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Kindersucher - Kriminalroman

Kindersucher - Kriminalroman

Titel: Kindersucher - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grossman
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letztere Kanäle gespült und zwei Kilometer weiter angeschwemmt worden. Wenn sie genau bestimmen konnten, wo diese Säcke in die Kanalisation geraten waren, hatten sie die Hintertür in das dunkle Reich der Köhlers gefunden.
    Berlin verfügte über beinahe zehntausend Kilometer Regenwasser-Überlaufkanäle, die vollkommen von der Kanalisation getrennt waren. Die Überlaufkanäle wurden von kleineren Zuläufen, Entlastungskanälen und Tausenden von Oberflächenschächten gespeist, die das Regenwasser aus den Straßengullys sammelten. Bei starkem Regen war dieses System oft verstopft, erklärte Eberhard. Der letzte Oktober war besonders schlimm gewesen. Am fünfundzwanzigsten dieses Monats hatten drei Tage unablässiger Sturm dazu geführt, dass Äste, Reifen und anderes Treibgut sich in einer Biegung im Überlaufkanal Fünf gesammelt hatten – er deutete auf die Karte, dort, wo der Kanal nach Südwesten abzweigte, um in die Spree zu fließen. Das hatte zu einem Rückstau im gesamten Kanal geführt, angefangen von der Station unter der Frankfurter Allee, wo die zweite Ladung Knochensäcke aufgetaucht war, dann unter der Baustelle, wo der erste Sack angespült worden war, bis hin zu den Zuläufen unter dem Centralviehhof.
    »Wenn wir einen Blick auf die Karte werfen«, Eberhard klappte einen vergilbten Plan der Gegend auf, der aus dem Jahr 1852 stammte, »sehen wir, dass an dem Platz, wo sich jetzt die Knochengasse befindet, noch vor dem Bau des Viehhofs eine kleine Brauerei ihren Sitz hatte. Es ist sehr gut möglich, dass derjenige, der den Keller dieser Gebäude umgebaut hat, auchden Keller der Brauerei geöffnet hat. Der wiederum hat die Zugangsröhren siebenundzwanzig bis neunundzwanzig, die direkt in das Zulaufrohr J des Überlaufkanals Fünf führen. Zulaufrohr J war in der Nacht vom 28. Oktober vollkommen verstopft und wurde am folgenden Morgen freigespült.«
    Kraus konnte diesen schicksalhaften Tag, an dem er den Jutesack zum ersten Mal gesehen hatte, schwer vergessen. Mit den so fein säuberlich arrangierten Knochen. Und dem markierten Eintrag in der von Wasser durchtränkten Bibel. Er war sich nie sicher gewesen, ob jemand die Jutesäcke absichtlich in die Kanalisation geworfen hatte oder ob sie aus Versehen mitgerissen worden waren. Eberhards Beschreibung der Flut jedoch ließ Letzteres wahrscheinlicher erscheinen, weshalb die Köhlers vermutlich ihre finstere Arbeit fortgeführt hatten, da ihnen nicht klar gewesen war, dass jemand die Beweise gefunden und die Jagd eröffnet hatte.
    Jetzt endlich fügten sich die Puzzlestücke zusammen.
    Minute um Minute rückte Kraus ihnen dichter auf die Pelle.
    Und dann gab ihm ausgerechnet Viehhof-Direktor Gruber persönlich einen erstaunlichen Tipp.
    Der Herr Direktor war sich sehr wohl der üblen Dinge bewusst, die sich auf den Straßen seines geliebten Viehhofs abspielten, und hielt es offenbar für das Beste, endlich uneingeschränkt zu kooperieren, in der Hoffnung, dieser schrecklichen Prüfung endlich ein Ende zu bereiten. Er hatte höchstpersönlich vor einer halben Stunde angerufen, um ein scheinbar unbedeutendes Detail zu erwähnen.
    »Da Sie so verdammt hartnäckig in dieser Angelegenheit sind, Kraus, ist mir jetzt tatsächlich noch etwas eingefallen.«
    Er hatte Kraus erklärt, dass ihm im Laufe der Jahre immer wieder Berichte über ein an diesem Ort ziemlich unpassendes Fahrzeug in der Düngemittelfabrik Müller-Schlosser, direkt außerhalb des Viehhofs, auf der Thaerstraße, zu Ohren gekommenwaren. Ein Eiswagen, wie sie oft vor Schulen und Spielplätzen anzutreffen waren, war gesehen worden, wie er auf den staubigen Firmenkomplex der Düngemittelfirma fuhr und ihn später wieder verließ. Ganz offenbar verschwand er in einer Art unterirdischer Garage. Da dies jedoch nicht mehr in Grubers Zuständigkeitsbereich fiel und der Wagen offenbar auch keinerlei Probleme verursachte, hatte er nicht sonderlich darauf geachtet. Bis jetzt. Und nun dachte er, dass diese Information möglicherweise hilfreich sein könnte.
    Daraufhin hatten sie die Karten erneut studiert und festgestellt, dass die angegebene Adresse der Düngemittelfabrik tatsächlich außerhalb der Mauern des Viehhofs lag, sich aber nur dreißig Meter von der Knochengasse entfernt befand. Rollmann und Eberhard hatten beide erklärt, dass ein kurzer Lieferantentunnel für Fahrzeuge durchaus in den unterirdischen Bau der Köhlers führen könnte. Eine versteckte Zufahrt mit einem getarnten Eingang.
    Und

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