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Kinsey Millhone 07 - Hoher Einsatz - G wie Galgenfrist

Kinsey Millhone 07 - Hoher Einsatz - G wie Galgenfrist

Titel: Kinsey Millhone 07 - Hoher Einsatz - G wie Galgenfrist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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sah, dass er »was?«, sagte, wartete jedoch die nächste Textzeile nicht ab.
    Ich packte meine Handtasche, sprang auf und stieß dabei fast meinen Stuhl um. Dietz fuhr herum, sah mich an und merkte, wohin mein erschrockener Blick sich richtete. Als er jedoch die Tür ins Auge fasste, war niemand mehr da. Ich lief um Neils Stuhl herum in Richtung Flur. Dietz zerrte ich am Arm mit. »Es war das Kind!«, stieß ich hervor. Er riss die Pistole heraus und bugsierte mich im Laufen hinter sich. Mac, dem der Aufruhr natürlich nicht entgehen konnte, verstummte mitten im Satz und sah uns erstaunt nach. Auch die anderen drehten sich um und wollten sehen, was los war. Eine Frau schrie erschrocken auf, als sie Dietz’ .45er sah, doch er war schon an ihr vorbei und presste sich neben der Tür flach an die Wand. Vorsichtig schob er den Kopf hinaus, spähte nach rechts, warf einen Blick nach links und zog sich wieder zurück. »Kommen Sie«, sagte er.
    Ohne meinen Arm loszulassen, hastete er mit mir den linken Flur entlang. Unsere Schritte polterten dumpf über den Fliesenboden. Ich erwartete halb und halb, dass er mich in Veras Zimmer abschieben würde, während er sich umsah, doch stattdessen steuerte er den Ausgang am Ende des Flurs an. An der Tür blieben wir wieder abrupt stehen, und ich wartete, während er sich überzeugte, dass niemand draußen war. Nach der Wärme des Speisesaals traf uns die Nachtluft wie ein eiskalter Wasserguss. Wir mieden die Helligkeit und drückten uns, als wir ums Hauseck herumkamen, an den Sträuchern entlang zum Parkplatz.
    »Sind Sie sicher, dass er es war?«, fragte er leise.
    »Selbstverständlich bin ich sicher.«
    Wir waren auf einem schlecht beleuchteten Gehweg, der an einem der Innenhöfe vorbeiführte. Grillen zirpten, und ich roch den leicht modrigen Duft der Ringelblumen. Vor uns hörten wir Stimmen. Dietz wich in den Schutz einiger Hibiskussträucher am Haus zurück und zog mich mit. Ich hatte die rechte Hand in die Außentasche meiner Umhängetasche geschoben und hielt mich krampfhaft an der Davis fest. Dietz’ Finger bohrten sich schmerzhaft in meinen rechten Oberarm, doch das war das einzige Anzeichen dafür, wie groß seine Anspannung war. Zwei Brautjungfern des Hochzeitspaares, das wir vorhin gesehen hatten, kamen vorbei. Ich hörte ihre langen Taftröcke rascheln.
    »Der Typ hat uns gerade noch gefehlt«, sagte die eine.
    »Ach, lass doch. Er spinnt«, sagte die andere, dann betraten sie den Bogengang zu unserer Linken, und ihre Stimmen wurden leiser.
    Wir verließen unser Versteck, wobei ich mich dicht an Dietz’ Seite hielt. »Wir müssen uns auf dem Parkplatz Umsehen«, sagte er leise. »Ich möchte mich überzeugen, dass der Kerl uns nicht dort auflauert.«
    Vor dem Hoteleingang standen mehrere Gäste und warteten auf ihre Wagen, die von drei Hotelpagen in weißen Jacken vorgefahren wurden. Der vordere Teil des Parkplatzes war von hellem Licht überflutet. Die Fenster des Flügels links von uns glichen hohen gelben Rechtecken und warfen sanfte Helligkeit auf den Rasen. Bananenpalmen unterbrachen das Licht in unregelmäßigen Abständen mit ihren Schatten. Rechts, im Dunkeln, wurde ein großer Paradiesvogelschwarm von blauen und grünen Außenscheinwerfern angestrahlt, so dass die Vögel aussahen wie eine Hühnerschar, die angestrengt in eine erreichbare Ferne blickte. Ein Wagen bog aus der Zufahrt nach rechts auf die Straße ein, und die Scheinwerfer huschten über die senkrechten Stützpfeiler des Dammes. Malerisch vom Mondlicht erhellt, brachte sich der Ozean dahinter tosend in Erinnerung. Das Heck von Dietz’ rotem Porsche war deutlich zu sehen; der Wagen parkte direkt neben der Hecke, die die kreisförmige Zufahrt säumte.
    Wortlos gab Dietz mir zu verstehen, dass er sein Nachtglas brauche, und ich kramte es aus meiner Handtasche heraus. Er hob das Glas an die Augen und suchte den Hotelpark ab.
    »Hier, sehen Sie selbst«, sagte er dann und reichte mir das Glas. Ich schaute durch und erschrak, als plötzlich ganz nah und scharf eine unheimlich grüne Landschaft vor mir auftauchte. Wo das Schwarz dicht und undurchdringlich gewesen war, hing jetzt ein zarter grüner Dunstschleier, die Umrisse der Objekte waren deutlich zu sehen. Das Kind kauerte neben einer Palme in einem Dickicht aus Farnen. Der Kleine hockte auf den Fersen, die Arme um die knochigen Knie geschlungen, die nackt waren, weil er Shorts trug. Während ich ihn beobachtete, hob er den Kopf und spähte zum

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