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Kinder Des Nebels

Kinder Des Nebels

Titel: Kinder Des Nebels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
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zurück. Begriff es denn niemand? Kein Zuchtmeister eilte herbei, um die Versammlung aufzulösen. Keine Soldaten kamen, um die Morgenzählung vorzunehmen. Irgendetwas stimmte ganz und gar nicht. Ganz außer sich, hastete er auf das Herrenhaus zu.
    Als er dort ankam, hatten auch andere bereits die gewundene Rauchsäule bemerkt, die im Morgenlicht nur sehr undeutlich zu sehen war. Mennis war nicht der Erste, der den Rand des kleinen Plateaus auf dem Hügel erreichte, doch bei seinem Eintreffen machte die Gruppe Platz für ihn.
    Das Herrenhaus war verschwunden. Nur eine geschwärzte, schwelende Narbe war von ihm geblieben.
    »Beim Obersten Herrscher!«, flüsterte Mennis. »Was ist denn hier passiert?«
    »Er hat sie alle umgebracht.«
    Mennis drehte sich um. Jessis Tochter hatte diese Worte gesprochen. Sie blickte auf das untergegangene Haus, und ihre jugendliche Miene drückte große Zufriedenheit aus.
    »Sie waren schon tot, als er mich von hier weggebracht hat«, sagte sie. »Alle miteinander: die Soldaten, die Zuchtmeister, die Adligen ... alle tot. Sogar Graf Tresting und seine Obligatoren. Der Meister hatte mich allein gelassen, weil er nachsehen wollte, was das für ein Lärm war. Auf dem Weg nach draußen habe ich ihn in seinem eigenen Blut liegen sehen, mit Stichwunden in der Brust. Der Mann, der mich gerettet hat, hat eine brennende Fackel in das Haus geworfen.«
    »Hatte dieser Mann Narben an Händen und Armen, die bis über die Ellbogen reichten?«, fragte Mennis.
    Das Mädchen nickte stumm.
    »Was für ein Dämon war denn das?«, murmelte einer der Skaa unbehaglich.
    »Ein Nebelgeist«, flüsterte ein anderer, der offensichtlich vergessen hatte, dass Kelsier auch bei Tageslicht gesehen worden war.
    Aber er ist ja tatsächlich in den Nebel hinausgegangen,
dachte Mennis.
Und wie hat er das hier zustande bringen können? Graf Tresting besaß über zwei Dutzend Soldaten! Hatte Kelsier vielleicht irgendwo eine Rebellenbande versteckt?
    Kelsiers Worte aus der vergangenen Nacht klangen ihm in den Ohren.
Es bricht eine neue Zeit an ...
    »Aber was ist mit uns?«, fragte Tepper entsetzt. »Was passiert mit uns, wenn der Oberste Herrscher davon erfährt? Er wird glauben, dass wir das getan haben. Er wird uns in die Gruben schicken, oder er sendet uns einen Koloss, damit er uns an Ort und Stelle tötet! Warum hat dieser Kerl das getan?
    Weiß er denn nicht, welchen Schaden er damit angerichtet hat?«
    »Doch, das weiß er«, sagte Mennis. »Er hat uns gewarnt, Tepper. Er ist hergekommen, um Schwierigkeiten zu machen.«
    »Aber warum?«
    »Weil er wusste, dass wir niemals aus eigenem Antrieb eine Rebellion anzetteln würden. Jetzt lässt er uns keine andere Wahl mehr.«
    Tepper erbleichte.
    Oberster Herrscher,
dachte Mennis,
das kann ich nicht. Ich kann doch morgens kaum noch aufstehen - und schon gar nicht dieses Volk retten.
    Doch was blieb ihm anderes übrig?
    Mennis drehte sich um. »Hol die Leute zusammen, Tepper. Wir müssen fliehen, bevor die Kunde von dieser Katastrophe den Obersten Herrscher erreicht.«
    »Wohin sollen wir denn gehen?«
    »Zu den Höhlen im Osten«, schlug Mennis vor. »Die Reisenden sagen, dass sich rebellische Skaa dort versteckt halten. Vielleicht nehmen sie uns auf.«
    Tepper wurde noch blasser. »Aber ... wir müssten tagelang reisen. Und die Nächte
im Nebel
verbringen.«
    »Entweder tun wir das«, sagte Mennis, »oder wir bleiben hier und sterben.«
    Tepper stand eine Weile starr da, und Mennis glaubte schon, der Schock habe ihn überwältigt. Doch dann eilte der jüngere Mann davon und rief wie befohlen die anderen zusammen.
    Mennis seufzte und schaute auf die schwankende Rauchsäule, während er Kelsier stumm verfluchte.
    Eine neue Zeit, in der Tat.

ERSTER TEIL
    Der Überlebende von Hathsin

Ich betrachte mich als einen Mann mit Prinzipien. Aber welcher Mann behauptet das nicht von sich? Selbst der Mörder sieht, wie ich bemerkt habe, seine Taten in gewisser Hinsicht als »moralisch« an.
    Vielleicht würde jemand, der über mein Leben liest, mich als einen religiösen Tyrannen bezeichnen. Er könnte mich überheblich nennen. Wieso sollte die Meinung dieses Menschen weniger gelten als meine eigene?
    Ich vermute, es läuft alles auf diese eine Tatsache hinaus: Am Ende bin ich derjenige, der die Armeen hat.

Kapitel 1
    A sche fiel vom Himmel.
    Vin sah zu, wie die flaumigen Flocken durch die Luft trieben. Gemächlich. Sorglos. Frei. Die Rußwolken senkten sich wie schwarze

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