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King of the World

King of the World

Titel: King of the World Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Remnick
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Clay nicht allzu schwierig sein, denn er ist nicht annähernd so wichtig wie unser ermordeter Präsident. Angenommen, jemand versucht tatsächlich, Clay zu ermorden, während wir kämpfen. Das ist jetzt kein Witz. Zwei Boxer bewegen sich schnell durch den Ring, und wenn eine Kugel abgefeuert wird, könnte
ich
in die Schußlinie geraten und statt Clays getötet werden. Wenn ich an die Möglichkeit eines Attentats gedacht habe, dann ja wohl auch Clay.«
    Patterson räumte sich hervorragende Chancen auf den Sieg ein, weil er Ali für unerfahren und einen schlechten Infighter hielt, der einen schwachen Punch hat (»Ich schlage bestimmt härter als er«).
    »Dies ist ein persönliches Ziel ebenso wie ein moralischer Kreuzzug«, erklärte Patterson. »Ich bin überzeugt davon, daß Clay, da er nun seine Frau loswerden will, weil sie den Glauben der Muslims nicht annehmen will, ein treuer Black Muslim ist und nicht die Absicht hat, sich von ihnen abzuwenden.« Doch während Ali das Recht habe, sich seine Religion selbst auszusuchen, »habe auch ich Rechte. Ich habe das Recht, die Black Muslims als eine Bedrohung der Vereinigten Staaten und eine Bedrohung der Negerrasse zu bezeichnen. Ich habe das Recht zu sagen, daß die Muslims schlecht sind. Würde ich die Muslims unterstützen, könnte ich ebensogut auch den Ku-Klux-Klan unterstützen.«
    Ali las diese Geschichten in
Sports Illustrated
und antwortete wütend. »Ich will, daß er übel zugerichtet wird, daß seine Rippen eingedrückt werden, und dann schlage ich ihnk. o.«, sagte er. »Ich bin Amerikaner, er aber ist ein tauber, stummer und blinder sogenannter Neger, der eine ordentliche Tracht Prügel braucht. Sie können davon ausgehen, das wird ein guter Kampf. Ich habe vor, an ihm vor aller Welt ein Exempel zu statuieren. Ich werde ihn für alles bestrafen, was er über mich in den Zeitschriften gesagt hat.«
     
    Spielte Ali die Rolle des aufsässigen Jack Johnson, so weckte Patterson die Erinnerung an Peter Jackson. Als John L. Sullivan Champion war, weigerte er sich, gegen den Farbigen Jackson anzutreten, der als einer der größten Boxer seiner Zeit galt. Jackson wurde in Westindien geboren und zog dann mit seiner Familie nach Australien, wo er 1880 Schwergewichtsmeister wurde. Damalige Beobachter meinten, er wäre bestimmt auch Weltmeister geworden, wäre ihm nur die Gelegenheit, darum zu kämpfen, gewährt worden. Einer seiner tapfersten Versuche fand 1891 statt, als er, dreißigjährig, gegen »Gentleman Jim« Corbett kämpfte und nach einundsechzig Runden ein Unentschieden erreichte. Um Geld zu verdienen, spielte Jackson sogar in einer Theateraufführung von Harriet Beecher Stowes Roman den Onkel Tom; nach Ende der Vorstellung machte Jackson den Oberkörper frei und absolvierte als »zusätzliche Attraktion« einen Schaukampf über drei Runden.
    Frederick Douglass und später auch der Schriftsteller James Weldon Johnson gehörten zu den schwarzen Führern, die Peter Jackson wegen seiner Geduld und der Würde, mit der er den Rassismus seiner Zeit ertrug, bewunderten. »Peter Jackson war in den Vereinigten Staaten das erste Beispiel eines Mannes, der in dem Glauben handelte, Preisboxer und kultivierter Gentleman zugleich sein zu können«, schrieb Johnson in seinem Buch
Black Manhattan
. »Seine Ritterlichkeit im Ring war so groß, daß Sportjournalisten ihm bisheute das zweifelhafte Kompliment eines ›weißen Farbigen‹ anhängen. Er war sehr beliebt in New York. Hätte Jack Johnson eine Haltung ähnlich der Peter Jacksons gehabt, wäre die nachfolgende Geschichte des Negers im Ring wohl etwas anders verlaufen.«
    1965 jedoch waren schwarze Intellektuelle weit entfernt davon, den kultivierten Gentleman als Vorbild zu akzeptieren. »Es sollte keine Peter Jacksons mehr geben, keine tragischen schwarzen Gentlemen mehr, die bei den Weißen als geistige Mulatten (›schwarze Haut, weißes Herz‹) galten«, schrieb Gerald Early. »Letztlich verurteilen (Eldridge) Cleaver und (Amiri) Baraka Floyd Patterson deshalb so vehement, weil er sich offenbar danach sehnte, endlich der moderne Peter Jackson zu sein. In den sechziger Jahren erlangte Jack Johnson wieder Anerkennung in Gestalt Muhammad Alis, der natürlich die unvermeidliche historische Neuausgabe Johnsons war.« Patterson sehnte sich danach, sich der Integration als würdig zu erweisen; in Alis Rhetorik dagegen hatten die Weißen die Integration nach allem, was sie den Schwarzen angetan hatten, nicht verdient.

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