Kinsey Millhone 01 - Nichts zu verlieren
überprüfen.«
»Schießen Sie los«, sagte er im Hinsetzen.
»Haben Sie mir nicht früher einmal gesagt —«
»Vorige Woche«, warf er ein.
»Jaja, wahrscheinlich. Sie sprachen davon, daß Fifes Geschäftsbücher in den Computer kommen sollten.«
»Klar, sie stellten alles um. Hat uns enorm die Arbeit erleichtert, und auch für die Klienten ist es besser. Besonders, wenn die Steuern fällig werden.«
»Aber was, wenn die Bücher frisiert waren?«
»Sie meinen Unterschlagung?«
»In einem Wort«, sagte ich ironisch. »Hätte sich das nicht ziemlich schnell gezeigt?«
»Unbedingt. Sie glauben, Fife hat seine eigenen Konten gemolken?«
»Nein«, sagte ich langsam, »aber ich glaube, Charlie Scorsoni hat es getan. Das gehört mit zu den Fragen, die ich Ihnen stellen muß. Könnte er von dem Vermögen, die er damals verwaltete, Geld abgesahnt haben?«
»Sicher. Das geht, und allzu schwer ist es auch nicht«, sagte Garry fachmännisch, »aber es könnte verflixt schwer festzustellen sein. Kommt ganz darauf an, wie er es gedreht hat.« Er überlegte einen Moment und erwärmte sich anscheinend für das Thema. Er zuckte die Achseln. »Zum Beispiel könnte er eine Art Sonderkonto oder ein Treuhandkonto für alle von ihm verwalteten Vermögen eingerichtet haben — vielleicht zwei oder drei Scheinkonten innerhalb seines Gesamtkontos. Ein großer Dividendenscheck geht ein, er zweigt einen Teil des Betrags von dem Vermögen, dem er gutgeschrieben werden soll, ab und leitet ihn statt dessen auf ein Scheinkonto.«
»Könnte Libby gemerkt haben, daß etwas nicht stimmte?«
»Durchaus. Sie war für solche Sachen sehr begabt. Sie hätte die Beträge in Moodys Dividendenbuch nachschlagen müssen, wie alle Dividenden nach Firmen geordnet aufgeführt sind. Wenn dann irgendeine Unstimmigkeit auftauchte, hätte sie Belege oder Nachweise anfordern können: Bankauszüge, eingelöste Schecks, dergleichen mehr.«
»Tja, also Lyle erzählte mir vorige Woche, daß da eine Menge Anrufe hin und her gegangen sind, irgendein Anwalt sei zum Abendessen hergekommen. So kam ich schließlich auf den Gedanken, daß Charlie eine Affäre mit ihr eingefädelt haben könnte in der Hoffnung, sie würde ihn decken...«
»Vielleicht hat er ihr auch einen Anteil angeboten«, sagte Garry.
»O Gott. Hätte sie sich darauf eingelassen?«
Garry zuckte die Achseln. »Hey, wer weiß? Hätte er denn?«
Ich starrte auf seinen Schreibtisch hinunter. »Ja, ich glaube«, sagte ich. »Wissen Sie, es hieß die ganze Zeit, sie hätte was mit einem Anwalt aus Santa Teresa gehabt, und wir nahmen alle an, es sei Fife gewesen, weil sie beide auf die gleiche Art gestorben sind. Aber wenn ich mit dieser Unterschlagungsgeschichte recht habe, dann brauche ich Beweise dafür. Sind die Akten noch bei Ihnen zu Hause?«
»Nein, ich hab sie sogar hier. Ich dachte, ich könnte in der Mittagspause mal einen Blick reinwerfen. Ich bin nämlich auf Hüttenkäse, und das ist eh kein Essen. Ich hatte sie gestern schon mitgebracht, aber dann kam was dazwischen. Jetzt, wo Sie’s erwähnen — ich glaube tatsächlich, daß sie an dieser Bilanz arbeitete, als sie starb, denn die Polizei fand ihre Aktentasche bei ihr zu Hause«, sagte er. Er warf mir einen neugierigen Blick zu. »Wie sind Sie auf ihn gekommen?«
Ich schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht. Es schoß mir plötzlich durch den Sinn, und es paßte. Charlie erzählte mir, Fife hätte irgendwann in der Woche, bevor er starb, einen Ausflug nach Los Angeles gemacht, aber da glaube ich nicht dran. Ich halte es für wahrscheinlich, daß Charlie den Ausflug selbst unternommen hat, und das muß ein oder zwei Tage nach Laurences Tod gewesen sein. Libby hatte eine Flasche mit Tranquilizern, und ich glaube, davon hat er einige ausgetauscht — wer weiß, vielleicht alle. Das werden wir nie erfahren.«
»Himmel. Hat er Fife auch umgebracht?«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, ich weiß, wer Fife umgebracht hat. Meiner Vermutung nach sah Charlie dadurch einen rettenden Ausweg. Vielleicht wollte Libby nicht mitspielen, oder sie hatte gedroht, ihn anzuzeigen, obwohl ich weder für das eine noch das andere Beweise habe.«
»Hey, die kommen noch«, sagte er zuversichtlich. »Wenn es welche gibt, dann finden wir sie auch. Ich fange noch heute nachmittag mit den Akten an.«
»Gut«, sagte ich. »Das fände ich nett.«
»Passen Sie auf sich auf.«
Wir gaben uns über den Schreibtisch hinweg die Hand.
Auf der Rückfahrt nach
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