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King of the World

King of the World

Titel: King of the World Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Remnick
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behalten würde. Im Gegensatz zu anderen Staaten hatte Kalifornien ein Gesetz verabschiedet, nach dem Minderjährige mit festem kalifornischem Wohnsitz bindende Verträge unterschreiben durften und ein Gericht dazu bestimmen konnten, ihre Einkünfte zu überwachen, bis sie volljährig wurden. (Das Gesetz war in erster Linie zum Schutz von Kinderschauspielern geschaffen worden.) Anderswo konnten Minderjährige Verträge nach Belieben ignorieren; gleichzeitig waren ihre Einkünfte nicht vor habgierigen Verwandten oder irgendwelchen gesetzlichen Vertretern geschützt. Beide Seiten zogen die kalifornische Variante vor.
    Moore war immer ein cleverer Kämpfer gewesen, doch mit zunehmendem Alter und Kräfteverlust war er zum Euklid des Rings geworden, zu einem Meister des Winkels, indemer der Aggressivität der jungen Wilden auswich und einen präzisen Treffer landete, mit dem er die Sache beendete. Zudem redete er gern. Clays Wortschwall ging auf seinen Vater und die Hänseleien am Spielplatz zurück – er war der erste Rapper, der Vorläufer von Tupac Shakur und Puff Daddy –, Moore hingegen befleißigte sich der gewählten Sprache des Vaudeville-Engländers. (Es war wenig verwunderlich, daß Moore zu den Lieblingen A. J. Lieblings gehörte. Moores Redeweise ähnelte Lieblings Schreibweise, und die Vermutung liegt nahe, daß sie beide, bewußt oder unbewußt, eine symbiotische literarische Beziehung eingegangen sind.)
    Clay hatte sich Ray Robinson als Trainer ausgesucht, doch Robinson, eher eine Randfigur, hatte Bedenken. Trotzdem fuhr er nur wenige Tage, nachdem er Chief Hunsaker abgefertigt hatte, nach Ramona in Kalifornien in Moores Trainingscamp, das dieser »Salt Mine«, »das Salzbergwerk«, genannt hatte. Clay fand den Ort wunderbar. Die Boxhalle, genannt »Bucket of Blood«, der »Eimer voll Blut«, war eine große Scheune, auf deren Tor ein Schädel gemalt war. Davor lagen Felsbrocken verstreut, Andenken an die großen Kämpfer der Vergangenheit; auf die Steine waren die Namen von Männern wie Jack Johnson, Ray Robinson und Joe Louis gemalt. Jahre später, als Clay sein eigenes Camp in Deer Lake, Pennsylvania, hatte, errichtete er ähnliche Monumente.
    Moore war von Clays Ernsthaftigkeit sogleich beeindruckt. Er staunte, wie dieser die steilen Hänge um das Camp herum hinauf- und hinunterlief und erst stehenblieb, wenn Moore es verlangte. Da Moore selbst ein innovativer Boxer gewesen war, fand er an Clays unorthodoxem Boxstil, den tiefhängenden Händen, dem Herumtänzeln, nichts Schlimmes. Er sah in Clay ein unbegrenztes Potential und wollte ihn behalten. »Mir gefiel sein Tempostil, auch wenn er nicht annäherndso schnell war, wie er ein, zwei Jahre später sein sollte«, sagte Moore. »Im Hinterkopf dachte ich, da ist nun endlich einer, der Joe Louis hätte k. o. schlagen können, denn weiß Gott, ich hätte es nicht gekonnt.« Doch Moore mangelte es an der psychologischen Flexibilität, die Clay bei einem Trainer brauchte. Moore besaß noch immer die Eitelkeit des Kämpfers, und die wurde von Clays Eitelkeit verletzt. Als Moore versuchte, ihm Möglichkeiten eines frühen K.-o.-Schlags nahezubringen – »Weich dem Schlag aus, geh runter und hau ihn weg! Dann mach weiter!« –, rebellierte Clay, wenn auch nur verbal, und meinte, er wolle kein zweiter Archie Moore werden, sondern ein Sugar Ray im Schwergewicht.
    Die Salt Mine war ein spartanisches Camp ohne jegliche Hilfskräfte. Von den jungen Kämpfern wurde erwartet, daß sie selbst mit anpackten, putzten und spülten, Holz für den Herd hackten, alle möglichen Arbeiten auf dem Gelände erledigten. Doch dazu hatte Clay, der zu Hause von seiner Mutter verwöhnt worden war, keine Lust. Er wollte trainieren und sparren.
    »Archie, ich bin nicht hergekommen, um Geschirrspüler zu sein«, sagte er. »Ich spüle nicht ab wie eine Frau.«
    Schließlich erledigte Clay seine Pflichten doch, aber er machte deutlich, daß er nicht sonderlich begeistert davon war. Kurz, ein Ende seines Aufenthalts war absehbar. Moore wollte Clay nicht nur wegen der Trainingsgebühren behalten, die er von der Louisville Group bekam, sondern auch aus rein sportlichen Gründen – Clay war für ihn ein Kämpfer, der angeleitet werden wollte, der auf eine Chance aus war, den Titel zu gewinnen. Doch nach einigen Wochen rief Moore bei Faversham in Louisville an.
    »Ich glaube, ich muß Sie bitten, den Jungen abzuholen«, sagte Moore. »Meine Frau ist verrückt nach ihm, meine Jungensind

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