Kinsey Millhone 03 - Abgrundtief
Handberührungen über der Bowle, heimliche Blicke durch den Raum. Es ist ein großer, aufregender Spaß, und später im Bett kichert man darüber wie ein paar Kinder, die die Erwachsenen hinters Licht geführt haben.«
»Aber warum Nola? Die ganze Idee ist absurd.«
»Überhaupt nicht. Sie ist eine schöne Frau. Vielleicht haben sie sich mal zufällig getroffen, und plötzlich funkte es zwischen ihnen. Oder vielleicht haben sie sich schon seit Jahren beobachtet. Eigentlich muß es im letzten Sommer begonnen haben, weil ich glaube, daß seine Beziehung zu ihr sich nicht lange mit der zu Carrie überschnitten haben kann. Er schien mir nicht der Typ zu sein, der zwei Verhältnisse zur gleichen Zeit laufen hat.«
Glens Miene veränderte sich, und mit sichtbarem Unbehagen sah sie mich an.
»Was ist?«
»Ich dachte gerade zurück. Derek und ich waren im vergangenen Sommer zwei Monate lang in Europa. Als wir zurückkamen, fiel mir auf, daß wir die Frakers plötzlich öfter bei uns sahen, aber ich habe mir nichts dabei gedacht. Sie wissen ja, wie das ist. In manchen Zeiten sieht man ein anderes Paar recht häufig, und dann verschwindet es für eine Weile wieder. Ich kann einfach nicht glauben, daß sie mir oder Jim das angetan hat. Ich komme mir vor wie ein eifersüchtiger Ehegatte, als wäre ich betrogen worden.«
»Aber Glen, ich bitte Sie. Vielleicht war es das Beste, was er je erlebt hat. Vielleicht hat es ihm geholfen, ein wenig erwachsen zu werden. Wer weiß? Bobby war ein guter Junge. Und überhaupt, was macht das jetzt noch für einen Unterschied?« fragte ich. Ich kam mir gemein vor, doch ich wollte nicht, daß sie mit diesem Mist anfing — die Verleugnung dessen, wer er gewesen war und was er getan hatte.
Ihre Wangen hatten einen feinen Rosaton angenommen, und sie warf mir einen kühlen Blick zu. »Ich habe verstanden. Allerdings begreife ich immer noch nicht, warum Sie mir das alles erzählen.«
»Weil es nicht meine Aufgabe ist, Sie vor der Wahrheit zu schützen.«
»Es ist auch nicht Ihre Aufgabe, Märchen zu erzählen.«
»Ja. Okay. Darnit haben Sie recht. Ich klatsche nicht des Klatsches wegen. Es besteht die Möglichkeit, daß dies alles mit Bobbys Tod zusammenhängt.«
»Wie?«
»Dazu komme ich noch, aber ich brauche zuerst Ihre Zusicherung, daß es unter uns bleibt.«
»Wo liegt der Zusammenhang?«
»Glen, Sie hören nicht zu. Ich werde Ihnen soviel erzählen, wie ich kann, doch ich kann Ihnen nicht alles sagen, und ich will nicht, daß Sie wütend werden. Wenn Sie hingehen und dies an irgend jemanden weitergeben, können Sie uns beide in Gefahr bringen.«
Ihre Augen wurden klarer, und ich merkte, daß sie endlich aufnahm, was ich da sagte. »Es tut mir leid. Natürlich. Ich werde keinem was sagen.«
Ich erzählte ihr kurz von Bobbys letzter Nachricht auf meinem Anrufbeantworter und von der Erpressungsgeschichte, die ich selbst noch nicht verstand. Ich verzichtete darauf, Sufis Rolle in all dem zu erwähnen, weil ich nach wie vor Angst hatte, Glen könnte die Sache selbst in die Hand nehmen und eine Dummheit begehen. Sie schien im Moment so labil zu sein, unzuverlässig wie ein Fläschchen Nitroglyzerin. Ein winziger Stoß, und sie konnte explodieren.
»Ich brauche Ihre Hilfe«, erklärte ich, als ich fertig war.
»Wobei?«
»Ich möchte mit Nola sprechen. Bisher habe ich noch keine Bestätigung für all dies, und wenn ich sie aus heiterem Himmel anrufe oder bei ihr vorbeigehe, könnte sie sich vor Angst in die Hosen machen. Ich möchte, daß Sie sie anrufen und versuchen, eine Verabredung für mich zu treffen.«
»Für wann?«
»Heute morgen noch, wenn’s geht.«
»Was soll ich ihr sagen?«
»Sagen Sie ihr die Wahrheit. Erzählen Sie ihr, daß ich Bobbys Tod untersuche, daß wir glauben, er könnte im vergangenen Sommer ein Verhältnis gehabt haben, und da Sie verreist waren, dachten Sie, vielleicht könnte sie ihn ja mit jemandem zusammen gesehen haben. Fragen Sie sie, ob sie etwas dagegen hätte, mit mir zu sprechen.«
»Wird sie keinen Verdacht schöpfen? Bestimmt wird sie sich denken können, daß wir auf sie aus sind.«
»Nun, ich könnte immerhin noch falsch liegen. Vielleicht ist sie es gar nicht. Das versuche ich ja gerade festzustellen. Wenn sie unschuldig ist, wird es ihr gleichgültig sein. Und wenn sie es nicht ist, soll sie sich doch eine Tarngeschichte ausdenken, damit sie sich sicher fühlt. Mir macht das nichts aus. Der Punkt ist, sie wird nicht den Mumm haben,
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