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Kinsey Millhone 10 - Stille Wasser

Kinsey Millhone 10 - Stille Wasser

Titel: Kinsey Millhone 10 - Stille Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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etwas, das mit ihren Aktivitäten an diesem Tag zu tun hatte. Entweder hatte sie ein tostado gegessen, oder ihr kleiner Sohn Eduardo hatte seine Flasche in der Toilette hinuntergespült, und sie hatte den Klempner holen müssen.
    Als ich nach dem Kurs nach Hause kam, sah ich das rote Licht meines Anrufbeantworters blinken. Ich drückte auf den Knopf und hörte das Gerät ab, während ich in meinem kleinen Wohnzimmer umherging und die Lichter anknipste.
    »Hallo, Kinsey. Lieutenant Whiteside hier von der Polizei Santa Teresa. Ich habe heute nachmittag von unseren Freunden bei der Paßbehörde Los Angeles ein Fax bekommen. Über einen Dean DeWitt Huff haben sie nichts, aber für Renata Huff haben sie mir die folgende Adresse in Perdido mitgeteilt.« Ich schnappte mir einen Stift und kritzelte seine Angaben auf eine Papierserviette. »Wenn ich mich nicht irre, ist das drüben in den Perdido Keys. Lassen Sie mich wissen, was Sie herausbekommen haben. Morgen habe ich frei, aber am Donnerstag bin ich wieder hier.«
    »Okay«, sagte ich und schüttelte mit erhobenen Armen beide Fäuste. Ich führte ein kleines Tänzchen, komplett mit Hinterngewackel, auf, um dem Universum für kleine Gefälligkeiten zu danken. Anstatt wie geplant zu Rosie’s zum Essen zu gehen, machte ich mir ein Brot, wickelte es in Wachspapier und verpackte es in einem Plastikbeutel, wie meine Tante es mich gelehrt hatte. Meine zweite haushaltliche Fertigkeit neben dem Konservieren frischer Sandwiches ist — dank ihren schrulligen Vorstellungen — das Verpacken von Geschenken jeglicher Größe und Form ohne Zuhilfenahme von Tesafilm. Dies betrachtete sie als wichtige Vorbereitung auf das Leben.
    Es war zehn vor acht und noch hell, als ich wieder auf den 101 fuhr. Auf der Fahrt verspeiste ich mein Picknick, indem ich mit einer Hand lenkte, in der anderen das belegte Brot hielt und dabei vergnügt vor mich hin summte. Mein Autoradio hüllte sich seit Tagen in ominöses Schweigen, und ich vermutete, daß irgendeine wesentliche Röhre tief in seinem Inneren ihren Geist aufgegeben hatte. Ich schaltete es trotzdem versuchshalber mal ein. Er konnte ja sein, daß es während meiner Abwesenheit einen Selbstheilungsprozeß durchgemacht hatte. Aber solches Glück hatte ich nicht. Ich knipste es also wieder aus und unterhielt mich dafür mit Erinnerungen an die Jahresfeier der Gemeinde Perdido/Olvidado, die jedesmal aus einem lahmen Festzug, der Errichtung unzähliger Freßbuden und der Menge der Einheimischen bestand, die gelangweilt herumliefen und sich ihre P/O-T-Shirts mit Senf und Ketchup vollkleckerten.
    Pater Junipero Serra, der erste Präsident der Alta-California-Missionen, errichtete an dem sechshundertfünfzig Meilen langen Küstenstreifen zwischen San Diego und Sonoma neun Missionen. Pater Fermin Lasuen, der 1785, im Jahr nach Serras Tod, die Führerschaft übernahm, gründete neun weitere Missionen. Es folgten noch andere, weniger brillante Missionsleiter, zahllose Brüder und Pater, deren Namen aus dem öffentlichen Gedächtnis verschwunden sind. Einer von diesen, Pater Prospero Olivarez, bat zu Beginn des Jahres 1781 darum, am Santa-Clara-Fluß zwei kleinere Missionen errichten zu dürfen. Der Pater behauptete, zwei benachbarte presidios oder Forts würden nicht nur der Mission, die in Santa Teresa erbaut werden sollte, als Schutz dienen, sondern könnten zugleich die Bekehrung, Beherbergung und Ausbildung kalifornischer Indianer unternehmen, die dann als gelernte Arbeiter bei den geplanten Bauunternehmen eingesetzt werden könnten. Pater Junipero Serra war sehr angetan von dieser Idee und gab voll Enthusiasmus seine Zustimmung. Pläne wurden angefertigt, und der Platz, an dem die Missionen einmal stehen sollten, wurde feierlich eingeweiht. Doch infolge unerklärlicher Verzögerungen wurde der Beginn der Bauarbeiten immer wieder aufgeschoben, bis Pater Serra schließlich starb, worauf das Projekt abserviert wurde. Pater Olivarez’ Zwillingskirchen wurden nie erbaut. Einige Historiker haben Olivarez als weltlich und ehrgeizig dargestellt und die Meinung vertreten, daß man ihm die Unterstützung für sein Projekt entzogen hatte, um seinen weltlichen Bestrebungen einen Dämpfer aufzusetzen. Kirchendokumente, die seither ans Licht gekommen sind, legen eine andere Möglichkeit nahe: daß nämlich Pater Lasuen, der sich für die Errichtung von Missionen in Soledad, San José, San Juan Bautista und San Miguel einsetzte, in Olivarez eine Bedrohung seiner

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