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King of the World

King of the World

Titel: King of the World Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Remnick
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Kundgebungen, auf denen schwarze Demonstranten ihre Empörung über ein Land äußerten, das seine Schwarzen nur feierte, wenn sie einen Football trugen oder in einem sechs mal sechs Meter großen Ring boxten.
    Im Winter 1963/64 verkündete der eigentliche Boxreporter der
Times
, Joe Nichols, der Kampf Liston gegen Clay werde ein Flop, und er selbst werde die Saison damit verbringen, über die Pferderennen in Hialeah zu berichten. Also wurde Lipsyte damit beauftragt.
    Anders als Jimmy Cannon und die anderen Dorfältesten war er fasziniert von Clay. Für ihn war er ein witziger, gutaussehender, gewandter junger Mann, der einem das Notizbuch in einer Viertelstunde füllen konnte.
    »Clay war einzigartig, aber für mich war er kein Wesen aus dem Weltall«, sagte Lipsyte. »Für Jimmy Cannon war er, verzeihen Sie den Ausdruck, ein schnöseliger Nigger, und damit kam er nicht zurecht. Die Schwarzen, die er mochte, waren Schwarze aus den dreißiger und vierziger Jahren. Die wußten, wo sie hingehörten. Joe Louis nannte Jimmy Cannon lange ›Mr. Cannon‹. Er war ein bescheidener Junge. Und da kommt nun Cassius Clay, reißt das Maul auf, ist aggressiv und laut, und das war für so manche Sportjournalisten wie Cannon ein Schock. Es war eine Übergangszeit. Bei Clay mußten die Leute aufstehen und sagen, auf welcher Seite sie standen.
    Clay brachte die natürliche Ordnung der Dinge in zweierlei Hinsicht aus den Fugen. Die Vorstellung, daß er ein lauter Prahlhans war, brachte diesen edlen Sport in Mißkredit. Das jedenfalls sagten Leute wie Cannon. Da war es dann egal, daß Rocky Marciano ein Bauer war, der bei Sportveranstaltungen im T-Shirt auftauchte, damit die Leute dort ihm erst mal was Gutes zum Anziehen kauften. Sie sagten, Clay mangele es an ›Würde‹. Clay vereinte Little Richard und Gorgeous George. Er war nicht das niedliche dumme Schätzchen, das die Sportjournalisten gewöhnt waren. Clay brauchte sie auch nicht als Prisma, um seinen Weg zu finden. Er transzendierte die Sportpresse. Jimmy Cannon, Red Smith und viele andere waren einfach entsetzt. Die haben den Spaß daran nicht gesehen. Und das war es vor allem, ein großer Spaß.«
     
    Eine Woche vor dem Kampf legte Clay sich auf einen Massagetisch im Fifth Street Gym und sagte zu den Reportern, die um ihn versammelt waren: »Ich mache Geld, der Popcornmann macht Geld und auch der Biermann, und ihr habt was, worüber ihr schreiben könnt.«
    Am nächsten Tag hörte Lipsyte, daß die Beatles im Fifth Street Gym vorbeischauen würden. Der Besuch war natürlich von dem unentwegt ausgeschlafenen Harold Conrad arrangiert, der für MacDonald die PR -Arbeit machte. Die Beatles waren in Miami, um in der
Ed Sullivan Show
aufzutreten. Sogar Liston war dort gewesen und war nicht sonderlich beeindruckt. Als die Beatles ihre neueste Single herunterspielten, wandte sich der Champion zu Conrad und meinte: »Sind das die Wichser, wegen denen die Leute so rumkreischen? Mein
Hund
spielt besser Schlagzeug als dieser Gnom da mit der dicken Nase.« Conrad glaubte, Clay könne ein bißchen mehr Verständnis aufbringen.
    Lipsyte war sechsundzwanzig, Mitglied der Rock and Roll-Generation, und er erkannte, daß eine Begegnung Clays mit den Beatles, auch wenn alles fauler Zauber war, ein Zusammentreffen zweier Vertreter des Neuen war, die die Sechziger prägen würden. Die älteren Kolumnisten paßten, er aber sah eine Geschichte darin.
    Die Beatles kamen. Sie waren noch in ihrer Pilzkopfphase, waren sich ihrer Wirkung aber durchaus bewußt. Von Clay war nichts zu sehen, und Ringo Starr war sauer.
    »Wo is’n dieser Clay, verflucht?« sagte er.
    Um ein bißchen die Zeit totzuschlagen, stellte Ringo Lipsyte und einigen Reportern die Bandmitglieder vor, wobei er allerdings George Harrison als Paul und Lennon als Harrison vorstellte. Schließlich riß Lennon der Geduldsfaden.
    »Kommt, wir hauen ab«, sagte er. Doch zwei Nationalgardisten aus Florida versperrten ihnen den Weg und sorgten dafür, daß sie so lange blieben, bis Clay auftauchte.
    »Hallo, Beatles«, sagte Cassius Clay. »Wir müßten mal ein paar Tourneen zusammen machen. Wir würden reich werden.«
    Die Fotografen stellten die Beatles im Ring auf, und Clay markierte einen Schlag, mit dem er sie alle niederstreckte: den Dominoschlag.
    Nun begannen die Zukunft der Musik und die Zukunft des Sports über das Geld zu reden, das sie machten, und das Geld, das sie noch machen würden.
    »Ihr seid gar nicht so dumm, wie ihr

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