Kinder des Sturms
verbunden, aber trotzdem hätte sein Ansinnen ganz anders gewirkt. Er hatte die ganze Sache von vornherein verbockt, ihm war bereits mit der Ankündigung, dass er flöge, ein grundlegender Fehler unterlaufen.
Jetzt musste er allein fliegen oder eine Ausrede erfinden.
Er hasste es, Ausreden zu erfinden.
Der Donner klang wie höhnisches Gelächter, und angepeitscht
vom Heulen des Sturmes vollführte der Regen an dem kleinen Fenster einen geradezu irrsinnigen Tanz.
Das Problem war, er hatte keine Ahnung, wie man dieses Spielchen spielte. In der Liebe gab es viel mehr Hindernisse, viel mehr falsche Wege, als er angenommen hatte. Bisher hatte er stets gewusst, wie man erfolgreich spielte, welches der konstruktivste Weg zur Lösung jedweden Problems war. Bisher hatte er noch jede vor ihm aufragende Mauer erfolgreich überwunden, durchbrochen oder untergraben.
Und auch jetzt fände er ganz sicher den richtigen Weg.
Er musste das Problem ein wenig gären lassen, musste einfach warten, bis ihm die Lösung von allein einfiel. Das ginge am besten, wenn er sich auf etwas anderes konzentrierte und die ganze Sache für den Augenblick vergaß.
Er begann mit den Faxen, die während des Tages angekommen waren. Da er den Vertragsentwurf bereits gelesen hatte, legte er ihn in einem Ordner ab. Das Einzige, was bisher völlig klar war, war dieser Vertrag. Für Celtic Records war sie Gold wert. Und das Unternehmen würde sich bestens um sie kümmern. Über diesen Teil ihrer Beziehung brauchte sich also keiner von ihnen Gedanken zu machen.
Er wollte, dass seine Eltern ihre Stimme hörten. Eine Bandaufnahme. Weshalb hatte er nicht bereits vorher an etwas derart Einfaches gedacht? Bevor er nach New York flog, würde er ein paar Lieder mit ihr aufnehmen. Auf diese Weise würde die Frau, die er liebte, seiner Familie zumindest bereits stimmlich vorgestellt.
Sobald er mit der Arbeit fertig wäre, brächte er ihr die Papiere hinunter in den Pub, um sie mit ihr durchzugehen und mögliche Fragen zu beantworten. Sicher hätte sie jede Menge Fragen. Und anschließend würde er sagen, er bräuchte ihre Stimme zu Demo-Zwecken für New York auf Band. Zufrieden mit dem Plan legte Trevor den Ordner auf die Seite und wandte sich den anderen Papieren auf dem Schreibtisch zu.
Er dachte daran, in die Küche zu gehen und sich statt eines Abendessens frischen Kaffee zu kochen. Er wollte nicht allein essen, was ihn ärgerte. Bisher hatte es ihn schließlich nie gestört. Tatsache war, er wollte, statt weiterzuarbeiten, einfach dorthin gehen, wo er andere Menschen, wo er Darcy traf.
Trotz des anschwellenden Sturms klinkte er sich in die E-Mails ein. Er wusste, er sollte den Computer besser abschalten, doch er musste einfach etwas tun, denn sonst führe er tatsächlich schnurstracks hinunter in den Pub.
Es bereitete ihm ein perverses, diebisches Vergnügen, sich vorzustellen, wie Darcy immer wieder Richtung Tür sah und sich fragte, ob, und wenn ja, wann er endlich käme.
Es war ihm egal, wie lächerlich er sich im Augenblick benahm. Schließlich ging es ums Prinzip.
Gewohnheitsmäßig las er zuerst die geschäftlichen Mails, beantwortete, druckte sie aus oder speicherte sie und wandte sich erst dann den persönlichen Mitteilungen zu.
Ein Schreiben seiner Mutter zauberte ein leichtes Lächeln auf sein seit dem Mittag grüblerisches Gesicht.
Du rufst nicht an, du schreibst nicht. Tja, zumindest nicht häufig genug. Ich glaube, ich habe deinen Vaters davon überzeugen können, dass wir unbedingt einen schönen Urlaub — und zwar in Irland — brauchen. Im Grunde musste ich gar nicht lange reden. Er vermisst dich ebenso wie ich, und ich glaube, er möchte sich auch ein bisschen am Bau des Theaters beteiligen. Ich hoffe, die Arbeit geht weiter gut voran — was unter deiner Leitung ganz sicher der Fall ist.
Auch wenn er denkt, dass ich es nicht weiß, hat dein Vater bereits damit begonnen, seine Arbeit und seine Termine zu verlegen, und da ich das Gleiche tue, werden wir, wenn alles gut geht, nächsten Monat kommen. Sobald unsere genauen Pläne feststehen, gebe ich dir Bescheid.
Ich nehme an, dir geht es gut, da du nichts anderes gesagt
hast, und du bist viel beschäftigt, da du das immer bist. Du hast vor deiner Abreise nach Irland viel zu viel gearbeitet, wie um dich für die Sache mit Sylvia zu bestrafen.
Mehr werde ich dazu nicht sagen, denn ich sehe direkt vor mir, wie böse du jetzt guckst. Nein, das war gelogen, eins sage ich doch
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