Kinder des Wassermanns
Dunkelheit hatte sich auf die Lichtung herabgesenkt. Eine entsetzliche Gestalt kam auf die Männer zu. Sie blieb in einiger Entfernung stehen, doch das war nahe genug, daß sie sehen konnten, wie die Meermenschen Wasser traten, um den Vodianoi einzukreisen.
Vanimen schwamm ins seichte Wasser, stand auf und kam zu den Menschen. Wasser tropfte von ihm wie Quecksilber. Stolz strahlte von ihm aus wie die Sonne, die bald aufgehen mußte. »Der Sieg ist unser!« verkündete er.
»Gott sei gepriesen!« jubelte Iwan. Gleich darauf kehrte die Nüchternheit des Kriegers zurück. »Seid Ihr sicher? Was habt Ihr getan? Was wird nun geschehen?«
Vanimen kreuzte die Arme über der mächtigen Brust und lachte. »Töten konnten wir ihn nicht. Aber selbst in dieser Nacht seiner größten Kraft schwimmen wir besser als er. Unsere Waffen verursachten Schmerz. Keinen von uns hat er ergriffen, während wir ihn quälten, bis er es nicht mehr ertragen konnte. Außerdem zeigten wir ihm, wie wir Fische fangen. Auch darin kann er es nicht mit uns aufnehmen. Wir können sie ihm vor der Nase wegschnappen, sie verscheuchen, ihn dem Hunger preisgeben.
Endlich machten wir ihm mittels eines Zaubers, der verstehen hilft, klar, daß wir es auf diese Weise so lange wie nötig weitertreiben würden. Er solle sich die Qual lieber ersparen und davonziehen. Wir werden ihn flußaufwärts geleiten, an Eurer Stadt vorbei, und ihn im unbewohnten Hochland freilassen. Er wird Euch keinen Kummer mehr machen.«
Iwan umarmte ihn. Die Soldaten brachen in begeisterte Rufe aus. Die Meermänner antworteten fröhlich vom Wasser her. Der Vodianoi gab sich seiner Verzweiflung hin.
»Folgt uns am Ufer entlang«, riet Vanimen. »Wir werden in eurer Sichtweite bleiben.« Er kehrte zu seinen Gefolgsleuten zurück.
Die weiße Gestalt glitt durch die welkenden Blätter hinunter. Viele lösten sich von den Zweigen, als sie von einem niedrigen Ast zur Erde sprang. »Nein, nein«, sang sie. »Wollt ihr den armen, alten, häßlichen Kerl vertreiben? Hier ist seine Heimat. Der See wird einsam sein ohne ihn, ein Wunder wird verschwunden sein, und mit wem soll ich dann spielen?«
Schweiß perlte auf Iwans Haut, er erschauerte, aber als er vorschritt, geschah es nicht voll Furcht, sondern in Haß und Zorn. »Dämon, Geist, höllischer Seelendieb!« schrie er. »Hebe dich hinweg! Zurück zu deinem Grab, zurück zu deiner Hölle!«
Er schlug mit seinem Schwert zu. Irgendwie traf es nicht. Die Vilja hob die Hände. »Warum bist du so böse? Sei nicht böse«, flehte sie. »Bleib. Du bist so warm, ich bin so allein.«
Iwan ließ die Klinge fallen und hob das Kreuz. »Im Namen der Heiligen Dreieinigkeit und St. Martins, dessen Banner St. Stefan in die Schlacht trug, gehe!«
Die Vilja wirbelte herum und rannte in den Wald. Sie hinterließ im Rauhreif viel unscheinbarere Fußabdrücke, als es bei einer Frau der Fall gewesen wäre. Sie hörten ihr Schluchzen, das plötzlich in Lachen überging, und dann gab es keine Spur mehr von ihr.
Glocken läuteten freudig, bis ganz Skradin klang. Niemand arbeitete, außer um ein Fest vorzubereiten, das am Nachmittag begann und bis nach Sonnenuntergang dauerte.
Denjenigen, die vor Tagesanbruch wach gewesen waren, hatte sich ein unheimlicher Anblick geboten, als der Vodianoi, bewacht von den Wassermännern, vorbeikam. Es war, als habe sich die Welt – Burg, Kirche, Stadt, Häuser, Felder, der Ablauf der Stunden und das Jahr, das von Ostern bis Ostern gemessen wurde – wie ein Schleier geteilt, so daß die Menschen einen Blick auf das erhaschen konnten, was sonst vor ihnen verborgen war. Und es war kein reinlicher Himmel, sondern uralte, niemals endende Wildheit.
Im ersten Tageslicht, als Vanimens Jäger mit dem Zhupan und seiner Begleitung zurückkehrten, war alle Angst vergessen. Man sprach darüber, die Fischerei wieder aufzunehmen. Sicher, es war immer noch gefährlich, den tiefen Wald zu betreten. Noch für Generationen würde er nicht gerodet sein. Doch das Holzfällen schritt weiter fort, Jahr für Jahr, das Ackerland dehnte sich aus, die Häuser vervielfältigten sich; die Landwirtschaft hatte einen beträchtlichen Bogen des Seeufers gezähmt. Nun, da das Ungeheuer fort war, sollte es sicher sein, Boote von dieser Stelle aus aufs Wasser zu lassen. Man durfte nur nicht zu nahe an das bewaldete Ufer heranrudern.
Der Zhupan bestätigte die guten Neuigkeiten. Er hatte gesehen, wie der Vodianoi seine Besieger verließ und sich
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