King of the World
Mit der Begegnung Patterson gegen Ali mochte das Schema des guten Negers gegen den bösen für einen Großteil des weißen Publikums wieder klar gewesen sein, für die Schwarzen jedoch sah das ganz anders aus.
Was Ali vielleicht am meisten aufbrachte, war Pattersons Unterstellung, als Muslim sei er irgendwie kein Amerikaner. Es war zwar durchaus richtig, daß Ali von seiner Afrikareise inspiriert worden war, auch, daß er, während er dort war, die Afrikaner als »mein Volk« bezeichnete und von der Freude sprach, »nach Hause« zu kommen, dennoch war er durch und durch Amerikaner und auf dem besten Weg, ein amerikanischer Volksheld zu werden. Ali hatte vielleicht nicht W. E. B. Du Bois gelesen, doch er war ein lebendiges Beispielder »Zweiheit«, des »Doppelbewußtseins«, wie dieser es in
The Souls of Black Folk
beschrieben hatte.
»Patterson sagt, er wird den Titel nach Amerika zurückholen«, sagte Ali dem Journalisten und Biographen John Cottrell. »Wenn Sie nicht glauben, daß der Titel schon in Amerika ist, dann sehen Sie mal, wem ich meine Steuern zahle. Ich bin Amerikaner. Er aber ist ein taubstummer sogenannter Neger, der eine ordentliche Tracht Prügel braucht. Ich habe vor, ihn für das, was er gesagt hat, zu bestrafen, ihm Schmerzen zu bereiten. Der Mann hat zur falschen Zeit angefangen, mit dem falschen Mann zu reden. Wenn Floyd über mich redet, bringt er sich in eine ganz allgemeine Verlegenheit. Wir finden ebensowenig, daß die Muslims den Titel haben, wie die Baptisten ihn zu haben glaubten, als Joe Louis Champion war. Glaubt er denn, ich werde so dumm sein, seine Religion anzugreifen? Ich habe so viele katholische Freunde aller Rassen. Und wer bin ich denn, daß ich mich zu einer Autorität über die katholische Religion mache? Warum sollte ich mich denn zum Idioten machen? Er sagt, er will den Titel nach Amerika zurückholen. So wie ich mich verhalte, gehöre ich mehr nach Amerika als er. Warum soll ich mich denn von einem alten Neger zum Idioten machen lassen?«
Ali war äußerst zuversichtlich, daß er mit Patterson im Ring fertig würde. Er war jünger als Patterson, kräftiger als Patterson. Er hatte einen enormen Vorteil bei der Reichweite – achtundzwanzig Zentimeter. In allen Bereichen, in denen Patterson stark war – Schnelligkeit, Beinarbeit –, war Ali bei weitem stärker.
Zur Vorbereitung auf den Kampf wohnte Ali im El Morocco Hotel in Las Vegas, und er trainierte härter, als nötig war. Er hatte noch nicht jenes Stadium seiner Karriere erreicht, in dem er sich seine Zeit und Energie sorgfältig einteilte;zudem wollte er Patterson eine echte Abreibung zukommen lassen. Einer seiner Sparringspartner, Cody Jones, mußte Pattersons typische Bewegungen nachahmen: die »
peekaboo
«-Verteidigung, den Känguruhschlag. Manchmal verkehrte Ali aus Spaß die Rollen, imitierte Pattersons Haltung und seinen gesprungenen Haken. Alis Bruder Rahaman kam auch noch dazu und drosch auf Alis Körper ein, obwohl Patterson dies wahrscheinlich gar nicht tun würde.
Unterdessen hatten Bundini und Ali wieder eine ihrer Streitereien. Die Muslims im Camp fanden es nicht so gut, daß Bundini trank und weißen Frauen nachstellte, und als Bundini zugab, Alis Meisterschaftsgürtel verpfändet zu haben, wurde der Rausschmiß unausweichlich. Erst als Ali selbst aus dem Exil zurückkam, kehrte Bundini wieder in dessen Ecke zurück. Und so war Ali seinen wichtigsten Cheerleader los. Diesmal brauchte er ihn wohl auch nicht. Fünf Tage vor dem Kampf nahm Ali sich frei und besuchte Elijah Muhammad in Arizona, wo dieser sich wegen seines Bronchienleidens ein Haus gekauft hatte.
Seit seinen Niederlagen gegen Liston hatte Patterson einen italienischen Kaffeehändler namens Sante Amonti, Machen, Charlie Powell, George Chuvalo und Tod Herring geschlagen. Besonders der Sieg über Chuvalo, einen Mann aus Toronto mit einem harten Punch, hatte ihm Mut gemacht. Er fand, daß er seinen Stil und auch seinen Kopf wieder auf die Reihe bekommen hatte. Er fühlte sich bereit. »Für Liston war ich eigentlich nicht bereit«, sagte Patterson. »Für Clay dagegen war ich bereit.«
In der Regel war Patterson für Reporter sehr zugänglich, doch je näher die Kampfwoche rückte, desto mehr schottete er sich ab, wurde unnahbar. In der Stadt kursierten Gerüchte, Patterson habe wieder seine alte Verkleidung in die Arena mitgebracht. Patterson bestritt das.
»Ich setzte so große Hoffnungen auf den Kampf, so viel stand für mich auf
Weitere Kostenlose Bücher