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King of the World

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Titel: King of the World Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Remnick
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Arena verlassen wollte, sah sich Gordon Davidson, der Anwalt der Louisville Sponsoring Group, der nur gehofft hatte, sein Kämpfer werde den Kampf
überleben
, vor der Aufgabe, eine unerwartete Siegesfeier zu improvisieren. »Daran hatten wir überhaupt nicht gedacht«, sagte er, »und plötzlich telefonierten wir so gegen Mitternacht mit dem Roney Plaza, wo die Küche schon zu war, und versuchten, sie zu überreden, uns ein Essen und Champagner und so weiter hinzustellen. Eine Menge Leute zogen dorthin – unsere Gruppe, ein paar Reporter, Budd Schulberg, George Plimpton, Norman Mailer und andere –, doch Cassius entschied sich, nicht mitzukommen.«
    Clay fuhr ins Hampton House Motel, wo er eine Weile mit Malcolm X und Jim Brown, dem großen Running Back der Cleveland Browns, zusammensaß und ein riesiges Vanilleeis verdrückte. Clay machte noch ein Nickerchen auf MalcolmsBett und ging dann nach Hause. Nun werde manches anders werden, sagte er seinen Freunden. »Ich habe den nötigen Lärm gemacht, als ich auf Wahlkampftour war«, sagte er. »Jetzt ist die Wahl gelaufen, und ich habe gewonnen. Nun lasse ich es eine Weile ruhiger angehen.«

KAPITEL 12

DER WECHSELBALG

    Ägypten, 1964.
     
     
    Clay kam zu seiner morgendlichen Pressekonferenz im Veteranenzimmer der Convention Hall. Er beantwortete all die traditionellen Fragen, wie er sich fühle, gegen wen er als nächstes boxen könne, ob Liston härter als erwartet, weniger hart als erwartet oder
exakt
so hart wie erwartet gewesen sei. Die Stunde verlief nach Clays Maßstäben erstaunlich ruhig: keine Verse, keine Monologe, nichts Höhnisches. »Ich möchte jetzt nur noch ein netter, anständiger Herr sein«, sagte er. »Ich habe mich bewiesen. Jetzt werde ich ein Beispiel für alle netten Jungen und Mädchen sein. Das Reden habe ich hinter mir.«
    Lauter, ironischer Beifall begrüßte diese Erklärung, und sogar Clay mußte lächeln. Wobei Clay die Presse aber eigentlich nie anlog; er glaubte das, was er sagte, während er es sagte. Und jetzt sah er seine Karriere als begrenztes Unternehmen.
    »Ich kämpfe nur, um meinen Lebensunterhalt zu verdienen, und wenn ich genug Geld habe, kämpfe ich nicht mehr«, fuhr er fort. »Ich kämpfe nicht gern. Ich werde nicht gern verletzt. Ich verletze nicht gern andere … Liston tut mir leid. Er ist völlig am Boden.« Clay sagte, er werde ein Champion des Volkes sein und zurück nach Louisville gehen und »durch die Straßen streifen, mit den Armen und den Trinkern und den Pennern reden. Ich möchte die Menschen nur glücklich machen.«
    Schließlich unterbrach ihn ein Reporter mit einer spitzen Frage. Stimme es denn nicht, wollte er wissen, daß Clay ein »eingetragenes Mitglied der Black Muslims« sei?
    Clay stieß sich weniger daran, daß er sich offenbaren sollte – inzwischenging er davon aus, daß jeder wußte, daß er zur Nation of Islam übergetreten war –, sondern vielmehr an der Wortwahl. »Eingetragen« schmeckte nach McCarthyismus, und gegen den Begriff »Black Muslim« hegten die Mitglieder der Nation eine tiefe Abneigung.
    »›Eingetragen.‹ Was bedeutet das?« sagte Clay. »Ich glaube an Allah und an den Frieden. Ich will nicht in ein weißes Viertel ziehen. Ich will keine weiße Frau heiraten. Als ich getauft wurde, war ich zwölf, da wußte ich nicht, was ich tat. Ich bin kein Christ mehr. Ich weiß, wohin ich gehe, und ich kenne die Wahrheit, und ich muß nicht der sein, als den Sie mich haben wollen. Ich bin frei, das zu sein, was ich will.«
    Das genügte, um all die Geschichten zu bestätigen, die in den Zeitungen gestanden hatten: Clay war ein Mitglied der Nation of Islam. Aber ob die Presse es nun verstand oder nicht, er hatte das Image des gutartigen Kämpfers, das von Joe Louis geprägt und dann von Jersey Joe Walcott, Floyd Patterson und Dutzenden anderer bestätigt worden war, still und leise abgelegt. Clay erklärte, er werde sich in kein Stereotyp pressen lassen, er werde keinem der üblichen Verhaltensmuster entsprechen. Und während Liston ebenfalls seine Unabhängigkeit von Konventionen (durch schieren Scheiß-drauf-Trotz) erklärt hatte, war Clays Botschaft eine politische. Nicht Jimmy Cannon oder die NAACP würde sein Schwarzsein, seine Religion, seine Geschichte definieren, sondern er. Er war ein sprachmächtiges Mitglied einer amerikanischen Randgruppe, und die werde Amerika schon bald kennenlernen.
    Die Sportpresse, die so gut wie keine Ahnung von etwas namens Nation of Islam

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