Kinder des Sturms
finanziellen Grenzen. Obgleich ich nach ein paar Tagen der Beobachtung zu dem Schluss gekommen bin, dass die O’Tooles die Sache auch ohne mich durchziehen könnten, bleibe ich lieber noch ein wenig länger hier, um die Bauarbeiten weiter zu beaufsichtigen. Schließlich geht es auch darum, eine gute Beziehung zur Gemeinde zu bekommen. Die meisten Bewohner des Dorfes und der umliegenden Höfe scheinen für das Theater zu sein, doch die Arbeiten stören natürlich die allgemeine Ruhe, und so denke ich, dass es vernünftig ist, wenn ich für alle sichtbar vor Ort bleibe, um mein persönliches Interesse und Engagement zu verdeutlichen und bereits im Vorfeld der Eröffnung weiter von hier aus für das Theater zu werben.
In meiner Freizeit genieße ich die Schönheit der Umgebung. Hier ist es tatsächlich so herrlich, wie du mir erzählt hast, Dad. Und man erinnert sich voller Zuneigung an dich. Du und Mom solltet euch wirklich mal die Zeit nehmen, um herzukommen und euch alles persönlich anzusehen.
Das Gallagher’s ist noch genauso, wie du es in Erinnerung hattest und wie es mir von Finkle berichtet worden
ist – ein gut geführter, einladender, allgemein beliebter Pub. Ihn mit dem Theater zu verbinden war eine hervorragende Idee, Dad. Ich werde in den nächsten Wochen möglichst viel Zeit in dem Pub verbringen, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie alles läuft und welche Veränderungen oder Verbesserungen zugunsten unseres Theaters vielleicht angeraten wären.
Mom, dir würde vor allem das Cottage gefallen, in dem ich hier wohne. Man könnte es problemlos als Motiv für eine Postkarte verwenden, und – besser noch – dort lebt angeblich ein hauseigener Geist. Du und Tante Maggie wärt sicherlich entzückt. Ich fürchte, bisher hatte ich noch keinen überirdischen Besuch, aber da ich mich nach Kräften bemühe, in die Welt der Einheimischen einzutauchen, frage ich mich, ob ihr beide mir vielleicht noch irgendwelche Informationen über die mit dem Geist verknüpfte Legende liefern könnt. Natürlich geht es um zwei vom Schicksal auseinander gerissene Liebende – ein braves junges Mädchen und einen Feenprinzen, um genau zu sein.
Sobald es zeitlich passt, rufe ich euch an.
Alles Liebe, Trev
Um sicherzugehen, dass er sein Anliegen möglichst beiläufig formuliert hatte, las er das Fax noch einmal durch und schickte es dann an die Privatnummer seiner Eltern ab.
Das nächste Fax ging an seine Assistentin und war wesentlich konkreter.
Angela, ich brauche möglichst umfassende Informationen zu einer in Ardmore kursierenden Legende. Mögliche Stichworte: Carrick, Feenprinz, Gwen Fitzgerald, Faerie Hill Cottage, alte Gemeinde, Waterford – alles sechzehntes Jahrhundert.
Trevor Magee
Nachdem er auch das zweite Fax abgeschickt hatte, sah er auf seine Uhr. Obgleich es bereits kurz nach acht war, war es noch zu früh, seine andere Quelle anzuzapfen. Er würde noch eine Stunde warten, ehe er Jude Gallagher besuchte.
Plötzlich verspürte er das geradezu verzweifelte Verlangen nach einer Tasse Kaffee. Es war stark genug, um dafür alles stehen und liegen zu lassen. Das Einzige, was er in dem kleinen Haus vermisste, war die sich automatisch per Zeitschaltuhr vor dem Aufstehen einschaltende Kaffeemaschine. Ein solches Gerät würde er bei der ersten sich bietenden Gelegenheit irgendwo erstehen.
Trevors Meinung nach gab es kaum etwas Zivilisierteres auf dieser Welt, als vom Duft frisch gebrauten Kaffees geweckt zu werden.
Er wandte sich zum Gehen und hatte kaum den Fuß der Treppe erreicht, als es plötzlich klopfte. In Gedanken bereits in der Küche, sämtliche Nerven auf den ersten belebenden Schluck Kaffee konzentriert, öffnete er die Tür.
Und kam zu dem Schluss, dass es vielleicht doch noch eine Sache gab, die besser war als der Duft frisch gebrühten Kaffees.
Ein gewitzter, weiser Mann würde ein Leben lang auf Kaffee verzichten, wenn eine unendlich attraktive Frau mit leuchtend blauen Augen in einem eng sitzenden, tief ausgeschnittenen Pullover mit einem einladenden Lächeln über die Schwelle seiner Haustür träte. Und Trevor war tatsächlich überaus gewitzt.
»Guten Morgen. Sehen Sie etwa schon beim Aufstehen so fantastisch aus?«
»Da müssen Sie schon mehr tun, als mich zum Frühstück einzuladen, um die Chance zu bekommen, das herauszufinden.«
»Frühstück?«
»Ich glaube, das hatten Sie bei Ihrer Einladung erwähnt.«
»Genau.« Ohne die gewohnte morgendliche Koffeinration arbeitete
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