Kinder Des Nebels
sagte der Soldat. »Lekal ist unser Feind.«
Elant nickte. »Ja, aber irgendwer muss den Anfang machen. Also los!«
Der Mann salutierte und machte sich an die Arbeit. »Da ist noch etwas, Hauptmann«, sagte Elant. Der Soldat blieb stehen.
»Wähle fünf deiner besten Männer als meine Leibgarde aus. Du hast das Kommando, aber diese fünf und ich haben eine andere Mission.«
»Herr?«, fragte der Hauptmann verwirrt. »Was für eine Mission?«
Elant wandte sich wieder dem Nebel zu. »Wir werden uns stellen.«
*
Vin erwachte in Feuchtigkeit. Sie hustete, ächzte und spürte einen stechenden Schmerz am Hinterkopf. Benommen schlug sie die Augen auf, blinzelte das Wasser weg, das man über sie gekippt hatte, und verbrannte sofort Weißblech und Zinn, damit sie vollständig wach wurde.
Zwei grobe Hände richteten sie auf. Sie hustete erneut, als der Inquisitor ihr etwas in den Mund schob.
»Schlucken«, befahl er und verdrehte ihr den Arm.
Vin schrie auf und versuchte erfolglos, dem Schmerz zu trotzen. Schließlich gab sie nach und schluckte das Metallstück.
»Jetzt verbrenne es«, forderte der Inquisitor und verdrehte ihr den Arm noch mehr.
Trotzdem gehorchte Vin ihm nicht. Sie spürte die unvertraute Metallreserve in ihrem Innern. Es war möglich, dass der Inquisitor sie dazu bringen wollte, ein nutzloses Metall zu verbrennen, damit sie daran erkrankte oder - schlimmer noch - starb.
Aber es gibt einfachere Wege, einen Gefangenen zu töten,
dachte sie schmerzerfüllt. Ihr Arm tat so weh, dass es den Anschein hatte, als würde er gleich abgerissen werden. Schließlich fügte sich Vin und verbrannte das Metall.
Sofort verschwanden all ihre anderen Metallreserven.
»Gut«, sagte der Inquisitor und warf sie auf den Boden. Die Steine waren feucht; auf dem Boden hatten sich Pfützen von dem Wasser gebildet, das man über ihr ausgegossen hatte. Der Inquisitor drehte sich um, verließ die Zelle und verriegelte die Gittertür; dann verschwand er durch einen Eingang auf der anderen Seite des Raumes.
Vin kämpfte sich auf die Knie, rieb sich den Arm und versuchte zu begreifen, was soeben geschehen war.
Meine Metalle!
Verzweifelt suchte sie in sich, fand aber nichts mehr. Sie spürte keine Metalle, nicht einmal dasjenige, das sie vorhin hatte schlucken müssen.
Was war das?
Ein Zwölftes Metall etwa? Vielleicht war die Allomantie doch nicht so begrenzt, wie Kelsier und die anderen ihr immer versichert hatten.
Sie holte mehrfach tief Luft und beruhigte sich. Irgendetwas ... drückte gegen sie. Es war die Gegenwart des Obersten Herrschers. Vin konnte sie spüren, auch wenn sie nicht so machtvoll war wie in dem Augenblick, als er Kelsier getötet hatte. Aber sie hatte kein Kupfer mehr und vermochte sich daher nicht mehr vor der fast allmächtigen Hand des Obersten Herrschers zu verstecken. Sie fühlte die Bedrückung und hätte sich am liebsten hingelegt und aufgegeben ...
Nein!,
dachte sie.
Ich muss von hier fliehen. Ich muss stark bleiben!
Sie zwang sich, aufzustehen und ihre Umgebung zu untersuchen. Ihr Gefängnis war eher ein Käfig als eine Zelle. An drei Seiten verliefen Gitterstäbe, und es gab keinerlei Möbel hier - nicht einmal eine Matratze. In dem Raum befanden sich zwei weitere Käfigzellen, eine rechts und eine links von ihr.
Man hatte Vin entkleidet und ihr nur die Unterwäsche gelassen. Vermutlich hatte man sich vergewissern wollen, dass sie keinerlei verborgene Metalle bei sich führte. Sie warf einen Blick durch den Raum. Er war lang und schmal und besaß feste, nackte Steinwände. In einer Ecke stand ein Schemel, doch ansonsten war der Raum leer.
Wenn ich nur ein Stückchen Metall finden könnte ...
Sie begann mit der Suche. Instinktiv versuchte sie, Eisen zu verbrennen und erwartete das Erscheinen der blauen Linien - aber natürlich hatte sie kein Eisen mehr, das sie verbrennen konnte. Sie schüttelte den Kopf über diesen dummen Versuch, doch es war nur ein Zeichen dafür, wie sehr sie sich inzwischen auf ihre allomantischen Kräfte verließ. Sie fühlte sich ... blind. Sie konnte kein Zinn verbrennen, um auf Stimmen zu lauschen. Sie konnte kein Weißblech verbrennen, um sich gegen die Schmerzen zu stählen, die von ihrem verletzten Arm und dem Kopf ausgingen. Sie konnte keine Bronze verbrennen und mit ihrer Hilfe nach Allomanten in der Nähe suchen.
Nichts. Sie hatte gar nichts.
Früher bist du ohne Allomantie ausgekommen,
sagte sie streng zu sich selbst.
Und das kannst du auch jetzt
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