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King of the World

King of the World

Titel: King of the World Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Remnick
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des Sports konnte er nicht abrufen. Baldwin setzte eher darauf, daß ersich in Patterson und Liston hineinversetzen, sie als arme schwarze Jungen voller Ehrgeiz verstehen konnte. »Ich weiß rein gar nichts über diesen ›schönen Sport‹ oder ›grausamen Beruf‹, dieses ›Spiel des armen Jungen‹«, schrieb er. »Aber ich verstehe eine Menge von Stolz, vom Stolz des armen Jungen, denn das ist auch meine Geschichte, die in gewisser Weise wahrscheinlich auch einmal mein Ende sein wird.«
    Baldwin besuchte, begleitet von Gay Talese von der
Times
, beide Camps und war verwirrt von der Szenerie der Kampfwoche – die Reporter, die den Vormittag verplauderten und dann ihre Geschichten auf den letzten Drücker hinhauten, die späten Abendessen auf Spesen, die übliche Farce der Fehde zwischen den beiden Kämpfern, die öden Pressekonferenzen, die Partys im Playboy Mansion, die ehemaligen Champions – Louis, Marciano, Barney Ross, Johansson, Ezzard Charles –, die umherstreiften und zur Wahrung der eigenen Bedeutung zitierfähige Meinungen von sich gaben. Im Presseraum herrschte die allgemeine Ansicht, daß Patterson kampflos Champion geworden war und daß er, so bedauerlich das auch sein mochte, gegen Liston nur geringe Chancen hatte. Wie er gegen eine Bratwurst wie Johansson untergegangen war! In einer Runde sieben Niederschläge – ein menschliches Jojo!
    Baldwin ging nach Elgin, wo Pattersons Pressemann Ted Carroll ihn mit hohem Respekt begrüßte und ihn durchs Camp führte. Carroll schien zu spüren, daß Baldwin beim Boxen ein Laie war.
    »Mr. Baldwin, das ist ein Trainingscamp«, sagte er. »Und diese Landschaft paßt zur Persönlichkeit des Champions. Sein Gewerbe ist zwar gewalttätig, Mr. Baldwin, doch seine Persönlichkeit ist davon unberührt,
bukolisch
. Ist das ein gutes Wort, Mr. Baldwin?«
    Baldwin nickte. Ein gutes Wort.
    Carroll arrangierte einen langen Spaziergang mit dem Champion und daß er ihm beim Training zusehen konnte. Patterson räumte ein, daß er noch keines von Baldwins Büchern gelesen, ihn aber einmal in einer Fernsehdiskussion über die Rassenfrage gesehen hatte.
    »
Wußt’
ich’s doch, daß ich Sie schon mal gesehen habe!« sagte Patterson.
    Baldwin hatte eindeutig Sympathien für Patterson – er setzte sogar 750 Dollar auf ihn. Für Baldwin war Patterson ein Krieger auf verlorenem Posten, ein komplizierter, verletzlicher, verstörter junger Mann, der sich anscheinend nach Zurückgezogenheit sehnte, noch während er ein weiteres Interview für eine weitere Gruppe Reporter begann. Baldwin sah Patterson beim Seilspringen zu, »was er zu einer Musik in seinem Kopf tun muß, sehr schön und schimmernd und entrückt wie ein heiliger Jüngling, dem man durch die beschlagenen Fenster einer Sektenkirche zusieht, bei einem hilflosen Tanz«; es war eine Szene, die an Baldwins heiligen Jüngling Elisha in seinem Roman
Gehe hin und verkünde es vom Berge
erinnerte.
    Nach dem Training, einem der letzten vor dem Kampf, beobachtete Baldwin, wie Patterson sich mit einigen Reportern unterhielt. Patterson trank eine Tasse heiße Schokolade und lächelte angespannt und scheu. Auch jetzt wurde er wieder gefragt, warum er gegen Liston kämpfe.
    »Also, das war meine Entscheidung, diesen Kampf anzunehmen«, sagte Patterson. »Sie, meine Herren, waren anderer Ansicht, Sie waren doch diejenigen, die ihn an die Spitze gesetzt haben, also hatte ich doch recht damit. Listons Vorstrafen liegen hinter ihm, nicht vor ihm.«
    »Meinen Sie, Sie sind als Champion akzeptiert?«
    »Nein«, sagte er. »Also, ich bin bestimmt als Champion akzeptiert – aber vielleicht nicht als guter.«
    »Warum sagen Sie, daß die Gelegenheit, ein großer Champion zu werden, nie kommen wird?«
    »Weil Sie das nicht zulassen werden.«
    »Ich erinnere mich vor allem an Floyds Stimme, wie er munter redete und redete«, schrieb Baldwin später in seinem Artikel für
Nugget
, »und wie sein Gesicht sich ständig veränderte und wie er lachte; ein Mann, der komplexer war, als er selbst zu erkennen vermochte, ein Held für viele Kinder, die noch dort steckten, wo er gewesen war, der ohne den Ring womöglich nicht überlebt hätte und der seltsamerweise nicht so recht dorthin zu gehören schien.«
    Bevor Baldwin ging, schenkte er Patterson noch
Eine andere Welt
und
Niemand kennt meinen Namen
, die er ihm beide widmete: »Für Floyd Patterson … weil wir beide wissen, woher wir kommen, und eine Ahnung haben, wohin wir gehen.«
    Baldwin

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