Kinsey Millhone 07 - Hoher Einsatz - G wie Galgenfrist
Schwierigkeiten, und wir hauen ab.«
»In Ordnung.« Es war erstaunlich, was sein ständiges »Wir« meinem Kopf antat. Ich war nicht gerade bekannt dafür, dass ich mir von Männern sagen ließ, was ich tun sollte. Hoffentlich gewöhnte ich mich nicht daran.
Wieder kam er auf die Beifahrerseite, öffnete die Tür und ließ, während ich ausstieg, die Blicke schweifen. Er nahm meinen Ellenbogen und ging rasch mit mir über den Parkplatz zur Hintertreppe. Am liebsten hätte ich gelacht. Es war, als würde ich von Vater oder Mutter mit Nachdruck in mein Zimmer verfrachtet. Er betrat das Gebäude als erster. Der Flur in der zweiten Etage lag verlassen da. Die Büros der California Fidelity waren noch geschlossen. Ich sperrte meine Bürotür auf. Dietz trat vor mir ein, sah sich schnell um und überzeugte sich, dass hinter den Möbeln keine Ganoven lauerten.
Er hob die Post auf, die unter dem Briefschlitz auf dem Boden lag, und sortierte sie rasch. »Ich sage Ihnen jetzt, wonach wir suchen — für den Fall, dass ich einmal nicht hier bin. Nach einem unbekannten Absender oder einer handschriftlichen Adresse. Nach allem, das den Vermerk >Persönlich< trägt, Nachgebühr kostet, weil es zu schwer ist, Ölflecke hat...«
»Oder nach einem sperrigen Paket, aus dem eine Zündschnur heraushängt«, sagte ich.
Mit ausdrucksloser Miene reichte er mir den Briefstapel. Es ist schwer, sich für jemanden zu erwärmen, der einen so ansieht. Offenbar fand ich mich selbst witziger als er. Ich nahm die Briefe und sah sie durch, wie er es getan hatte. Das meiste war jetzt schon Altpapier, aber ich hatte auch ein paar Schecks bekommen — alle von Absendern, die ich auf den ersten Blick identifizieren konnte. Gemeinsam hörten wir den Anrufbeantworter ab; es waren nicht viele Anrufe eingegangen. Keiner klang drohend. Dietz wollte sich mit dem Gebäude und der näheren Umgebung vertraut machen. Während ich eine Kanne Kaffee kochte, brach er zu einem Rundgang auf.
Ich öffnete die Balkontür und blieb stehen, hatte plötzlich Angst, ins Freie zu gehen. Ich konnte die Decks des Parkhauses gegenüber einsehen, und mir kam der Gedanke, dass jeder in die zweite Etage herauffahren, parken und mir eins vor den Latz knallen konnte. Dazu brauchte er vermutlich nicht einmal ein Hochleistungsgewehr. Fast konnte man mir von dort drüben einen Stein an den Schädel schmeißen. Ich trat von der Tür zurück und brachte mich in meinem schattigen Büro in Sicherheit. Wie verhasst mir das alles war!
Fünf Minuten nach neun rief ich meine Versicherungsagentin an und meldete ihr den Unfall. Sie sagte, der VW stehe wegen seines ehrwürdigen Alters auf keiner Liste mehr. Es sah so aus, als müsste ich froh sein, zweihundert Dollar für ihn zu kassieren; es habe also keinen Sinn, ihn nach Santa Teresa bringen zu lassen. Einen Sachverständigen in Brawley zu suchen, der den Wert des VW schätzen sollte, lohne sich auch nicht mehr. Sie sagte, sie werde die Angelegenheit prüfen und sich mit mir in Verbindung setzen. Das Gespräch war nicht dazu angetan, meine Stimmung zu verbessern. Ich habe zwar ein Sparkonto, doch der Kauf eines Wagens würde ein großes Loch in meine Rücklagen reißen.
Dietz kam noch rechtzeitig genug zurück, um mit Vera zusammenzutreffen, die auf dem Weg in ihr Büro nebenan hereingeschaut hatte, um mir guten Tag zu sagen.
»Mein Gott, was ist denn mit dir passiert?«, fragte sie, als sie mein Gesicht sah.
»Mein Auto ist unten in Brawley in einem Abwasserkanal gelandet«, sagte ich. »Das ist Robert Dietz. Er war so nett, mich zurückzufahren. Vera Lipton aus dem Nachbarbüro.«
Sie gaben sich kurz die Hand. Vera trug einen Minirock aus schwarzem Leder, der so eng saß wie die Polsterüberzüge eines Autos, und als sie sich in einem meiner Klientensessel niederließ, knarrte das Leder. Dietz kam herüber und lehnte sich mit der Hüfte an die Schreibtischkante. Es war amüsant zu beobachten, wie die beiden sich gegenseitig abschätzten. Dietz sah in der ahnungslosen Vera eine potenzielle Mörderin, während sie ihn, wie ich vermutete, auf seine Tauglichkeit für ein kleines Abenteuer im Heu taxierte — ob in meinem oder in ihrem konnte ich allerdings nicht sagen. Ihrer Miene nach zu schließen, nahm sie an, dass er mich als Anhalterin auf der Straße aufgelesen hatte, und da sie mich für hoffnungslos konservativ hält, dachte ich, dass mich das in ihren Augen vielleicht aufwerten würde. Ich bemühte mich, wie eine Frau
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