Kinder des Sturms
ausreden.«
»Ich bin so gut wie fertig.« Erstaunlich, dachte sie, wie schnell sie sich an den ungestümen Rhythmus dieser Familie gewöhnt hatte. »Wie gesagt, ich könnte mir vorstellen, dass es dir gefallen würde, auf der Bühne zu stehen und mit dem Publikum zu spielen. Aber selbst wenn dir die Vorstellung eine Heidenangst machen würde, selbst wenn du bereits den Gedanken daran hassen würdest, würdest du es tun. Weil du nämlich alles für die beiden tätest.«
Obgleich diese Feststellung dem, was sie am Ende des Gesprächs mit Trevor selbst verkündet hatte, gefährlich nahe kam, schnaubte Darcy jetzt betont verächtlich auf. »Ich mache, was mir Spaß macht.«
»Meistens schon«, pflichtete ihr Jude unbekümmert bei. »Aber das hier würdest du für Aidan tun, und Aidan ist der Pub. Und du würdest es für Shawn tun, und Shawn ist die Musik. Zuletzt würdest du es für dich selbst des Vergnügens wegen tun.«
»Aber das Vergnügen spielt durchaus eine Rolle, oder etwa nicht?« Darcy erhob sich und wollte lässig Richtung Herd gehen, als Aidan ihre Hand nahm.
Er zog sie an sich heran, sie blieb stur, er zog erneut, und schließlich setzte sie sich mit einem leisen Seufzer auf den brüderlichen Schoß. »Darcy, Liebling, sag mir, was du willst.«
»Ich denke, ich will eine Chance.«
Er nickte, und ohne dass Darcy es bemerkte, sahen die beiden Brüder einander über den Tisch hinweg an. »Lass uns ein, zwei Tage über die Sache nachdenken. Und dann reden wir noch mal mit diesem Magee und warten, welche Asse er noch aus dem Ärmel zieht.«
9
Das Surren und Knirschen und Krachen unterhalb ihres Fensters trieb Darcy jeden Morgen zeitig aus dem Bett. Immer wenn sie daran dachte, dass es beinahe noch ein Jahr lang so weitergehen sollte, hätte sie am liebsten ihren Kopf unter das Kissen geschoben und sich selbst erstickt.
Da Selbstmord jedoch nicht ihrem Typ entsprach, versuchte sie das Beste aus dem Elend zu machen. Sie konnte die Musik aufdrehen oder einfach liegen bleiben und sich einbilden, sie wäre in einer großen, lärmenden Stadt.
New York, Chicago. Ursache des Lärms wären der dichte Verkehr und die zahllosen Menschen, die unterhalb ihrer wunderbaren luftigen Penthouse-Wohnung über die Bürgersteige eilten.
Meistens funktionierte es. Wenn nicht, stand sie schließlich murrend auf und verbrachte einige Minuten fluchend unter der Dusche.
Oder aber sie trat ans Fenster, sah den Männern eine Weile bei der Arbeit zu. Und hielt Ausschau nach Trevor. Doch ganz sicher würde sie nicht täglich nach ihm sehen – oder sich sehen lassen.
Dann würde sie für ihn allzu berechenbar.
Doch sie sah ihn gerne und sah gerne, was er am frühen Morgen tat. An manchen Tagen stand er mit vom Wind zerzausten Haaren am Rand der tiefen Grube und diskutierte – typisch Mann, die Daumen in den Hosentaschen und mit möglichst kluger, ernster Miene – mit Brenna oder Mick.
An anderen Tagen – und das gefiel ihr besser – schwang er
selbst mit bloßem Oberkörper einen Hammer oder Bohrer, und wenn der Winkel günstig war, konnte sie das Spiel der harten Muskeln sehen.
Es war wirklich seltsam. Nicht, dass sie nicht schon immer gern Männer angesehen hätte, aber sie konnte sich beim besten Willen nicht daran erinnern, dass der Anblick eines ganz bestimmten Mannes, vor allem, wenn er bei harter körperlicher Arbeit schwitzte, derart von Interesse für sie gewesen wäre.
Er war wirklich gut gebaut, dachte sie, als sie an diesem Morgen aus dem Fenster schaute. Das war ein Teil des Reizes, den er auf sie ausübte. Eine Frau, die einen hoch gewachsenen, drahtigen Männerkörper nicht zu schätzen wusste, nun, die hatte Darcys Meinung nach ein ernsthaftes Problem. Auch seine Art, sich zu bewegen, war durchaus attraktiv. Leichtfüßig und selbstbewusst und gleichzeitig bestimmt.
Sie stellte sich vor – weshalb auch nicht? –, dass er auch im Bett selbstbewusst und bestimmend war. Bestimmende Männer waren gründlich, und Gründlichkeit im Bett war sicher nicht verkehrt.
Trotzdem überlegte sie, was passieren müsste, damit er die Beherrschung vielleicht einmal verlor. Denn schließlich waren Leidenschaft und Wildheit nicht unbedingt falsch.
Es beunruhigte sie, dass sie so oft an ihn dachte und dass sie morgens, mittags und auch abends Ausschau nach ihm hielt.
Manchmal kam er in den Pub. Manchmal jedoch auch nicht. Sie war sich völlig sicher, dass die fehlende Regelmäßigkeit seiner Besuche reine
Weitere Kostenlose Bücher