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King of the World

King of the World

Titel: King of the World Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Remnick
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besuchte auch Listons Camp, wo er einem Liston begegnete, wie ihn fast niemand kannte. Einige Reporter, darunter Jack McKinney von der
Philadelphia Daily News
, Jerry Izenberg vom Newarker
Star-Ledger
und Bob Teague von der
New York Times
(einer der wenigen schwarzen Sportreporter), hatten ein gutes Verhältnis zu Liston, auch schon, als er noch nicht der Herausforderer war, alle anderen aber nicht. Die Reporter stellten ihm immerzu Fragen, die mit irgendwelchen Verhaftungen oder Vergehen zu tun hatten, worauf Sonny mit einem Grunzer, einem Ja oder Nein oder einfach einem langen Blick antwortete.
    Selbst wenn Liston mit einem Reporter scherzen wollte, konnte man es mit der Angst bekommen. A. J. Liebling suchte ihn einmal im Trainingslager auf und bekam gesagt, er werde sein Interview in einem Restaurant im Ort bekommen, wenn das Tagestraining vorbei sei. Liston traf in dem Restaurant ein, und jeder am Tisch bestellte sich eine Tassedampfenden Tee. Plötzlich verzerrte sich Listons Miene, und er brüllte seinen Betreuer Joe Pollino an, er schulde ihm noch zwei Dollar. Die beiden Männer stritten, dann stürzte sich Liston auf Pollino.
    »Du lügst, du Hund!« brüllte Liston. »Gib mir meine zwei Bucks wieder!«
    In Lieblings Erinnerung schoß »eine riesige Faust hervor, und ich hörte ein ungeheures Klatschen, worauf Pollino in einem Hagel von Zähnen zu Boden ging«. Darauf zog Liston eine Pistole und feuerte auf seinen Cutman. Pollino sackte auf der Bank zusammen. Dann richtete Liston die Waffe auf Liebling und feuerte. »Ich riß die Hände hoch und stieß dabei meinen Tee um.« Lieblings Selbstbeschreibung läßt ihn ruhiger erscheinen, als er tatsächlich war. Er wäre nämlich fast an Herzversagen gestorben. Als er sich wieder erholte, war sein Mantel voller Teeflecken, und Liebling hörte, wie Pollino erklärte, die Zähne seien in Wahrheit weiße Bohnen gewesen, und wie Liston erklärte, die Kugeln seien Platzpatronen gewesen.
    »Sie kommen uns wieder besuchen, ja?« sagte Liston zu Liebling. »Sie kommen wieder!«
    Diese PR -Gags, so wie sie nun mal waren, wurden von Liebling rückwirkend mit einem Lacher quittiert, doch nicht alle fanden sie komisch. Viele Reporter näherten sich Liston wie einem Monster. Die Begriffe »Gorilla« und »Dschungelkatze« waren durchaus üblich, doch das Gewebe des Rassismus war noch viel feiner. Peter Wilson vom
Daily Mirror
schrieb: »Manchmal braucht er so lange, um eine Frage zu beantworten, und hat solche Schwierigkeiten, das richtige Wort zu finden, daß das Ganze eher wie ein Ferngespräch in einer Fremdsprache wirkt. Doch der Mann ist faszinierend. Sein vernarbtes Gesicht ist unbeweglich, und seine gewaltigen Augen, bemalten Untertassen gleich,haben den starren Blick eines Kraken, doch vor allem seine Hände ziehen die Aufmerksamkeit auf sich. Die Handteller sind weich und weiß wie das Innere einer Bananenschale. Seine Finger sind die ungeschälten Bananen.«
    Viele Reporter hielten Listons Aufsässigkeit für Dummheit oder noch Schlimmeres. Nicht so Baldwin. »Er ist alles andere als dumm; ja, er ist überhaupt nicht dumm«, schrieb er. »Zwar steckt eine Menge Gewalt in ihm, doch kann ich keinerlei Grausamkeit bei ihm erkennen. Im Gegenteil, er erinnert mich an große schwarze Männer, die ich früher kannte und die sich den Ruf zugelegt hatten, hart zu sein, nur um zu verbergen, daß sie es gar nicht waren. Jeder, der wollte, konnte sie zu Toffee machen. Ich jedenfalls mochte ihn, sogar sehr. Er saß mir gegenüber am Tisch, seitlich, den Kopf gesenkt, den Schlag erwartend: denn Liston weiß, wie nur die sprachlos Leidenden es wissen können, wie schlecht er sich ausdrücken kann. Eines aber möchte ich klarstellen: Ich sage Leidender, weil mir scheint, daß er sehr viel gelitten hat. Es ist in seinem Gesicht, in der Stille dieses Gesichts und in dem eigenartig fernen Licht seiner Augen – ein Licht, das kaum Signale sendet, weil es so wenige Antwortsignale erhalten hat. Und wenn ich sprachlos sage, möchte ich damit keineswegs andeuten, daß er nicht weiß, wie man spricht. Er ist auf eine Weise sprachlos, wie wir alle es sind, wenn uns mehr widerfahren ist, als wir ausdrücken können; und sprachlos auf eine bestimmte Negerart – er hat eine lange Geschichte zu erzählen, die aber niemand hören will.«
    Wie sich zeigte, hatte Liston nichts dagegen, sich mit Baldwin zu unterhalten. Baldwin, dessen Vater Prediger in Harlem gewesen war, unterschied sich mit

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