Kinsey Millhone 07 - Hoher Einsatz - G wie Galgenfrist
dann zurück. Er hatte leuchtende blaue Augen, die häufig Blickkontakt suchten. »Mr. Dietz, ich muss Sie daran erinnern, dass wir nicht darauf eingerichtet sind, komplizierte Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz von Privatpersonen zu treffen. Wir arbeiten von Fall zu Fall mit dem Secret Service zusammen, doch das Hotel kann keinerlei Verantwortung übernehmen, falls es zu einem unglücklichen Zwischenfall kommen sollte. Wir sind an erster Stelle hier, um die Sicherheit unserer Hausgäste zu gewährleisten. Wenn ich ausreichend Informationen erhalte, werden wir gern tun, was wir können, doch viel mehr kann ich nicht versprechen.«
Dietz lächelte. »Das verstehe ich«, sagte er freundlich. »Es ist eine reine Vorsichtsmaßnahme von uns. Wir erwarten keine Probleme, aber es ist immer nützlich, sich ein wenig Rückhalt zu verschaffen, damit alles glatt geht.«
»Selbstverständlich«, sagte Abbott.
Dietz zeigte vorbildliches Benehmen, gab sich verbindlich, entspannt. Er musste die Hilfe dieses Mannes wirklich dringend brauchen.
Abbotts Miene verriet, dass er verwirrt war. Er sah aus wie ein Mann, der eine Zigarettenspitze und ein kleines goldenes Dunhill-Feuerzug benutzt. »Was kann ich sonst noch für Sie tun? Ich könnte Ihnen ein paar meiner Sicherheitsleute zur Verfügung stellen.«
»Ich glaube nicht, dass das nötig sein wird, aber dennoch besten Dank. Vera Lipton, eine Angestellte der California Fidelity, hat sich für heute Nacht hier ein Zimmer genommen. Ich wüsste gern ihre Zimmernummer und die Namen der Gäste, die in den benachbarten Räumen wohnen. Können Sie mir diese Informationen beschaffen?«
Abbott dachte über die Bitte nach. Unter dem glatten, liebenswürdigen Äußeren verbargen sich Eis und Feuerstein. »Nichts spricht dagegen«, sagte er, entschuldigte sich und ging zum Empfang. Nach einer kurzen Unterhaltung mit dem Angestellten kritzelte er etwas in ein ledergebundenes Notizbüchlein, das er aus der rechten Tasche genommen hatte. Er kam zurück und riss ein Blatt aus dem Notizbuch, das er an Dietz weitergab.
»Kennen Sie diese Ehepaare?«, fragte Dietz.
»Ich kenne beide. Die Clarks sind Stammgäste. Mr. und Mrs. Thiederman sind zufällig mein Onkel und meine Tante.«
Dietz steckte den Zettel ein und schüttelte Abbott die Hand. »Vielen Dank für Ihre Unterstützung, wir wissen sie zu schätzen.«
»Ich freue mich, wenn ich Ihnen behilflich sein konnte«, sagte Abbott.
Wir gingen einen mit Teppich belegten Flur entlang, der von der Halle nach rechts abzweigte. Dietz behielt den Flur hinter uns ständig im Auge, die Hand wie immer unter meinem Ellenbogen, um mich leichter steuern zu können, wenn sich etwas Unvorhergesehenes ereignete.
Veras Zimmer lag im selben Flügel wie der Bankettsaal. »Haben Sie das gemanagt?«, fragte ich Dietz, als ich sah, wie nah die Räume beieinander waren.
»Ich wollte nicht, dass Sie hin und zurück durch das ganze Hotel laufen müssen.« Er klopfte einmal. Nichts. Ich vermutete, dass Vera durch den kleinen Spion in der Tür guckte. Ein Riegel wurde zurückgeschoben, und da war sie, musterte uns über die Sicherheitskette hinweg mit zusammengekniffenen Augen. Sie trug einen grünen Kimono, der vorn weit klaffte und einen tiefen Einblick gewährte. Sie schaute nach unten und raffte mit einer Hand den Kragen zusammen. »Ich habe die Kette drangelassen«, sagte sie. »Klug von mir, nicht wahr?«
»Sie sind ein Goldstück, Vera«, sagte Dietz. »Lassen Sie uns jetzt rein.«
Sie legte den Kopf schief und linste auf den Flur hinaus.
»Woher soll ich wissen, ob nicht jemand mit gezogener Waffe hinter Ihnen steht?«
Dietz lachte. Ich sah ihn fragend an. Bisher hatte ich ihn nur einmal lachen gehört. »Gutes Argument«, sagte er.
Ich fand das Argument zwar nicht so besonders, aber mich fragte ja keiner.
Vera machte die Tür zu, damit sie die Sicherheitskette aushaken und uns hineinlassen konnte. Das Zimmer war sehr geräumig. Riesenbett, riesiger antiker Wohnzimmerschrank mit integriertem riesigem Fernseher. Die vorherrschende Farbe war hellgelb: dicker hellgelber Teppich, Tapete mit zartem, weißem japanischen Irismuster. Das Tapetenmuster wiederholte sich in der glänzenden Baumwolltagesdecke und den glänzenden Baumwollübergardinen, die an Messingstangen hingen. Die Jalousien waren heruntergelassen, das Licht draußen zeigte an, dass das Zimmer gegenüber der Hotelzufahrt lag. Die beiden Polstersessel waren hellgrün mit einem diagonalen weißen
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