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Kinsey Millhone 03 - Abgrundtief

Kinsey Millhone 03 - Abgrundtief

Titel: Kinsey Millhone 03 - Abgrundtief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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anstellen.«
    »Das könnte sein. Ich weiß es noch nicht.«
    »Aber ist das nicht die Aufgabe der Polizei?«
    »Ich bin sicher, sie erfüllt sie auch. Ich führe eine... Hilfsuntersuchung durch, verstehen Sie, nur für den Fall, daß die Polizei auf der falschen Spur ist.«
    »Nun, ich hoffe, jemand findet es heraus. Armer Junge. Es tut uns allen so leid für Glen. Haben Sie denn Erfolg?«
    »Um die Wahrheit zu sagen, ja. Jemand hat mir die Hälfte der Geschichte erzählt, und ich muß jetzt nur noch den Rest herausfinden.«
    »Das klingt ja, als kämen Sie gut voran.« Sie zögerte gekonnt. »Was für eine Geschichte?«
    Ich vermute, daß sie nicht wirklich danach fragen wollte, doch die Natur dieses Gesprächs diktierte es. Sie gab vor, hilfsbereit zu sein, also mußte sie natürlich Interesse an einem Thema heucheln, das sie wahrscheinlich lieber ignoriert hätte.
    Ich ließ einen Moment vergehen, während ich auf den Tisch starrte. Ich dachte, das verliehe der Lüge, die ich im Begriff war zu erzählen, einen Hauch mehr Glaubwürdigkeit. Mit einem vielsagenden Blick schaute ich sie wieder an. »Bobby hat mir gesagt, daß er in Sie verliebt war.«
    »In mich?«
    »Das hat er gesagt.«
    Die Augen zwinkerten. Das Lächeln tauchte auf und verschwand. »Nun, das erstaunt mich. Ich meine, es ist sehr schmeichelhaft, und ich hielt ihn immer für einen süßen Jungen, aber wirklich!«
    »Ich finde es nicht so erstaunlich.«
    Ihr Lachen drückte eine wunderbare Mischung aus Unschuld und Ungläubigkeit aus. »Ach, um Himmels willen. Ich bin verheiratet. Und ich bin zwölf Jahre älter als er.«
    Mist, sie war schlagfertig — blitzschnell hatte sie Jahre von ihrem Alter abgezogen, ohne einen Moment zu zögern, um sie an den Fingern abzuzählen oder so etwas. Ich bin im Subtrahieren nicht so schnell, also ist es wahrscheinlich besser für mich, keine Lügen über mein Alter zu verbreiten.
    Ich lächelte ein wenig. Sie machte mich langsam wütend, und ich hörte mich mit einer sanften Grabesstimme sagen: »Das Alter spielt keine Rolle. Bobby ist jetzt tot. Er ist älter als Gott. Er ist so alt, wie man nur werden kann.«
    Sie starrte mich an und zog offenbar die Möglichkeit in Betracht, daß ich verrückt sein könnte. »Sie müssen das nicht gleich übelnehmen. Ich kann nichts dazu, wenn Bobby Calla-han sich entschieden hatte, in mich verliebt zu sein. Dann hatte der Junge sich eben in mich verknallt. Was soll’s?«
    »Also hatte der Junge eben ein Verhältnis mit Ihnen, Nola. Das soll’s. Sie steckten bis zum Flals in der Scheiße, und der Junge hat Ihnen herausgeholfen. Der Junge ist wegen Ihnen umgebracht worden, Sie Miststück. So, sollen wir jetzt aufhören, uns gegenseitig vollzuquatschen und zur Sache kommen, oder soll ich Lieutenant Dolan vom Morddezernat anrufen und ihn darum bitten, ein wenig mit Ihnen zu plaudern?«
    »Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen«, schnauzte sie. Als sie aufstand, war ich bereits auf den Beinen und klammerte so schnell eine Hand um ihr zartes Handgelenk, daß sie nach Luft schnappte. Sie zog ein wenig, und ich ließ sie los, doch ich fühlte, wie ich vor Wut anschwoll wie ein Heißluftballon.
    »Ich sag’s Ihnen noch einmal, Nola. Sie haben die Wahl. Entweder erzählen Sie mir, was los war, oder ich werde anfangen, mich auf Sie zu stürzen. Eigentlich könnte ich das ohnehin tun. Ich werde zur Gemeindeverwaltung laufen und sämtliche standesamtlichen Eintragungen und Zeitungsberichte und Polizeiakten durchgehen, bis ich ein paar Hintergrundinformationen über Sie habe. Und dann werde ich herausfinden, was Sie verheimlichen, und dann werde ich einen Weg finden, Ihnen die Sache dermaßen anzuhängen, daß Sie bereuen werden, die ganze Geschichte nicht gleich hier und jetzt ausgespuckt zu haben.«
    In diesem Moment bekam ich den Stoß. Im hinteren Teil meines Hirns hörte ich ein Geräusch, wie wenn ein Fallschirm die Luft auffängt. Peng... er öffnete sich. Das war einer dieser außergewöhnlichen Momente, in denen sich die automatische Erinnerung einschaltet und eine Information herausspringt wie bei der Wertungstafel eines Preisrichters. Es muß am Adrenalin gelegen haben, das durch meinen Kopf gepumpt wurde, denn plötzlich wurden meiner Gedächtnisdatenbank ein paar Einzelheiten entrissen, die in perfekter Klarheit auf meinem geistigen Bildschirm erschienen... nicht alles, aber genug. »Warten Sie einen Moment. Ich weiß, wer Sie sind. Sie waren mit Dwight Costigan verheiratet.

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