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Kinder Des Nebels

Kinder Des Nebels

Titel: Kinder Des Nebels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
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dem Obersten Herrscher, aber die Adligen mieten sie von ihm und dürfen so viele töten, wie sie wollen. Jeder Graf muss nur dafür sorgen, dass die Ernte rechtzeitig eingebracht wird.«
    »Du redest darüber mit großem inneren Abstand«, sagte Vin.
    Docksohn zuckte die Schultern. »Es ist eine Weile her, seit ich dort gelebt habe, Vin. Ich hatte keine allzu erschütternden Erlebnisse. Es war einfach unser Leben; wir haben es nicht besser gekannt. Inzwischen weiß ich, dass mein Herr im Vergleich zu den anderen Grafen eher milde war.«
    »Warum bist du weggegangen?«
    Es dauerte eine Weile, bis Docksohn antwortete. »Es war etwas vorgefallen«, sagte er schließlich mit beinahe wehmütiger Stimme. »Du weißt, dass das Gesetz den Grafen erlaubt, sich jede Skaa-Frau zu nehmen, die sie haben wollen?«
    Vin nickte. »Sie muss aber getötet werden, sobald man mit ihr fertig ist.«
    »Oder kurz danach«, sagte Docksohn. »So schnell, dass sie keine Halbblut-Kinder zur Welt bringen kann.«
    »Hat der Graf die Frau, die du geliebt hast, zu sich genommen?«
    Docksohn nickte. »Ich rede nicht gern darüber. Nicht weil ich es nicht kann, sondern weil ich glaube, dass es sinnlos ist. Ich bin nicht der einzige Skaa, der seine Geliebte an die Leidenschaft oder Gleichgültigkeit eines Grafen verloren hat. Im Gegenteil, ich glaube, es wäre schwierig, einen Skaa zu finden, der
nicht
jemanden, den er geliebt hat, an jemanden aus dem Adel verloren hat. So ist das nun einmal.«
    »Wer war sie?«, fragte Vin.
    »Ein Mädchen von der Plantage. Wie ich schon gesagt habe, ist meine Geschichte nicht gerade einmalig. Ich erinnere mich daran, wie ich nachts zwischen den Hütten herumgeschlichen bin, um bei ihr zu sein. Die ganze Gemeinschaft hat mitgespielt und uns vor den Zuchtmeistern versteckt, denn ich durfte nach Einbruch der Dunkelheit nicht mehr draußen sein. Für sie habe ich zum ersten Mal den Nebeln getrotzt, und während viele mich für verrückt hielten, weil ich nachts hinausging, haben andere ihren Aberglauben überwunden und mich dazu ermuntert.
    Ich glaube, diese Romanze hat ihnen Mut gemacht. Kareien und ich haben alle daran erinnert, dass es etwas gibt, wofür zu leben es sich lohnt.
    Als Kareien von Graf Devinshae genommen wurde - ihr Leichnam kehrte am nächsten Morgen für das Begräbnis zurück -, ist etwas in den Hütten der Skaa gestorben. Am folgenden Abend bin ich weggegangen. Ich wusste nicht, ob es irgendwo ein besseres Leben für mich geben würde, aber ich konnte einfach nicht bleiben - nicht in der Nähe von Kareiens Familie, nicht unter dem wachsamen Blick des Grafen Devinshae ...«
    Docksohn seufzte und schüttelte den Kopf. Nun sah Vin, wie er doch Gefühle zeigte. »Weißt du«, fuhr er fort, »manchmal verblüfft es mich, dass wir den Versuch wagen. Nach allem, was sie uns angetan haben - nach all den Morden, den Folterungen, den Schmerzen -, sollte man doch glauben, dass uns so etwas wie Liebe oder Hoffnung inzwischen ausgetrieben wurde. Aber das ist nicht der Fall. Die Skaa verlieben sich immer noch. Sie versuchen immer noch, Familien zu gründen, und sie kämpfen immer noch. Ich meine, wir sind hier und führen Kells verrückten kleinen Krieg. Wir widersetzen uns einem Gott, von dem wir wissen, dass er uns alle umbringen wird.«
    Vin saß schweigend da und versuchte das Grauen dessen zu begreifen, was er soeben beschrieben hatte. »Ich ... ich dachte, du hättest gesagt, dein Herr sei milde gewesen.«
    »Oh, das war er auch«, antwortete Docksohn. »Graf Devinshae hat seine Skaa sehr selten zu Tode geprügelt, und er hat die Alten nur dann umgebracht, wenn die Bevölkerung unkontrolliert gewachsen war. Bei den anderen Adligen hat er einen untadeligen Ruf. Vermutlich hast du ihn schon auf einem der Bälle gesehen. Er ist während des Winters zwischen den Pflanzzeiten in Luthadel gewesen.«
    Vin spürte, wie ihr kalt wurde. »Docksohn, das ist ja schrecklich! Wie können sie ein solches Ungeheuer unter sich dulden?«
    Docksohn zog die Stirn kraus, beugte sich leicht vor und stützte sich mit den Armen auf der Tischplatte ab. »Vin, sie sind
alle
so.«
    »Ich weiß, dass einige Skaa das behaupten, Dox«, sagte Vin. »Aber die Leute auf den Bällen sind anders. Ich habe mit ihnen gesprochen und getanzt. Dox, viele davon sind gute Menschen. Ich glaube, sie begreifen nicht, wie schlimm das Leben für die Skaa ist.«
    Docksohn bedachte sie mit einer seltsamen Miene. »Höre ich das wirklich aus deinem Munde,

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