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Kinsey Millhone 03 - Abgrundtief

Kinsey Millhone 03 - Abgrundtief

Titel: Kinsey Millhone 03 - Abgrundtief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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waren die Leute, vor denen zu fluchen meine Tante mir verboten hatte, unabhängig davon, wie wir zu Hause redeten. Einige der Begriffe, die sie immer benutzte, hätten vielleicht hier Anwendung finden können, doch ich wagte nicht, sie zu wiederholen. Der gesamte Erziehungsprozeß bedeutete für mich, die richtigen Wörter den Dingen zuzuordnen, die ich bereits kannte.
    Das Studierzimmer der Frakers wies einen unerhörten Mangel an Verstecken auf. Keine Schubladen, keinen Sekretär, keine Sofatischchen mit Schränken darunter. Die beiden Sessel waren aus Chrom mit Lederstreifen. Der gläserne Kaffeetisch hatte schmale Chrombeine und stellte eine Karaffe mit Brandy und zwei Cognacschwenker auf einem Tablett zur Schau. Es gab nicht einmal einen Teppich, unter den man einen Blick hätte werfen können. Meine Güte, was waren das für Menschen? Ich war gezwungen, die Bücherregale abzugehen und zu versuchen, anhand der zur Verfügung stehenden Exemplare ihre Hobbys und Beschäftigungen zu erraten.
    Die Menschen neigten nach wie vor mehr zu gebundenen Büchern, und ich konnte feststellen, daß Nola Interesse an Innenarchitektur, Feinschmeckerküche, Gärtnerei, Handarbeiten und Schönheitstips hatte. Was jedoch meine Aufmerksamkeit erregte, waren zwei Regale voller Bücher über Architektur. Was hatte das zu bedeuten? Sicher waren weder sie noch Dr. Fraker damit beauftragt, in großer Freiheit Gebäude zu entwerfen. Ich nahm eine übergroße Ausgabe mit dem Titel »Richtlinien der Architekturzeichnung« hervor und sah mir die Umschlagseiten an. Das eingeprägte Exlibris zeigte die Lithographie einer sitzenden Katze, die auf einen Fisch im Glas starrt. Darunter stand in maskuliner Handschrift der Name Dwight Costigan. Ein Erinnerungslämpchen leuchtete hinten in meinem Kopf auf. Das war doch der Architekt, der Glens Haus entworfen hatte. Ein geliehenes Buch? Ich sah in schneller Reihenfolge drei weitere Bände durch. Sie alle waren »aus der Bibliothek von« Dwight Costigan. Das war seltsam. Warum befanden sie sich hier?
    Ich hörte Nola in meine Richtung klappern und stellte das Buch an seinen Platz zurück. Dann bewegte ich mich leise ans Fenster und verhielt mich, als hätte ich mir die Zeit mit der Aussicht vertrieben. Sie kam mit einem Lächeln ins Zimmer, das auftauchte und wieder verschwand, als habe es einen Wackelkontakt. »Tut mir leid, daß ich Sie warten lassen mußte. Setzen Sie sich doch.«
    Ich hatte mir noch nicht besonders viele Gedanken darüber gemacht, wie ich nun vorgehen würde. Jedesmal, wenn ich eines dieser Schauspielstückchen vorher probe, bin ich geradezu brillant, und die anderen Personen sagen immer genau das, was ich hören will. In Wirklichkeit macht es dann keiner richtig, mich eingeschlossen, warum sich also im voraus den Kopf zerbrechen?
    Ich setzte mich in einen dieser Chrom-Leder-Sessel und hoffte, ich würde mich nicht in einem der Streifen verfangen. Sie ließ sich auf dem Rand eines zweisitzigen, mit weißem Leinen bezogenen Sofas nieder und legte anmutig eine Hand auf die gläserne Fläche des Kaffeetischchens — eine Haltung, die Gelassenheit demonstriert hätte, wären da nicht die kleinen Schweißperlen an ihren Fingerspitzen gewesen. Mit einem kurzen Blick nahm ich ihr Bild in mir auf. Schlank, langbeinig, perfekte apfelgroße Brüste. Ihre Haare, in einem künstlichen Rotton, rahmten das Gesicht in einem Wirrwarr sanfter Locken. Blaue Augen, makellose Haut. Sie hatte dieses reine, zeitlose Aussehen, das man durch erstklassige kosmetische Chirurgie erhält, und der schwarze Overall, den sie trug, betonte ihren sinnlichen Körper, ohne vulgär oder derb zu erscheinen. Ihre Haltung war ernst und aufrichtig — und sie kam mir aufgesetzt vor.
    »Womit kann ich Ihnen behilflich sein?« fragte sie.
    Im Bruchteil einer Sekunde mußte ich ein Urteil fällen. Könnte Bobby Callahan sich wirklich mit so einer falschen Schlange eingelassen haben? O verdammt, wem wollte ich denn damit was vormachen? Natürlich!
    Ich schenkte ihr ein Fünfzehn-Watt-Lächeln, das Kinn auf die Faust gestützt. »Tja, ich habe da ein kleines Problem, Nola. Darf ich Sie Nola nennen?«
    »Sicher. Glen erwähnte, daß Sie Bobbys Tod untersuchen.«
    »Genau. Eigentlich hat Bobby mich erst vor einer Woche engagiert, und deshalb habe ich das Gefühl, das ich ihm für sein Geld noch etwas schuldig bin.«
    »Ach so. Ich dachte, daß vielleicht etwas daran nicht stimmen könnte und Sie deshalb Untersuchungen

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