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Kinder des Wassermanns

Titel: Kinder des Wassermanns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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wir uns erst einmal ausruhen.« Von neuem zog er sie an sich. »Du hast mir gefehlt, wirklich.«
    Sie umfaßte ihn so fest, daß das Blut aus ihren Fingernägeln zurückwich.
    Es war ihnen aber doch nicht ganz entgangen, was währenddessen zwischen Eyjan und Niels vor sich gegangen war. Die Tochter des Wassermanns hatte ihn wohl zärtlich geküßt, doch gleich darauf gefragt: »Wie steht es mit Yria?«
    »Margrete«, berichtigte Niels zusammenzuckend. »Sie ist nichts an deres mehr als Margrete.« Er suchte nach Worten. »Wir haben ihren Anteil sicher zu ihr gebracht. Das war nicht leicht; der Schatten des Henkers lag über uns, nachdem die Junker Gold gerochen hatten, bis wir einen Hafen fanden. Doch das gelang uns, und heute lebt sie bei einer Familie, die für ihr Wohlbefinden sorgen wird. Aber ... sie ist nicht undankbar gegen euch ... nur frömmer als die meisten. Verstehst du? Sie ist glücklich, aber am besten wäre es, ihr suchtet sie nicht selbst auf.«
    Eyjan seufzte. »Wir haben nichts anderes erwartet. Dieser Schmerz ist aus uns herausgelaugt. Wir haben für Yria getan, was wir konnten; soll sie in Zukunft ganz und gar Margrete sein.«
    Sie sah ihn sich an, wie er dort stand und seine Locken im rauhen Wind flatterten, bevor sie weiterforschte: »Wie ist jetzt deine Stellung in der Welt? Welche Pläne hegst du für dein Morgen?«
    »Mir geht es gut«, versicherte er ihr. »Wenn eure Suche noch nicht beendet ist – und wenn ich euch dabei oder sonst irgendwie helfen kann – , brauchst du es mir nur zu sagen.« Seine Stimme brach: »Auch dann, wenn es bedeutet, dir für immer Lebewohl zu sagen.«
    Sie lächelte und küßte ihn von neuem. »Laß uns jetzt noch nicht von Abschied sprechen. Während wir auf euch warteten und sonst kaum etwas anderes zu tun hatten ...«
    Ingeborg sah, welchen Ausdruck Taunos Gesicht annahm. Sie küßte ihn, er zog sie an sich; ihre Hand wanderte, und plötzlich lachte er.
    »... haben wir auf der anderen Seite jenes Landvorsprungs eine Hütte für euch gebaut«, sagte Eyjan. »Sie kann bald warm und vom Feuer erhellt sein. Wohin wir danach auch gehen werden, schöne Erinnerungen geben eine leichte Fracht ab.«
    Als alle vier den Strand verließen, gingen sie und ihr Bruder hinter den Menschen, um sie mit ihren Körpern vor dem Wind abzuschirmen, der vom Meer her blies.
     

5
    Obwohl ihm noch viel zu lernen blieb, gewann Niels schnell an Weltklugheit. Er war eine Partnerschaft mit einem älteren Mann eingegangen, der zu dem Geld, das Niels in die Handelsschiffahrt stecken konnte, die Erfahrung mitbrachte. Wenn dieser Kaufmann in einigen Jahren so alt war, daß er sich zurückziehen wollte, und der jüngere das ganze Geschäft übernahm, würde ihre Gesellschaft so gut dastehen, wie es außerhalb der Hanse möglich war, und mit ihr konkurrieren können. In der Zwischenzeit kam er durch das Geschäft wie auch durch seine merkwürdige Allianz mit dem Bischof von Roskilde in Verbindung mit vielen Arten von Menschen. Außerdem hatte Niels Stellungen für seine Brüder und Schwestern gefunden, nach dem Gesichtspunkt ausgewählt, daß sie Zufriedenheit, Wohlstand und die Gunst mächtiger Männer gewinnen sollten. (Seiner Mutter ermöglichte er einfach ein Leben der Muße, das sie bald ihrem Garten und guten Werken widmete.)
    Folglich konnte Niels herausfinden, was er nicht wußte, und was er nicht selbst tun konnte, von anderen tun lassen.
    Natürlich ließ sich das nicht immer über Nacht bewerkstelligen, besonders dann nicht, wenn der seltsame Grund für ein Vorhaben geheimgehalten werden mußte. Sein Plan war: Tauno und Eyjan sollten zu Schiff nach Dalmatien reisen und mit Briefen von Kirche und Krone versehen werden, die ihnen nach ihrer Ankunft den Weg ebneten. Dazu war erforderlich, Identitäten zu erfinden, die einen einleuchtenden Grund dafür abgaben, daß sie ein Fahrzeug mieteten. Er mußte sich mit äußerster Vorsicht vorantasten, um bei niemandem Argwohn zu erregen. Dazu waren Wochen nötig, seine Anwesenheit in Kopenhagen – und auch die der Geschwister, damit sie sich besprechen konnten und die beiden Übung darin erhielten, sich wie richtige Sterbliche zu benehmen.
    Außerdem hätten weder er noch Ingeborg Taunos und Eyjans Abwesenheit ertragen, da sie nun wieder in Dänemark waren.
     
    »Ah, ah, ah«, seufzte die Frau. »Das war wundervoll. Du bist immer wundervoll.«
    Warm, feucht, duftend, zerzaust drückte sie sich so eng sie konnte an den Sohn des Wassermanns.

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