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Kinder des Wassermanns

Titel: Kinder des Wassermanns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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kam sie hart an, sich soviel Süße zu verweigern. Sie werden in immer größerer Zahl erscheinen. Du darfst keine einzige Seele an dich ziehen. Ich bin gekommen, um mich dessen zu vergewissern.«
    Sie zitterte, denn dies war der Mann, der den Vodianoi besiegt hatte.
    Er zog sein Messer, faßte es an der Klinge und streckte es ihr als eine Art Kreuz entgegen. »Um des Mannes willen, der mich getauft hat, will ich dich nicht töten«, klangen seine Worte. »Es mag sein, daß sogar du irgendwie gerettet werden kannst. Aber gewiß ist, daß niemand verdammt werden darf ... durch deine Schuld.
    Du wirst keine Christen mehr verlocken, Nada. Auch keine mutwilligen Streiche mehr spielen, keinen Wind erheben, der die Wäsche einer Frau vom Rasen weht, oder ihr das Kind aus der Wiege stehlen, wenn ihr in der Mittagspause bei der Ernte die Augen zufallen ...«
    »Ich habe sie doch nur für ein Weilchen lieb«, flüsterte sie. »Ich gebe sie immer bald wieder zurück. Ich habe keine Milch für sie.«
    Er beachtete das nicht, sondern fuhr fort: »Du wirst in Hörweite von Menschen nicht mehr singen; es erzeugt Träume, die man besser schlafen läßt. Verschwinde aus unserem Gesichtskreis. Sei für die Kinder Adams – die geborenen und die adoptierten – , als habe es dich nie gegeben.
    Andernfalls werde ich selbst dich jagen. Ich werde einen Wermutzweig bei mir haben, dessen Geruch du nicht ertragen kannst, und dich damit einmal und zweimal schlagen. Tust du zum dritten Mal, was dir verboten ist, komme ich und bringe einen priesterlichen Segen mit und Weihwasser, um dich in die Hölle zu schicken.
    In der Hölle wirst du brennen, du Ding aus Blättern und Nebel und Strömungen. Feuer wird dich ohne Ende verzehren, und niemals wird dich ein Tautropfen, niemals eine Schneeflocke in deiner Qual erreichen. Hast du verstanden?«
    »Ja«, schluchzte sie und entfloh.
    Er blieb im See, bis von ihr nichts mehr zu sehen und zu hören war, bis es wirklich den Anschein hatte, sie habe sich in nichts aufgelöst.
     

4
    Früher im Jahr, zu der Zeit, in der die Skipper es liebten, ihre Schiffe auslaufen zu lassen – noch vor dem Äquinoktium – , verließ ein Schiff Kopenhagen mit dem Ziel Bornholm. Nach einer rauhen Fahrt über die Ostsee legte es in Sandvig am Nordende der Insel an, wo sich Klippen zu der Befestigung erheben, die Hammerhaus genannt wird. Die Mannschaft bekam Landurlaub. Die Fahrgäste mieteten sich Pferde und ritten zu einer bestimmten unbewohnten Bucht.
    Der Himmel war blaß, und ein pfeifender Wind trieb große graue Wellen vor sich her. Wenn sie vom Strand zurückfluteten, hörte sich das Rasseln der Kieselsteine wie eine riesige Mühle an. Möwen flogen umher und schrien. Auf dem Sand lagen Büschel braunen Tangs verstreut. Er roch nach den Tiefen und war mit Bläschen besetzt, die zerplatzten, wenn man darauf trat. Hinter den Dünen und dem harten Gras lag ein Moor mit weiten Flächen Heide und einem Bauta-Stein, errichtet von einem lange vergessenen Volk.
    Die Kinder des Wassermanns wateten ans Ufer und begrüßten ihre Gäste. Sie waren unbekleidet bis auf ihre Waffen, den Talisman und das, was von ihren goldenen Armreifen noch übrig war. Taunos feuchtes Haar schimmerte grünlich-golden, das von Eyjan bronzerot, mit dem gleichen schwachen Unterton von Seealgen.
    Ingeborg und Niels eilten ihnen in die Arme. »Gnade Gottes, es war eine lange Zeit«, stammelte der junge Mann, während die Frau sich nur festhalten und weinen konnte.
    Als Ingeborg sich ein wenig beruhigt hatte, trat Tauno einen Schritt zurück, hielt sie an den Oberarmen fest und sah sie sich genau an. »Ich stelle fest, daß es dir wohlergangen ist«, sagte er. »Nicht nur, daß du gut gekleidet bist und die Male eines harten Lebens verschwunden sind. Du hast auch eine Art von Frieden in dir, habe ich recht?«
    »Jetzt, wo du hier bist«, antwortete sie mit schwankender Stimme.
    Er schüttelte den Kopf. »Nein, als ich dich umarmte, hatte ich das Gefühl, daß du nicht mehr ständig damit rechnest, von der Welt getreten zu werden. Dann hast du Erfolg gehabt?«
    Sie nickte. »Dank Niels.«
    »Hm«, machte Tauno. »Ich habe so eine Ahnung, daß Niels
dir
viel zu danken hat.«
    Ingeborg hatte ihn noch genauer gemustert als er sie. »Und du hast eine schwere Zeit hinter dir, nicht wahr!« murmelte sie. »Du bist hohlwangig ... und
ich
habe dich zittern gefühlt. Ist eure Suche vergeblich gewesen?«
    »Wir haben sie noch nicht beendet. Aber hier wollen

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