Kinder des Sturms
ihr gezeigten Zeilen. Plötzlich wurden seine Augen dunkel, er hob langsam den Kopf, bedachte sie mit einem Blick, der alles enthielt, was er für sie empfand, und küsste sie innig auf den Mund.
»A ghra « war alles, was er sagte, als er seine Wange an ihre Haare schmiegte. Meine Liebe.
»Am besten bringst du Jude rüber in die kleine Kammer«, murmelte Darcy. »Sie sollte nicht so lange stehen. Lasst euch ruhig ein wenig Zeit. Ich kümmere mich solange darum, dass der Ausschank weiterläuft.«
»Danke. Ich bringe sie nur rüber und hole ihr eine Tasse Tee.« Strahlend drückte er Darcy das Buch in die Hand. »Pass bloß gut darauf auf.«
Ohne auf die Gäste zu achten, schlug Darcy das Buch auf und las denselben Text wie Aidan.
Aidan, der mir mein Herz gezeigt
und sein eigenes Herz geschenkt hat.
Durch ihn habe ich gelernt,
dass es keinen mächtigeren Zauber als die Liebe gibt.
»Darf ich auch mal schauen?«
Mit tränenfeuchten Augen blickte Darcy auf den an der Theke erschienenen Trevor. Da sie kein Wort herausbrachte,
gab sie ihm das Buch, ehe sie eilig ein paar Gläser unter den Zapfhahn schob.
»Wirklich fantastisch.«
»Natürlich. Schließlich ist es von Jude.«
Wortlos trat er hinter die Bar, legte das Buch vorsichtig in ein Regal und zog sein Taschentuch hervor.
»Danke.« Sie schniefte und betupfte sich die Augen.
»Eine gewisse Rührung steht dir wirklich gut.«
»Aber allzu viel hindert einen am Arbeiten. Außerdem ist jetzt erst Aidan an der Reihe, sentimental zu sein. Ich nehme mir einfach später dafür Zeit.«
Trotzdem steckte sie das Taschentuch vorsichtshalber für den Notfall ein. »Ist es nicht einfach wunderbar?« Sie vollführte einen kleinen Stepptanz und wandte sich strahlend an den nächsten Gast, der mit einer Bestellung an die Bar kam. »Meine Schwägerin ist eine berühmte Autorin, und das hier ist ihr Buch.« Sie nahm es aus dem Regal. »In ein paar Wochen liegt es in sämtlichen Buchläden. Sie sollten es so bald wie möglich kaufen. Was kann ich für Sie tun?«
»Darcy, holst du deine Bestellungen irgendwann auch ab, oder muss ich jetzt neben meiner Arbeit in der Küche auch noch selbst bedienen?« Offensichtlich genervt, brachte Shawn ein voll beladenes Tablett herüber in den Schankraum.
»Schau doch mal, du Erbsenhirn.« Darcy drehte sich zu ihrem Bruder um und hielt ihm das Buch unter die Nase.
»Judes Buch!«« Krachend stellte er sein Tablett auf die Theke und streckte die Hand nach der Trophäe aus.
»Ein Tropfen Fett auf diesem Ding, und du bist ein toter Mann.«
»Keine Angst, ich bin ganz vorsichtig.« Er hielt das Buch, als wäre es aus feinstem Porzellan, und verkündete: »Das muss ich Brenna zeigen«, und dann rannte er wie von der Tarantel gestochen durch die Hintertür nach draußen.
»Die beiden werden das Ding sicher ganz schön zurichten.«
Sie drehte sich wieder um und blickte leicht schockiert auf Trevor, der von ihm selbst gezapfte Biere gegen Bezahlung über den Tresen schob. »Sieh mal einer an.«
»Falls du das Essen an die Tische bringen willst, bevor es völlig kalt ist, mache ich, bis Aidan wieder da ist, gern ein bisschen weiter.«
»Weißt du denn, wie man ein Guinness zapft?«
»Ich habe Aidan bereits oft genug dabei zugesehen.«
»Es gibt auch Leute, die bei Hirnoperationen zugeschaut haben, ohne dass man ihnen deshalb gleich ein Messer reichen sollte.« Trotzdem griff sie nach dem Tablett. »Aber wir sind dir wirklich dankbar für die Hilfe.«
»Kein Problem.« Auf diese Weise bekam er die Gelegenheit, ihr bei der Arbeit zuzusehen. Und zu überlegen.
In den letzten Tagen hatte sie eine wunderbare Spannung zwischen ihnen aufgebaut. Im Bett war sie eine Sirene und ansonsten stets nett und gut gelaunt. Sie war unermüdlich, energiegeladen, kapriziös und faszinierend.
Und gleichzeitig irgendwie herzlos.
Irgendetwas war geschehen seit der Nacht, in der sie beide einander so langsam und zärtlich geliebt hatten. Er hätte nicht sagen können, worin diese Veränderung bestand, nur, dass es sie gab. Er sah sie in dem kalten, berechnenden Blick, mit dem sie ihn seither immer wieder maß.
Aber sie hatte nie bestritten, dass sie berechnend war. Was er akzeptierte und in gewisser Weise sogar bewunderte. Doch die Darcy, die er eben erlebt hatte, war weder berechnend noch kapriziös noch egoistisch.
Sie hatte Tränen der Aufregung, der Freude und der Rührung vergossen wegen einer Leistung, die ihre Schwägerin erbracht und die ihren
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