Kinder des Wassermanns
fischen, wobei ihnen mein Stamm helfen könnte. Haben sie keinen Verstand? Der Vodianoi konnte sie nur fressen. Warum fürchten sie sich nicht vor dem, was die Vilja ihnen antun wird?«
»Was könnte das denn sein?” fragte Luka überrascht. »Doch nur kleine Bosheiten, wie die Leschi sie begehen – da weht ein Wind jemandes Wäsche vom Gras weg, da wird ein Säugling seiner Mutter fortgenommen, wenn sie gerade nicht hinsieht, doch ist er immer bald wieder zurückgegeben worden – und ein Zweig Wermut kann sie fernhalten. Natürlich würde ein Mann, der sich von der Vilja verlocken ließe, eine Todsünde begehen. Aber das wird bestimmt niemand tun, und sie scheint es auch noch nie versucht zu haben. Schließlich ruft ein Geist an sich schon Entsetzen hervor. Ich weiß Bescheid, Vanimen, ich wünschte, ich wüßte weniger darüber.«
Der Wassermann betrachtete den jungen Mann forschend. »Wie kommt das?«
Luka erschauerte im Sonnenlicht, in Lärm und Musik und Rauch. »Ich war mit meinem Bruder auf jener Jagd vor zwei Jahren, als sie ihn erkannte. Auch ich habe ihr Gesicht gesehen, das Gesicht Nadas, die sich im Jahr zuvor ertränkte ...«
Eine Hand packte ihn beim Kragen und warf ihn zu Boden. »Du lügst!« brüllte Vater Tomislav. Er war unbemerkt nähergekommen und hatte dem Gespräch zugehört. »Wie alle übrigen lügst du!«
Über dem auf der Erde liegenden Jungen stehend, inmitten einer Stille, die sich schnell ausbreitete, inmitten von Augen, die auf ihren Ausgangspunkt starrten, wurde der Priester Herr seines Anfalls. »Nein, du lügst nicht, ich will glauben, daß du nicht lügst«, sagte er mit schwerer Zunge. »Eine zufällige Ähnlichkeit oder eine List Satans hat dich getäuscht. Es tut mir leid, Luka. Verzeihe mir meine Unbeherrschtheit.« Er sah von einem zum anderen. Tränen stürzten ihm aus den Augen. »Meine Tochter war keine Selbstmörderin«, krächzte er. »Sie ist kein verdammter Schatten. Sie ruht in Schibenik, in heiliger Erde. Ihre Seele ist ... ist im ... Paradies ...« Er stolperte davon. Die Menge teilte sich, um ihn hindurchzulassen.
Regen schlug in dieser sturmdurchheulten Nacht gegen die Burgmauern. Kälte kroch aus dem Stein, durch die Wandbehänge, und Dunkelheit belagerte die Lampen. Iwan Subitsch saß Vanimen von Liri an einem Tisch gegenüber. Er hatte seine Diener entlassen, seine Frau aber gebeten aufzubleiben. Sie saß in einer Ecke und wärmte sich, so gut es ging, an einem Kohlenbecken, bis er nach mehr Wein winkte.
»Ja«, sagte er, »es ist besser, wenn ich Euch die ganze Geschichte erzähle. Andernfalls könntet Ihr den See meiden wollen, und ich hoffe doch, daß ihr euch unter uns ansiedelt und unseren Besitz durch eure Geschicklichkeit im Fischen mehrt. Außerdem ist das, was geschehen ist, keine Schande für meine Familie – nicht im eigentlichen Sinn. Leid ... « Er seufzte schwer. »Nein, Enttäuschung, und ich bin mir bewußt, daß es verkehrt von mir ist, so zu empfinden.«
Er strich sich über die Narbe, die sein Gesicht verzerrte. »Auch Euch macht es keine Schande, Vanimen, daß Ihr vor ihr zurückgewichen seid, wenn diese Wesen im Norden so fürchterlich sind, wie Ihr berichtetet. Ich könnte Euch von Schrecken sagen, die mich bis ins Grab verfolgen werden, und doch halte ich mich für einen tapferen Mann. Aber ... ich weiß nicht warum; vielleicht unterscheiden wir uns von den Russen auf eine Weise, die noch nach dem Tod andauert – was auch der Grund sein mag, eine Vilja ist nichts so Grauenhaftes, wie es nach Eurem Bericht eine Rousalka ist. Oh, es wäre unklug von einem Mann, ihr zu folgen ... aber schließlich hätte er eine Seele zu verlieren. Ihr dagegen ...« Iwan brach unvermittelt ab.
Vanimens kurzes Lächeln war bitter.
Iwan nahm einen Schluck. Dann fuhr er hastig fort: »Ich habe nur deswegen einen Groll auf Nada, weil sie meinen älteren Sohn dazu veranlaßt hat, der Welt zu entsagen. Ich denke jedenfalls, daß sie die Ursache war. Ich könnte mich irren. Wer kennt die Brunnen des Herzens außer Gott? Aber Mihajlo war ein so blühender Jüngling; in ihm sah ich mich selbst wiedergeboren. Und jetzt steckt er in einem Kloster. Ich sollte das nicht bedauern, wie? Es macht seine Erlösung wahrscheinlicher. Luka scheint zum Mönch geeigneter zu sein, als Mihajlo es je war, und nun ist Luka mein Nachfolger ... Nein, das wird er nicht werden, denn ein Zhupan wird von den ihm Ebenbürtigen seines Clans gewählt oder außerhalb des Clans
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