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King of the World

King of the World

Titel: King of the World Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Remnick
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höhnisch auf, sich noch mehr anzustrengen, noch härter zu schlagen.
    »Schluß mit dem Gerede!« sagte ihm der Ringrichter Harry Krause, doch Ali dachte nicht daran.
    Ali brachte Patterson schlimme Treffer bei, ließ Haken gegen seinen Kopf regnen, und dennoch schien er sich damit zu begnügen, Patterson auf den Beinen und das Spektakel am Laufen zu halten. Er wollte – oder konnte – es nicht beenden. In der sechsten Runde war Patterson so erschöpft und zerschlagen, daß er sich nach einem linken Haken auf ein Knie fallen und sich einfach ein paar Sekunden anzählen ließ. Doch aufgeben wollte er nicht, und Ali wollte dem Spiel kein Ende machen. Am Ende jeder Runde winkte Ali Patterson verächtlich zu. Im Clinch nannte er ihn Onkel Tom, Onkel Tom, Nigger der Weißen.
    »Überlegenheit!« brüllte er Patterson an. »Bringt mir einen Herausforderer!«
    »Ali, schlag ihn um Gottes willen k. o.!« schrie Dundee durch die Seile.
    Robert Lipsyte von der
Times
, der vorn am Ring saß, meinte, Ali gehe mit Patterson um wie ein grausames Kind mit einem Schmetterling, dem es die Flügel herausreißt. Mit diesem Vergleich begann er seinen Bericht in der Ausgabe am nächsten Morgen.
    Harry Krause wollte den Kampf nach der elften Runde beenden, doch Patterson ließ das nicht zu. Er war nach wie vor der einzige, der den Schwergewichtstitel zweimal gewonnen hatte, und nun kämpfte er ein drittes Mal darum. Krause war nicht derjenige, der ihm das verwehren wollte. Erst in der zwölften Runde wurde klar, daß eine Fortsetzung des Kampfs zuzulassen bedeuten würde, an bleibenden Schäden Pattersons mitschuldig zu werden.
    »Ich wollte von einem Treffer fallen, der eines Knockouts auch würdig war«, gab Patterson später gegenüber Talese zu. »Aber in der zehnten und elften Runde landete Cassius Clay nichts Gescheites. Er jabbte nur. Dann, in der zwölften, schlug Clay plötzlich wie ein Wilder. Er ging noch immer kein Risiko ein, aber er kam und landete Treffer um Treffer, hier, hier, hier, hier – ich bekam Treffer überall am Kopf, und dann geschah etwas ganz, ganz Seltsames. Ein Glücksgefühl überkam mich. Ich wußte, daß das Ende bevorstand. Der Schmerz, mich im Ring aufrecht zu halten, das scharfe Messer in meinem Rücken, das jede Bewegung mitmachte, damit würde es bald vorbei sein, und ich würde bald weg sein. Und während Clay Punch um Punch landete, war ich groggy und glücklich. Vielleicht erinnern Sie sich, wenn Sie den Film von diesem Kampf gesehen haben, wie ich mich zum Ringrichter hindrehte und den Kopf schüttelte: ›Nein, nein!‹ Viele glaubten, ich protestierte gegen seine Entscheidung, den Kampf zu beenden. Aber in Wirklichkeitprotestierte ich dagegen, daß er die Punchs beenden wollte. Ich wollte von einem richtig guten getroffen werden. Ich wollte von einem richtig guten Punch umgehauen werden, nur so k. o. gehen.«
    Krause beendete den Kampf nach zwei Minuten und achtzehn Sekunden in der zwölften Runde. Pattersons Betreuer trugen ihn praktisch aus dem Ring. Wie immer nach einer Niederlage meinte er, sich entschuldigen zu müssen. »Ich kann es viel, viel besser, das weiß ich«, sagte er.
    Den Zuschauern hatte der Kampf überhaupt nicht gefallen. Als Ali durch die Seile stieg und die Treppe hinunterging, erschollen wieder Buhrufe. Wie viele der Journalisten am Ring, hatten die Fans an dem Abend bei Ali wohl Grausamkeit entdeckt. Sie glaubten, er habe Patterson durch die Runden geschleppt. Ali bestritt das, wenn auch etwas lahm, wenn er sagte: »Ich habe ihn so regelmäßig und so hart getroffen, daß ich mich zurückhalten mußte, um mich nicht selbst kaputt zu machen.«
    Ali ging zur Siegesparty im Sands Hotel in Begleitung von zwanzig Mitgliedern der Nation of Islam und drei Muslim-Frauen aus Pakistan. Seine rechte Hand war so wund, daß er die Glückwünsche nur mit der linken entgegennahm.
    Abseits, in einer Ecke, saß Sonji und beobachtete Ali. Sie weinte, und es oblag Bundini, ihrem Mitverbannten, sie zu trösten.
    »Geh in den Salon und reiß dich zusammen«, sagte er zu ihr. »Du willst doch nicht, daß die ganzen Leute hier sehen, wie du weinst. Davon geht die Welt nicht unter.«
    Als Sonji ging, folgten ihr Alis Blicke durch den Raum.
    »Sie liebt ihn, und er liebt sie«, sagte Bundini einem Freund aus Louisville. »Es ist jammerschade, daß die Muslims sie trennen mußten. Sie klammert sich an die Hoffnung, daß Cassius sich irgendwann einmal von ihnen lossagt und sie zusich

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