King of the World
will mal so sagen – offiziell unterstützen wir Cassius Clay, um den Boxsport zu fördern, um etwas Nettes für einen verdienstvollen, anständigen Jungen aus Louisville zu tun und schließlich, um ihn vor den Fängen der Gangsterschakale zu schützen«, sagte er. »Ich glaube, zu fünfzig Prozent stimmt das, aber die anderen fünfzig sind Humbug. Ich möchte, genau wie einige andere auch, einfach nur einen Haufen Geld machen. Vielleicht wissen Sie ja, daß ein Kampf Clay gegen Liston einen Siegeranteil von drei Millionen Dollar bringt. Wenn Sie das aufteilen, kriegt Cassius eineinhalb Millionen und das Syndikat ebenfalls eineinhalb. Im besten Fall bleiben dabei an mir 150 000 Dollar hängen.«
So zynisch das auch klingt, war es doch nichts verglichen mit dem Zynismus des üblichen Publikums bei einem Kampf. Neben den mafiosen Managern Sonny Listons und Hunderten anderer Boxer vor ihm war die Louisville Sponsoring Group ein missionarisches Unternehmen, ein gönnerhaftes Jim-Crow-Abenteuer. Mit der Annahme des Deals erhielt Clay sofort 10000 Dollar Unterschriftsprämie (mehr als genug, um seinen Eltern einen Cadillac zu kaufen), eine Garantie über je 4800 Dollar für die ersten beiden Vertragsjahre sowie einen Erlösanteil für die folgenden vier Jahre bis zum Vertragsende von jeweils 6000 Dollar. Das Syndikat und Clay vereinbarten, alle Bruttoeinkünfte zu gleichen Teilen aufzuteilen, wobei die Gruppe noch für Trainings- und Fahrtkosten aufkam. Fünfzehn Prozent von Clays Profit sollten in einen Rentenfonds fließen, an den er erst ab dem fünfunddreißigsten Lebensjahr herankommen sollte. Dieseletzte Vereinbarung, die verhindern sollte, daß Clay einer jener Kämpfer wurde, denen am Ende ihrer Karriere nur noch Verletzungen und trübe Erinnerungen blieben, irritierte ihn doch zuweilen.
»Ich will kein Geld auf der Bank«, sagte Clay später. »Ich will es in Immobilien, wo ich dann auf ein Grundstück mit einer Wohnung drauf zeigen und sagen kann: ›Da, das gehört mir.‹ Ich will es sehen können. Die Bank könnte ja abbrennen oder so was. Ich will mir nicht über irgendwelche Aktien den Kopf zerbrechen müssen oder einen Haufen Anlagen haben oder meine ganze Zeit damit verbringen, mich darum zu kümmern.« Angesichts der Art und Weise, wie er sein Geld ausgab, und seiner Großzügigkeit während all der Jahre der Familie, Freunden und Gefolgsleuten gegenüber war der Rentenplan wahrscheinlich der vernünftigste Teil des ganzen Pakets.
In den ersten zwei Vertragsjahren überstiegen die Verluste die Gewinne, und so verheißungsvoll Clay auch an manchen Abenden wirkte, die Mitglieder der Louisville Group hielten ihren Kämpfer nicht für einen potentiellen Champion, schon gar nicht für den berühmtesten Mann seiner Zeit. Noch 1963 sagte Cutchins: »Wenn mir jemand vor einem Jahr gesagt hätte, daß Cassius internationales Format entwickeln würde, hätte ich gesagt, der raucht Marihuana.« Und Gordon Davidson sagte: »Man kann die Sache nicht als Goldgrube oder auch nur als finanzielles Wagnis sehen. Das waren Millionäre, die am Ende der sechs Jahre jeweils zehntausend Dollar investiert hatten – wovon sie noch einiges absetzen konnten – und schließlich pro Nase fünfundzwanzigtausend Dollar netto einstrichen, alles Kleckerkram.«
Als seine Unterstützung dann also stand, begann Clays Profikarriere. Am 29. Oktober 1960 verprügelte er den Polizeichefvon Fayetteville in West Virginia, Tunney Hunsaker, in einem Kampf über sechs Runden in der Freedom Hall in Louisville. Zur Vorbereitung auf sein Debüt hatte Clay hauptsächlich mit seinem Bruder Rudy gesparrt; sein Trainer für diesen Kampf war Fred Stoner, ein erfahrener Boxmann aus Louisville. Clay senior zog Stoner Martin vor, weil er ein Schwarzer war. Dennoch fanden weder Clay noch die Louisville Group, daß Stoner für einen ehrgeizigen Olympiasieger längerfristig der geeignete Mann war. Clay hätte Hunsaker k. o. schlagen müssen. Mit Punktsiegen über Angehörige der Ordnungsmacht von West Virginia würde er nicht weit kommen.
Eines der ersten Telegramme, die Clay nach seinem Sieg in Rom erhalten hatte, kam von Archie Moore, der noch immer Weltmeister im Halbschwergewicht war und in den Bergen bei San Diego ein Trainingslager hatte. Clay mochte Moore, als Kämpfer wie auch als Mensch. Und auch die Louisville Sponsoring Group mochte ihn, denn wenn Clay sich in Kalifornien niederließ, hieß das, daß der Vertrag mit ihm seine Gültigkeit
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