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Kinsey Millhone 03 - Abgrundtief

Kinsey Millhone 03 - Abgrundtief

Titel: Kinsey Millhone 03 - Abgrundtief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Röntgenbuch gemacht hatte. Vielleicht befindet sich die Waffe in der Leiche. Ich dachte noch kurz darüber nach, konnte jedoch nicht einsehen, warum ich es nicht einfach versuchen sollte. Das Schlimmste, was passieren konnte (abgesehen davon, erwischt zu werden), war, daß ich meine Zeit vergeudete und als kolossaler Trottel dastand. Das wäre ja nicht das erste Mal.
    Ich ließ die Handtasche und die Bücher auf einem der Röntgentische liegen und ging nach nebenan in den Leichensaal. Im Kühlraum erblickte ich eine Liege an der Wand zu meiner Rechten. Inzwischen war ich auf Fernsteuerung geschaltet, ich tat einfach das, wovon ich wußte, daß es getan werden mußte. Es gab noch immer keine Spur von Alfie Leadbetter, niemand würde mir also helfen können. Vielleicht lag ich ja falsch, also war es um so besser, daß niemand wußte, was ich vorhatte. Das Gebäude wirkte menschenleer, und es war noch recht früh. Selbst wenn ich mich mit der Röntgenapparatur äußerst ungeschickt anstellte, konnte ich dem Toten keinen Schaden zufügen.
    Ich rollte die Transportliege zu der Trage aus Fiberglas, auf der die Leiche lag. Ich tat einfach so, als sei ich eine Bedienstete des Leichenschauhauses. Ich tat so, als sei ich eine Röntgenexpertin oder Krankenschwester, eine durch und durch professionelle Person, die eine Aufgabe zu erledigen hatte.
    »Ich will dich ja nicht stören, Frank«, meinte ich, »aber ich brauch’ dich im Nebenraum für ein paar Tests. Du siehst nämlich nicht sehr gesund aus.«
    Zögernd faßte ich die Leiche an, indem ich jeweils eine Hand unter den Nacken und die Kniegelenke legte und kräftig zog, um sie von ihrem Ruheplatz auf das Rollbett zu hieven. Zu meiner Überraschung war sie sehr leicht und grausig kalt, ähnlich der Temperatur eines Paketes roher Hühnerbrust, das gerade aus der Tiefkühltruhe kommt. Du meine Güte, dachte ich, wieso muß ich mich ausgerechnet jetzt mit solchen Küchenvisionen rumschlagen? So würde das mit dem Kochenlernen nie etwas werden.
    Es bedurfte einer unglaublichen Manövrierarbeit, um die Transportliege quer durch den Leichensaal in den Flur hinaus zubekommen und sie dann durch den Empfangsbereich der Röntgenabteilung und schließlich in eines der hinteren Röntgenzimmer zu schieben. Ich plazierte die Liege mit der Leiche parallel zum Röntgentisch und schob die Leiche auf den vorgesehenen Platz. Versuchsweise hob und senkte ich den Röntgenkopf ein paarmal und führte ihn dann in einer an der Decke befestigten Schiene, bis er sich genau über Franklins Bauch befand. Jetzt mußte ich nur noch herausbekommen, in welcher Entfernung vom Körper er sich befinden mußte. Derweil fiel mir ein, daß ich, da ich ein paar Aufnahmen machen wollte, mich besser auf die Suche nach irgendeiner Art von Film machen sollte.
    Ich sah die vier Schränke im Raum durch und fand überhaupt nichts. Dann ging ich im Zimmer herum. An einer Stelle war ein an der Wand befestigter, schmaler Hängeschrank, der aussah wie ein Sicherungskasten mit Flügeltüren. An einer Seite klebte ein Streifen Kreppapier, auf dem mit Filzschrift geschrieben belichtet stand. Auf einem anderen Streifen stand unbelichtet. Diese Tür öffnete ich dann auch. Dahinter waren Filmkassetten verschiedener Größe wie Tablette übereinandergestapelt. Eine davon nahm ich heraus.
    Dann ging ich zum Tisch und vertiefte mich in den Entwurf der Apparatur. Dummerweise entdeckte ich oberhalb des Tisches keinerlei Schlitz, in den ich die Kassette hätte einschieben können, fand jedoch eine Art Schublade am Tisch selbst, und zwar genau unterhalb der gepolsterten Seite. Ich zog sie heraus und legte die Kassette ein. Ich hoffte, daß meine Vermutung darüber, welche Seite nach oben mußte, stimmte. Mir erschien es jedenfalls richtig. Wer weiß, vielleicht könnte ich auf diese Art eine völlig neue Karriere beginnen.
    Ich beschloß, daß Franklin keinen Schutz benötigte, deshalb schnappte ich mir die von Kopf bis Fuß reichende Bleischürze und legte sie mir an, wobei ich mir vorkam wie der Torwart bei einem Hockeyspiel. Ich hatte in der Tat noch nie einen Röntgenspezialisten mit einem solchen Ding herumlaufen sehen, aber es gab mir ein Gefühl der Sicherheit. Ich führte den Röntgenkopf über Franklins Bauch, in einer Höhe von etwa einem knappen Meter, und begab mich hinter die Schutzwand in einer Ecke des Raumes.
    Ich nahm mir noch einmal das Buch vor und blätterte so lange darin, bis ich die Schaubilder fand, die

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