Kinsey Millhone 07 - Hoher Einsatz - G wie Galgenfrist
Form und Farbe, die darauf schließen ließen, dass sie ziemlich neu waren.
Dietz bog in die Kurzparkzone vor dem Büro ein, ließ den Motor laufen und ging hinein. Ich saß da und starrte den Zündschlüssel an. Wollte Dietz meinen Charakter testen, der sehr fragwürdig ist, wie jedermann weiß? Forderte Dietz mich heraus, den Porsche zu stehlen? Ich wollte das genaue Datum von Anne Bronfens Todestag wissen, und es juckte mich, es nachzuprüfen. Ich brauchte einen Wagen. Hier hatte ich einen. Daher...
Gerade noch rechtzeitig schaute ich zur Bürotür hinüber und sah Dietz herauskommen. Er stieg ein, knallte die Tür zu und setzte mit dem Wagen zurück. »Nummer sechzehn, nach hinten hinaus«, sagte er. Als er in den ersten Gang schaltete, lächelte er mich schief an. »Ich bin überrascht, dass du nicht abgehauen bist. Ich habe den Schlüssel eigens stecken lassen.«
Ich sagte nichts dazu. Die schlagfertigen Antworten fallen mir immer erst ein, wenn es schon zu spät ist, um Punkte zu sammeln.
Wir parkten auf dem Stellplatz von Nummer achtzehn, dem einzigen, der frei war. Dietz klopfte. Automatisch tastete ich nach der Pistole in meiner Handtasche und fühlte mich viel sicherer, als ich ihr Gewicht spürte. Die Tür ging auf. Er verstellte mir die Sicht auf Rochelle, und ich hatte zu viel Stil, um in die Höhe zu hüpfen, damit ich einen ersten Blick auf sie werfen konnte.
»Rochelle? Ich bin Robert Dietz. Kinsey Millhone.«
»Hallo. Kommen Sie rein.«
»Danke, dass Sie so schnell hier waren«, sagte Dietz. Als ich Rochelle Messinger jetzt vor mir sah, stutzte ich. Was ich erwartet hatte, weiß ich nicht, gebe aber zu, dass ich in Klischees denke, wie jeder andere auch. Unter Damen, die in Massagesalons arbeiten, stelle ich mir üppige, ein bisschen liederliche Frauen vor, Frauen von der billigen Sorte, wenn ich ehrlich bin. Wäre sie tätowiert gewesen, hätte ich mich nicht gewundert — großer Hintern in Jeans, Absätze so spitz wie Dolche, ungepflegtes dunkles Haar mit einem Gummiband hochgebunden.
Rochelle Messinger war so groß wie ich, sehr schlank, hatte windzerzaustes blondes Haar, eine lässig aufgebauschte Mähne, die wahrscheinlich alle vier Wochen geschnitten und gestylt werden musste, was dann die Kleinigkeit von hundertfünfundzwanzig Dollar kostete. Ihr Gesicht war ein perfektes Oval, wie auf einem Renaissancegemälde. Sie hatte einen makellosen Teint — sehr blasse, sehr feine Haut — , helle haselnussfarbene Augen, lange Finger mit einer Unmenge von Silberringen, die ziemlich teuer aussahen. Sie trug eine eisblaue Seidenbluse, einen passenden Seidenblazer und hellblaue Slacks, die ihre winzige Taille und die schmalen Hüften betonten. Sie duftete nach einer zarten Mischung aus Jasmin und Maiglöckchen. In ihrer Gegenwart kam ich mir so zierlich und weiblich vor wie ein Rinderviertel. Als ich den Mund aufmachte, fürchtete ich, ich würde blöken.
»Du meine Güte!«, platzte ich stattdessen heraus. »Wie sind Sie nur an einen Dreckskerl wie Messinger geraten?«
Sie reagierte nicht, aber Dietz drehte sich um und warf mir einen bösen Blick zu.
»Also, es interessiert mich wirklich!«, sagte ich aufmüpfig.
»Schon gut«, mischte sie sich ein. »Ich verstehe ja Ihre Neugier. Ich habe ihn auf einer Party in Palm Springs kennen gelernt. Damals war er Leibwächter bei einem berühmten Schauspieler, und ich dachte, er hätte Klasse. Ich habe mich geirrt, aber als ich es merkte, hatten wir schon ein Wochenende zusammen verbracht, und ich war schwanger...«
»Eric«, sagte ich.
Sie nickte kaum merklich. »Das ist jetzt sechs Jahre her. Man hatte mir gesagt, ich könne keine Kinder kriegen, daher war es ein Wunder für mich. Mark bestand auf Heirat, aber ich weigerte mich, meinen Irrtum auch noch legalisieren zu lassen. Als Eric geboren wurde, wollte ich nicht einmal, dass er das Kind sah. Ich wusste ja inzwischen, was für ein Ganove er war. Er nahm sich einen mächtigen, einflussreichen Anwalt und zerrte mich vor Gericht. Der Richter gewährte ihm das Verkehrsrecht, wie es so schön heißt. Danach war es einfach nur eine Frage der Zeit. Ich wusste, er würde versuchen, mir Eric wegzunehmen, aber ich konnte nichts dagegen tun.«
Bisher hatte sie es geschafft, mehr unerklärt zu lassen als klarzustellen, aber ich fand, es sei höchste Zeit, mich zurückzuhalten und Dietz zu Wort kommen zu lassen. Nach einer unausgesprochenen Übereinkunft war dies hier ebenso seine Sache wie das
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