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Kinder erziehen - die 101 wichtigsten Fragen und Antworten

Kinder erziehen - die 101 wichtigsten Fragen und Antworten

Titel: Kinder erziehen - die 101 wichtigsten Fragen und Antworten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Xenia Frenkel
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sie für unterschiedliche Formen von Diskriminierung zu sensibilisieren. Diese betreffen rassistische, sexistische oder sonstige abfällige Äußerungen ebenso wie subtilere Formen der Kränkung, zum Beispiel das leider weit verbreitete «Übersehen» von Kindern, die «anders» sind.

Familienalltag
23 Warum brauchen Kinder Traditionen und Rituale?
    Das Leben in und mit der Familie braucht Meilensteine, Ereignisse im Kalender, auf die sich alle gemeinsam freuen, die man gemeinsam vorbereitet und erlebt. Dazu gehören die großen Fest- und Feiertage und besondere Familienfeste. Die damit verbundenen Traditionen und Rituale – das Geschirr, das nur zu Ostern benutzt wird, das Frühstück ans Bett bringen und der Blumenkranz zum Geburtstag, die Strohsterne, die seit zwei Generationen den Weihnachtsbaum schmücken – vermitteln ein Bild der jeweils einzigartigen Familien-Vergangenheit, in der sich ein Kind als ein wichtiger Teil verorten kann: Das bin ich, das sind wir, hierher gehöre ich.
    Traditionen sind gelebte Erinnerungen, um die sich Geschichten aus längst vergangenen Tagen ranken, die immer wieder ausgetauscht werden wollen. Sie schenken Zuversicht und Sicherheit und das Wissen, dass Kummer, Unglück und Armut zum Leben dazugehören und dass man damit fertig werden kann.
    Wiederkehrende Ereignisse, Feste und die damit zusammenhängenden Bräuche und Sitten helfen, die Welt zu ordnen. Kinder entwickeln auf diese Weise ein Verständnis für Zeiträume und Jahreszeiten, für Vergangenheit und Zukunft. Entwicklungspsychologen bezeichnen den kindlichen Bildungsprozess auch als «Konstruktion von Weltbildern». Darüber, wie in der Familie Weihnachten, Ostern, Chanukka und Pessach oder das Opferfest gefeiert werden, kann sich ein Kind einen Reim auf die Dinge dieser Welt machen und eine kulturelle und religiöse Identität entwickeln.
    Auch Alltagsrituale sind – richtig eingesetzt – liebevolle und wirksame Erziehungshelfer. Beginnt jede Mahlzeit zum Beispiel mit einem Tischspruch, fangen Kinder nicht zu essen an, bevor alle am Tisch sitzen. Die Wiederholung bestimmter Handlungen,der immer gleiche Ablauf – Zähneputzen, Schlafanzug anziehen, Geschichte vorlesen – gibt Halt und Orientierung in einer für Kinder komplizierten und oft undurchschaubaren Welt. Kinder lieben es, wenn alles so ist «wie immer». Bis sie eines Tages selbst bestimmen, «keine Sterne an den Weihnachtsbaum», «Sonntagsbrunch mit der Familie ist blöd, ich will ausschlafen». Das müssen Eltern akzeptieren. Und auf keinen Fall vor Freunden das traditionelle Geburtstagslied anstimmen – das wäre superpeinlich. Die mitunter heftige Ablehnung von Traditionen und Ritualen hilft Heranwachsenden, sich abzugrenzen und aus der Familie zu lösen, um ihr eigenes Leben mit eigenen Traditionen und Ritualen zu gestalten. Die sind dann oft ganz ähnlich wie die der Kinderzeit.
24 Und ich? Wie verteilt man in der Familie die Aufgaben gerecht?
    «Elternschaft ist eine Lebensform, die Menschen eine reduzierte Persönlichkeit aufnötigt», schreibt Dieter Thomä, Professor für Philosophie, in seinem Buch «Eltern». Eltern sind die einzigen Wesen der Schöpfung, die das Wissen um ihre eigenen Bedürfnisse und Wünsche systematisch negieren. In dieser Hinsicht stehen sie evolutionär weit unter der Stubenfliege, denn die weiß genau, wann sie sich niederlassen, laufen und essen muss.
    Dieses merkwürdige Verhalten ist in erster Linie auf die große Bedürftigkeit der Kinder in den ersten Lebensjahren zurückzuführen. Damit sie gedeihen, müssen existentielle Bedürfnisse liebevoll und möglichst prompt erfüllt werden. Das funktioniert nur, wenn die eigenen hintangestellt werden. Doch eines nicht so fernen Tages muss das «Füttern auf Verlangen» aufhören, sonst lernen Kinder nicht, für sich Verantwortung zu übernehmen, und erst recht nicht, die Bedürfnisse, Anliegen und Rechte anderer wahrzunehmen und zu achten.
    Diese anderen sind zunächst einmal die Eltern. Da Kinder naturgemäß Egozentriker sind, ist es nötig, sie hin und wieder darauf aufmerksam zu machen, dass die Eltern auch noch dasind. Es bekommt weder den Kindern noch einem selbst, wenn man die eigenen Bedürfnisse und Wünsche ständig negiert. Wer sich selbst aus den Augen verliert, hat keine Basis mehr, von der aus er anderen gegenüber mitfühlend und großmütig sein kann.
    Die Frage, wer was im Familienalltag übernimmt, greift sehr viel tiefer als die Staubschicht, die sich

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