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Kinsey Millhone 07 - Hoher Einsatz - G wie Galgenfrist

Kinsey Millhone 07 - Hoher Einsatz - G wie Galgenfrist

Titel: Kinsey Millhone 07 - Hoher Einsatz - G wie Galgenfrist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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schwor, dass ich sie eines Tages verlassen würde, und genau das habe ich getan.«
    Ich sah ihn eine Weile abwartend an, doch er sagte nichts mehr. Bald darauf erreichten wir die Außenbezirke von Santa Teresa, und in mir stieg eine geradezu lächerliche Freude auf bei dem Gedanken, bald wieder daheim zu sein.

10

    Zwei Häuser vor meinem Domizil fanden wir einen Parkplatz für den Porsche und räumten den Kofferraum aus. Als wir ums Haus herum nach hinten kamen, war Henry schon aus seiner Hintertür geschlüpft, um mich willkommen zu heißen. Er blieb wie angewurzelt stehen, und sein Lächeln wurde unsicher, als er zuerst mich und dann Dietz ansah. Ich stellte die beiden einander vor, und sie schüttelten sich die Hand. Ein bisschen zu spät fiel mir ein, wie mein zerschundenes Gesicht auf Henry wirken musste.
    »Ich war in einen Unfall verwickelt«, sagte ich. »Irgendein Kerl hat mich von der Straße abgedrängt. Ich musste den Wagen in Brawley lassen, und Dietz hat mich hergefahren.«
    Henry war sichtlich bestürzt, vor allem, weil er nur die halbe Geschichte kannte. »Wer war der Kerl? Ich verstehe das nicht. Hast du denn dort unten keine Anzeige erstattet?«
    Ich zögerte, weil ich nicht wusste, wie weit ich jetzt schon ins Detail gehen sollte. Dietz nahm mir die Entscheidung ab. »Gehen wir rein, dann erzählen wir Ihnen alles.« Er schien sich, hier im Freien und für jeden deutlich sichtbar, sehr unbehaglich zu fühlen.
    Ich schloss auf und betrat mit Henry im Gefolge und Dietz als Nachhut das Apartment; Dietz trieb uns vor sich her wie ein Schäferhund seine Herde.
    »Entschuldige mich bitte einen Augenblick, ich möchte gern die Sachen wegräumen«, sagte ich zu Henry; und dann zu Dietz: »Henry hat die Wohnung entworfen. Sie ist erst vor zwei Tagen fertig geworden. Ich habe bisher nur ein einziges Mal hier geschlafen.«
    Ich setzte meine Tasche ab und öffnete ein Fenster, um frische Luft hereinzulassen. In der Wohnung roch es noch immer nach Sägespänen und neuem Teppichboden. Man kam sich vor wie in einem Penthaus für Barbiepuppen: maßstabgerechte Möbel, Einbauschränke, Wendeltreppe zum Obergeschoss, das von unten einzusehen war.
    »Ich habe deine Post mitgebracht«, sagte Henry, ohne meinen Gast aus den Augen zu lassen. Erstaunt über die Freiheiten, die Dietz sich herausnahm, ließ er sich auf der Couch nieder. Der Gegensatz zwischen den beiden Männern war interessant. Henry war groß und schlank, und die blauen Augen im schmalen gebräunten Gesicht gaben ihm das Aussehen eines Asketen — dieser Welt entrückt, alt und weise. Dietz war kompakt, muskulöser, ein Bulle von einem Mann mit einer gewaltigen Brust und ziemlich unverfrorenem Benehmen, das Gesicht vom Leben gezeichnet, als seien ihm seit seiner Geburt zahlreiche Lektionen hineingemeißelt worden. Henry strahlte Ruhe aus, Dietz hingegen war rastlos und voller Energie.
    Wortlos lief Dietz durch die Wohnung, überprüfte automatisch die Sicherungen, sofern es welche gab. Ich hatte Riegel an den Fenstern, aber sonst nicht viel. Er ließ die Jalousien herunter, schaute in Schränke, warf einen Blick in das untere Bad. Dabei schnippte er mit den Fingern gegen seine Handteller, eine Geste, die auf innere Erregung schließen ließ. Er benahm sich sehr autoritär, und Henry warf mir einen Blick zu, fragte sich, wie ich es aufnahm. Ich machte ein Gesicht, das ihm sagte: Ich bin auch nicht schlauer als du, Freund. Natürlich gefiel es mir nicht, dass jemand so über mich und meine Habe verfügte, aber ich war auch nicht so dämlich, dagegen zu protestieren, denn schließlich ging’s um mein Leben.
    Ich begann mich mit meiner Post zu beschäftigen. Das meiste schien in den Papierkorb zu gehören, doch bevor ich die Briefe richtig sortieren konnte, nahm Dietz sie mir aus der Hand und legte sie auf den Tisch.
    »Lassen Sie das, bis ich mir alles angesehen habe«, sagte er.
    Henry hielt es nicht mehr aus. »Was geht hier vor? Ich verstehe nicht, was hier los ist.«
    »Man hat jemanden auf sie angesetzt, der sie umbringen soll«, sagte Dietz ohne Umschweife. Ich glaube, ich wäre nicht so schonungslos gewesen, aber Henry fiel nicht in Ohnmacht. Offenbar verliert er also doch nicht so leicht die Fassung, wie ich annahm. Dietz erklärte ihm die Situation und setzte ihm auseinander, wie das Büro des Staatsanwalts in Carson City von Tyrone Pattys Mordplänen erfahren hatte. »Die Polizei von Carson City tut, was sie kann, um die Sache dort oben unter

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