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King of the World

King of the World

Titel: King of the World Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Remnick
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drohte, und daß sie es in den Kämpfen gegenEddie Machen und Cleveland Williams getan hätten.« Pollino sagte McKinney nicht, mit welcher Substanz er Listons Handschuhe einrieb – ein linimentartiges Öl aus Wintergrün oder Eisenchlorid, womit man Platzwunden behandelte –, allerdings sagte er, es sei eine stechende Lösung, die Clay so lange blenden sollte, bis Liston sich auf ihn einstellen und ihn k. o. schlagen konnte. »Pollino sagte mir, er habe das Zeug auf Sonnys ausdrückliche Anweisung auf die Handschuhe aufgetragen und es dann so weit er konnte unter die Ringverkleidung geschoben«, sagte McKinney. »Joe hatte deswegen erhebliche Gewissensbisse. Er war dazu gedrängt worden, aber er wußte, wenn er damit je auspacken würde, würde er nie wieder arbeiten.«
    In der vierten Runde boxte Clay wieder nach Plan. Er ließ es langsam angehen. Er lief durch den Ring, aber langsamer, lässiger, gerade so, daß Liston in Atem blieb und vorbeischlug. In dieser Runde richtete er wenig Schaden an, doch es genügte, um Liston auf Trab zu halten und ihn noch mehr zu ermüden. Er hatte vor, ihn weiter zu ermüden, bis es wieder an der Zeit war, zum Angriff überzugehen. Doch ganz am Ende der Runde begannen Clays Augen zu brennen, und als die Runde vorüber war und er auf seinem Hocker saß, war ihm, als hätte er Nadeln in den Augen. Clay war auch schon vorher getroffen worden – Banks und Cooper hatten ihn niedergeschlagen, Jones hatte ihn aus der Fassung gebracht –, doch diesen Schmerz konnte er nicht identifizieren. Und plötzlich, während der Schmerz immer größer wurde, war Clay fast blind. Er griff sich ins Gesicht, versuchte, die Schmerzen aus den Augen zu schütteln. Er war in Panik.
    »Ich kann nicht sehen! Mach sie ab!« schrie Clay in die Leere, in den Lärm der Menge. »Ich kann nicht sehen! Mach die Handschuhe ab!«
    Das sollte nun die wichtigste Minute in Dundees zwei Jahrzehnten mit Clay werden. Ohne diese eine Minute, ohne Dundees instinktive Reaktion, hätte es vielleicht nie einen Muhammad Ali gegeben. Sonny Liston hätte einem, der ihn so gedemütigt, der ihn gezwungen hatte, seine Handschuhe zu präparieren, wohl kaum einen Revanchekampf gewährt; auch die Öffentlichkeit hätte sich nicht sonderlich darum bemüht, einem Angehörigen einer religiösen Sekte, die das weiße Amerika haßte, Boxgerechtigkeit widerfahren zu lassen.
    Während sein Kämpfer ihn anbrüllte und verlangte, er solle ihn aufgeben lassen, blieb Dundee ruhig. »Ich hatte das Problem schon einmal«, sagte er. »Ist Erfahrung nicht etwas Wunderbares? Ich hatte das nun achtundvierzig Jahre lang gemacht. Man kann da nicht selber hysterisch werden und die Ruhe verlieren. Dann hilft man dem Boxer nicht weiter.« Dundee ahnte, wie schmerzhaft die Substanz war. Er hatte den Zeigefinger in Clays Augenwinkel getupft und sich den Finger dann selbst aufs Auge gelegt. Es brannte wie Feuer. Doch er nahm das nicht so einfach hin.
    »Hier geht’s ums Ganze,
daddy
!« brüllte Dundee Clay ins Ohr. »Laß die Scheiße! Wir geben jetzt nicht auf.«
    Dundee versuchte, Clay mit dem Schwamm so viel sauberes Wasser wie nur möglich in die Augen zu träufeln. Er hatte keine Ahnung, wie das passiert war – bis zum heutigen Tag weigert er sich zu glauben, daß Listons Ecke die Handschuhe präpariert hat; fast ist er zu nett dazu –, und es war ihm auch egal. Wichtig war der Kampf und daß sein Schützling die nächste Runde überstand.
    »Du gehst jetzt raus und läufst!«
    In diesen hektischen Sekunden hatte Dundee auch noch die Black Muslims am Hals, die unterhalb der Ecke saßen. Dundees Bruder rannte zu ihm hin und sagte ihm, die Muslimsseien nun überzeugt, Angelo selbst habe Clay geblendet, und zwar wegen der italienischen Gangster, die hinter Liston standen.
    Pacheco und Dundee konnten die Muslims brüllen hören: »Dieser Weiße da versucht, Clay zu blenden! Das ist eine Verschwörung! Eine Verschwörung!«
    Dundee glaubte, seine Unschuld nur dadurch beweisen zu können, daß er den Schwamm nahm und sich selbst Wasser in die Augen rieb.
    Barney Felix bemerkte die Unruhe in Clays Ecke und setzte sich dorthin in Bewegung. Dundee wollte nicht, daß Felix Clays Klagen hörte, also stellte er sich so hin, daß er zwischen dem Ringrichter und seinem Schützling war.
    Der Gong ertönte zur fünften Runde.
    »Du gehst jetzt raus und läufst!« brüllte Dundee.
    »Halt ihn auf Distanz, Champ!« brüllte Bundini. »Auf Distanz!«
    Clay sollte

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