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Kinsey Millhone 07 - Hoher Einsatz - G wie Galgenfrist

Kinsey Millhone 07 - Hoher Einsatz - G wie Galgenfrist

Titel: Kinsey Millhone 07 - Hoher Einsatz - G wie Galgenfrist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Grabsteine durch; Form, Gesteins- und Schriftarten waren sehr unterschiedlich, und es fiel mir bei oberflächlicher Betrachtung schwer zu entscheiden, was mir am meisten zusagte. Ich kam zum Büro, stieß die Glastür auf. Niemand am Empfang, der Schreibtisch leer, bis auf einen ordentlichen Stapel Postkarten mit der Ansicht des Krematoriums. Wer würde einem wohl eine solche Karte schreiben? An einem Gerät, das wie ein elektrischer Brieföffner aussah, entdeckte ich ein diskretes Schildchen, auf dem stand: Bitte Knopf drücken, Sie werden sofort bedient. Ich drückte. Wie durch Zauberei tauchte eine Frau auf, die um eine Ecke herumkam. Mit der Friedhofsethik nicht vertraut, griff ich zu einer Lüge. »Hallo. Ob Sie mir wohl helfen können?«
    Ihrem Gesichtsausdruck nach zu schließen, fragte sie sich dasselbe. Sie war in den Vierzigern und trug korrekte Bürokleidung: ein graues Wollkleid mit weißem Krägelchen. Ich war wie üblich in Jeans und Tennisschuhen. »Ich hoffe es sehr«, sagte sie. Sie hielt mit ihrem Urteil zurück, für den Fall, dass ich reich wäre und gleich für eine ganze Reihe dahingeschiedener Lieben luxuriöse Beerdigungen bestellen sollte.
    »Ich glaube, meine Tante liegt hier begraben, und ich brauche das exakte Todesdatum. Meine Mutter ist in einem Pflegeheim und sorgt sich schrecklich, weil sie sich nicht daran erinnern kann. Gibt es eine Möglichkeit, das nachzuprüfen?«
    »Wenn Sie mir den Namen nennen?«
    »Der Familienname ist Bronfen. Vorname Anne.«
    »Einen Augenblick.« Sie verschwand. Ich konnte mir nur schwer vorstellen, wie sie das nachprüfen wollte. Platten sie vielleicht alle Daten irgendwo in einem Computer gespeichert? Oder gab es hinten ein altes Archiv? Wenn Datum und Sterbeort nicht mit Bronfens Story übereinstimmten, musste ich ein bisschen nachgraben und versuchen, den Totenschein aufzutreiben. Vielleicht bedeutete das ein paar Telefonate nach Tuscon, Arizona, aber ich würde mich wohler fühlen, wenn ich wusste, was aus Anne geworden war.
    Die Angestellte kam schon nach erstaunlich kurzer Zeit zurück und reichte mir eine weiße Karteikarte. Es war alles richtig. Ich prägte mir die Einzelheiten ganz schnell ein. Familienname: Chapman. Mädchenname: Bronfen, Anne. Alter: vierzig. Geburtsdatum: 5. Januar 1900. Geschlecht: weiblich. Farbe: weiß. Geburtsort: Santa Teresa, Kalifornien. Verstorben in: Tuscon, Arizona.
    Aha! Todestag: 8. Januar 1940. Das war interessant.
    Beigesetzt am: 12. Januar 1940. Die Spalte für die Eintragung des Friedhofsdirektors war leer, aber die Nummer der Gräberreihe und die der Grabstelle waren vorhanden.
    »Was ist das?«, fragte ich, hielt ihr die Karte hin und zeigte auf die unterste Linie, auf der handschriftlich mit schwarzer Tinte das Wort Kenotaph stand.
    »Das ist ein Gedenkstein für jemanden, der nicht in diesem Grab liegt.«
    »Sie liegt nicht dort? Wo ist sie?«
    Die Frau nahm die Karte. »Hier steht, dass sie in Tuscon, Arizona, starb. Wahrscheinlich wurde sie dort auch beigesetzt.«
    »Das versteh ich nicht. Wo liegt da der Sinn?«
    »Die Bronfens wollten vermutlich, dass im Familiengrab etwas an sie erinnerte. Manchmal ist es ein großer Trost für die Menschen, wenn sie das Gefühl haben, dass alle zusammen sind.«
    »Aber woher wissen Sie dann, dass die Frau wirklich tot ist?«
    Sie starrte mich an. »Ist sie nicht tot?«
    »Ja. Verlangen Sie denn keinen Beweis? Kann ich einfach hier reinkommen, eine solche Karte ausfüllen und jemandem einen Grabstein kaufen?«
    »Ganz so einfach ist es nicht«, sagte sie. »Aber im Grunde...«
    Sie hatte sich in eine weitschweifige Erklärung gestürzt, aber ich ging schon wieder.
    Von prickelnder Spannung belebt, fuhr ich noch einmal zur Pension des alten Bronfen. Eigentlich hatte ich mich ja nur selbst überzeugen wollen, dass Bronfens Geschichte stimmte, und nun hatte sich eine ganz andere Möglichkeit aufgetan. Vielleicht waren Agnes Grey und Anne Bronfen doch ein und dieselbe. Als ich in die Concorde Street einbog, reckte ich arrogant die Nase in die Richtung, in der ich Dietz vermutete.
    Ich parkte den Porsche am Straßenrand und stieg aus. Diesmal bewegte sich im ersten Stock ausnahmsweise kein Vorhang, als ich durch die Gartenpforte ging. Ich stieg die Verandastufen hinauf und klingelte. Ich wartete. Mehrere Minuten vergingen. Ich trat seitlich ans Geländer und spähte ums Haus herum nach hinten. Am Ende der Zufahrt sah ich eine Einzelgarage, daneben einen Lattenverschlag und

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