King of the World
verrückt nach ihm, und ich auch, aber er tut einfach nicht, was ich ihm sage. Er glaubt, ich will seinen Stil ändern, aber ich versuche doch nur, ihn zu erweitern.«
Faversham, der Sprecher und Anführer der Väter von Louisville, meinte, vielleicht brauche Clay einfach nur eine »gehörige Tracht Prügel«.
»Ganz bestimmt«, sagte Moore, »aber ich weiß nicht, wer ihm die verabreichen soll. Mich eingeschlossen.«
Vor der Öffentlichkeit suchten die Mitglieder der Louisville Group den Eindruck zu vermeiden, daß die Aufsässigkeit des Kämpfers sie störte. »Cassius gibt sich wirklich alle Mühe«, sagte Faversham. »Manchmal redet er schon ein bißchen viel, aber wir haben nichts daran auszusetzen. Er hat sich entschieden, ein Image aufzubauen, und daran arbeitet er.«
Nachdem Faversham sich unter den verfügbaren Trainern umgeschaut hatte, überredete er Angelo Dundee, Clay zu übernehmen. Dundee hatte gute Erinnerungen an seine Begegnungen mit Clay, als er mit Pastrano und anderen Kämpfern wie Ralph Dupas, Luis Rodriguez und Joey Maxim in Louisville gewesen war.
»Ich wollte die Sache mit Cassius zwei Monate aufschieben, aber haben Sie schon mal gehört, daß er bei irgend etwas lockerließ?«
Angelo Dundee war das fünfte von sieben Kindern analphabetischer Einwanderer aus Kalabrien. Die Familie hieß ursprünglich Mirena, doch als einer von Angelos Brüdern unter dem Namen Joe Dundee (»der boxende Aschemann«), der ein Tribut an einen italienischen Federgewichtsmeister aus den zwanziger Jahren sein sollte, zu boxen begann, nahmen auch Angelo und sein Bruder Chris diesen Namen an. Während des Krieges arbeitete Angelo als Flugzeugprüferund ging danach zur Marine. 1948 ging er nach New York zu Chris, der dort als Manager arbeitete. Chris Dundee hatte enge Verbindungen zur Schattenwelt des Boxgewerbes jener Zeit und bekam grünes Licht, in Miami sein Lager als Promoter aufzuschlagen. »Sicher hatten die Dundees, insbesondere Chris, zu der Zeit einige zweifelhafte Bekanntschaften«, sagte Gordon Davidson, »aber bei unserer Suche nach einem Trainer wußten wir, daß keiner eine reine Weste hatte. So war das Boxgewerbe damals eben. Verglichen mit allen anderen war Angelo Dundee das Beste, was man kriegen konnte.« Das Fernsehen forderte seinen Tribut von den kleinen Clubs im Nordosten, und die großen Geister des Sports glaubten, aus Miami, wo viel Touristengeld floß, ein Boxzentrum machen zu können. Chris Dundee begann mit Box- und Wrestlingveranstaltungen in der Convention Hall und weiteren kleineren Arenen, und Ende der fünfziger Jahre stieß Angelo zu ihm. Mit seiner jahrelangen Erfahrung aus New York und seinem Bruder als lokaler Größe holte Angelo sich schnell seine Kämpfer zusammen, vor allem Flüchtlinge aus Kuba und dem übrigen Lateinamerika.
Die Zentrale der Dundees war ein heruntergekommener, ratten- und termitenverseuchter Bau an der Washington Avenue Ecke Fifth Street in Miami Beach namens The Fifth Street Gym. Durch eine Tür neben einer Apotheke und über eine wacklige Treppe gelangte man in den ersten Stock, wo man zumeist von Emmett »the Great« Sullivan begrüßt wurde, einem gebeugten alten Mann mit schlabberiger Kleidung und einer kalten Zigarre, die in seinem zahnlosen Mund klemmte. Der Eintritt betrug fünfzig Cent, und wenn man den Versuch unternahm, sich so hineinzuschmuggeln, beschimpfte Sullivan einen als »Schildkröte« und verweigerte einem sein unbezahlbares Lächeln. Drinnen gab es zwei verschwiemelte Fenster, auf die ein Paar Boxhandschuhe unddie Worte »Fifth Street Gym« gemalt waren. Der Sperrholzboden war von Tausenden tänzelnder Boxschuhe glatt gescheuert. Es gab einen Ring, Bretterbirnen, einen Sandsack, Massagetische, zwei nackte Glühbirnen, ein paar Kampfplakate und in einer Ecke Chris Dundees Schreibtisch. Das Camp war damals die Heimstatt von Boxern wie Sugar Ramos, Mantequilla Napoles und Luis Rodriguez, die allesamt Meister waren, sowie Anwärter auf Titelkämpfe wie Florentino Fernandez, Baby Luis und Robinson Garcia. An den meisten Nachmittagen stand das Stammpublikum (das Pugilistic College of Cardinals, wie man es nannte) um den Ring herum und fachsimpelte über den Punch eines Kandidaten. Hauptsächlich waren es alte, fette Figuren, Figuren mit übelriechenden Zigarren, Figuren mit Namen wie Sellout, Chicky oder Evil Eye. »Diese Kerle sagten alle über Muhammad das, was auch die Sportreportertypen sagten, nämlich daß er die Hände zu
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