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King of the World

King of the World

Titel: King of the World Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Remnick
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einen Plan verfolgte. Er bestätigte meine Vermutung, daß er das alles nur tat, um Sonny Liston in die Irre zu führen und ihn dazu zu provozieren, schlecht trainiert, aber voller Wut und mit übertriebenerSiegeszuversicht in den Ring zu steigen, er werde auch diesen Kampf schon in der ersten Runde durch einen seiner berüchtigten K.-o.-Schläge entscheiden.«
    Anfang 1963 wurde Malcolm X von Elijah Muhammad zunehmend desillusioniert. Er erkannte, daß Muhammad entgegen all seinen Erklärungen zu moralischer Rechtschaffenheit und Disziplin mindestens zwei seiner Sekretärinnen geschwängert hatte. Um sie zu verführen, hatte er ihnen erzählt, seine Frau sei für ihn tot – genauso, wie die Frau des Propheten Mohammed für diesen tot gewesen sei –, und er habe daher den göttlichen Auftrag, nach Jungfrauen zu suchen und so seinen heiligen Samen zu verbreiten. Agenten des FBI wußten aufgrund ihrer ausgiebigen Spionagetätigkeit gegen die Nation of Islam schon seit 1959 von Elijah Muhammads diversen Kindern und hatten Gerüchte darüber mittels anonymer Briefe in Umlauf gebracht. Doch die Black Muslims waren loyal gegenüber dem Sendboten, und die Schmutzkampagne hatte nur geringe Wirkung. Malcolm, der streng enthaltsam lebte, erkannte auch die finanzielle Korruption der Nation, die Ansammlung von Immobilien, Schmuck, Luxusautos. Malcolm bezweifelte Muhammads Verkündung, daß Fard die Inkarnation des Erlösers Allah sei, eine Behauptung, die dem orthodoxen Islam widersprach; sogar die heftigen Denunziationen des weißen Mannes als Teufel weckten Zweifel in ihm. Nach und nach sprach er weniger von Überlegenheit und mehr von der Notwendigkeit von Brüderlichkeit.
    Mitte November 1963 widersetzte er sich dem Verbot der Nation, sich an weltlichen Aktivitäten in der Welt der Weißen zu beteiligen, indem er einen Boykott weißer Ladenbesitzer unterstützte, die sich weigerten, schwarze Arbeitskräfte zu beschäftigen. Für die Anführer der Nation of Islam hatte er sich damit als nicht mehr beherrschbar erwiesen;er mußte zum Schweigen gebracht werden. Einige Wochen später, nach dem Anschlag auf John F. Kennedy, verschickte Elijah Muhammad an seine wichtigsten Prediger die schriftliche Weisung, sich jeglichen Kommentars zu diesem Ereignis zu enthalten. Malcolm warnte er zusätzlich noch telefonisch. Elijah Muhammad war, was die weißen Führer der Vereinigten Staaten anging, nicht sonderlich taktvoll, doch er war sich sehr bewußt, daß in diesem Moment, während das ganze Land trauerte, ein falscher Kommentar, ein falscher Zungenschlag der Nation of Islam schaden könnten.
    Ein paar Tage später hielt Malcolm X im Manhattan Center in Harlem eine Rede, in der er ausführte, daß der moderne weiße Mann genau wie in den Tagen Noahs und in den Tagen Lots als Bestrafung seiner Sünden nur Katastrophen erwarten könne. Nach der förmlichen Ansprache stand eine Frau im Publikum auf und stellte eine Frage zum Attentat auf Kennedy. Nun hielt Malcolm sich nicht mehr zurück. Er sagte, der Mord stehe für »die Hühner, die zum Schlafen nach Hause kommen«, also für Taten, die auf ihren Urheber zurückfallen. Das weiße Amerika habe, so sagte er, jahrelang alle seine Kräfte darauf verwandt, die Schwarzen im Inund Ausland zu unterdrücken, und nun komme all das zurück, um seine Anführer zu quälen. Die Menge in Harlem johlte, und dann fügte Malcolm hinzu, ihn als Farmjungen hätten »Hühner, die zum Schlafen nach Hause kommen, nie traurig gemacht. Ich habe mich immer darüber gefreut.«
    Diese Zitate standen am nächsten Tag in der
New York Times
, worauf Elijah Muhammad Malcolm X sogleich zu sich nach Chicago bestellte.
    »Hast du heute morgen die Zeitungen gelesen?« fragte Muhammad.
    »Ja, Sir, das habe ich.«
    »Das war eine sehr schädliche Äußerung«, sagte er. »Das Land hat diesen Mann geliebt. Das ganze Land trauert. Der Zeitpunkt war sehr ungeschickt gewählt. Eine solche Äußerung kann für die Muslims in ihrer Gesamtheit sehr schwere Folgen haben. Ich muß dich für die nächsten neunzig Tage zum Schweigen verurteilen – damit die Muslims überall Gelegenheit bekommen, von deiner Äußerung abzurücken.«
    »Sir, ich stimme Ihnen zu und füge mich Ihrer Anordnung hundertprozentig.«
    Elijah Muhammad war entschlossen, Malcolm noch weiter zu isolieren, als er es bei ihrer Unterredung erkennen ließ. Er wies die Zeitung der Sekte,
Muhammad Speaks
, sogleich an, ein Gedenkfoto von John F. Kennedy auf die

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