schlimmer, als nur ein gewöhnlicher Skaa zu sein.
    Docksohn blieb neben Kelsier stehen und lehnte sich gegen die Zinnen, wobei er sich mit

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